Hallo Mumken, Hallo Eurelios,
Du setzt bei Deinen Ausführungen wirtschaftswissenschaftliche Kenntnisse voraus, welche in der gewünschten Form, zumindest bei mir, so nicht vorhanden sind.
Meine Ausführungen (
Fragen und Antworten) sind für solche Leute gedacht, bei denen ich keine mathematischen und wirtschaftswissenschaftlichen Vorkenntnisse voraussetze. Da ich aber im Voraus nicht wissen kann, welche Verständnisfragen beim Lesen dieses Textes auftreten, lasse ich die LeserInnen erst einmal über ihre konkreten Schwierigkeiten berichten und versuche dann im zweiten Schritt diese aus dem Weg zu räumen. Ob mir diese Strategie „des Vermittelns im Dialog“ gelingt, das wird sich erst am Ende unserer Diskussionen zeigen.
Mikro- und Makroökonomie sind Teilgebiete der Volkswirtschaftslehre. Die Mikroökonomie beschäftigt sich dabei mit dem Verhalten einzelner Teilnehmer, wie Unternehmer und Haushalt, am Marktgeschehen. Mein Beispiel mit der Abschreibung „Das Fertigprodukt wird von einem Unternehmen gekauft und eingesetzt.“ wird entsprechend dem Bereich der Mikroökonomie zugeordnet.
Festzuhalten ist: Meine Analyse ist streng makroökonomisch und historisch, d. h. ich versuche anhand makroökonomischer Größen grundsätzliche, historische Tendenzen der Wirtschaftsentwicklung aufzuzeigen und dadurch das Ende des Kapitalismus vorherzusagen.
Die von Dir angeführten Kurven der Makroökonomie beschreiben eine stetig steigende Tendenz der Abschreibungen bezogen auf das Bruttosozialprodukt (BIP). (Makroökonomie beschreibt hier die Summe der wirtschaftlichen Vorgänge in einem Lande.) Das bedeutet doch, dass z. B. die Höhe der Abschreibungen in der Volkswirtschaft Deutschlands von 9 % des BIP 1960 auf 14 % in 2004 gestiegen sind. Welche Schlüsse kann man hieraus ziehen? (…) Wie interpretierst Du die Ergebnisse des gezeigten Diagramms?
Die Zunahme der Abschreibungsquote (Abschreibungen / Bruttoinlandsprodukt) ist die erste historische Tendenz der Wirtschaftsentwicklung. Sie ist ein Maß für die technologische Entwicklung und gibt an, in welchem Verhältnis zur Gesamtproduktion der Verbrauch der Anlagegüter steigt. Durch den technologischen Fortschritt werden die Unternehmen instand gesetzt, mehr Sachanlagen einzusetzen und dadurch kostengünstiger zu produzieren.
Die Erhöhung der Abschreibungen über den Anstieg des BIP bedeutet doch, dass wir immer kurzlebigere Investitionsgüter herstellen? Die rasante Entwicklung der Technologie bringt dies mit sich? Oder produzieren wir mehr Schrottprodukte, welche halt nicht mehr so lange halten? Spielt hier die „geplante Obsoleszenz“ eine Rolle, die Sollbruchstelle in unseren Produkten welche zu einem frühen Austausch zwingt?
Nein, die historische Zunahme der Abschreibungsquote = Abschreibungen / BIP bedeutet nicht automatisch, dass wir immer kurzlebigere Investitionsgüter herstellen. Für die Kurzlebigkeit der Investitionsgüter ist die Abnahme der durchschnittlichen Abschreibungsdauer = Nettoanlagevermögen / Abschreibungen verantwortlich, die für die USA oben im Diagramm 6 dargestellt ist. Während die Zunahme der Abschreibungsquote ein Maß für die Masse der eingesetzten technologischen Innovationen ist, gibt die Abnahme der durchschnittlichen Abschreibungsdauer an, wie schnell technologische Generationen aufeinander folgen und wie intensiv sie in einzelne Wirtschaftszweige eindringen. Mit abnehmender durchschnittlicher Abschreibungsdauer nimmt die Abschreibungsgeschwindigkeit (= Abschreibungen / Nettoanlagevermögen), d. h. die Produktivität, zu. Aus der Tatsache, dass die durchschnittliche Abschreibungsdauer im Zeitraum von 1951 bis 2007 kontinuierlich abgenommen hat, ist zu schließen, dass die auf der Grundlage von Elektronik und Informationstechnologien stattfindenden Innovationsschübe praktisch permanent geworden sind und jedes Unternehmen unter dem Konkurrenzdruck steht, auf Gedeih oder Verderb die Produktivität zu steigern. Die Folge davon ist, dass die Produktion viel effizienter und differenzierter organisiert wird und jedes Angebot schon im Entstehen den entsprechenden Nachfragewunsch erzeugt.
Eine dritte historische Tendenz der Wirtschaftsentwicklung ist die Abnahme des Verhältnisses Bruttoinvestitionen / Abschreibungen, die für die USA oben im Diagramm 5 dargestellt ist. Sie ist ein Maß für den relativen Rückgang der Bruttoinvestitionen und gibt an, wie stark die Produktion jährlich steigen muss, damit bei abnehmender durchschnittlicher Abschreibungsdauer, d. h. bei zunehmender Produktivität, Produktion und Gesamtkonsum (= Konsum + Außenbeitrag) im Gleichgewicht bleiben.
Diese drei historischen Tendenzen zusammen machen die Objektivität der Wirtschaftsentwicklung aus, d. h. ich kann für alle anderen makroökonomischen Größen eine Trendbestimmung durchführen und mit einiger Sicherheit über Konjunkturschwankungen hinweg vorhersagen, wie diese Größen in Zukunft in Abhängigkeit vom technologischem Fortschritt aussehen werden. (Ich möchte an dieser Stelle bitten, im Lichte dieser Erklärungen meine
Fragen und Antworten oben noch einmal zu lesen. Vielleicht klappt es mit dem Verstehen diesmal besser!)
Beste Grüße aus Türkiye
Halil Güvenis