Es werde Geld

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Die Entstehung von Geld ist immer noch ein heftig umstrittenes Thema, auch unter Wirtschaftswissenschaftlern. Zwei vorherrschende Theorien versuchen mit unterschiedlichem Erfolg möglichst viele Funktionen und Eigenschaften des Geldsystems zu beschreiben und zu erklären. Eine der grundlegenden Theorien geht davon aus, dass Geld von der Zentralbank hergestellt und über die Geschäftsbanken in Umlauf gebracht wird. Eine völlig andere Erklärung liefert die Vorstellung, Geld werde bei der Entstehung von Schuldverhältnissen geschaffen. Jemand kann bei Lieferung einer Ware die schuldige Gegenleistung noch nicht erbringen. Er stellt einen Schuldschein aus und übergibt diesen dem Verkäufer. Diesen Schuldschein kann der Verkäufer weitergeben, er erfüllt gleichsam die Funktion von Geld.

Kaum einer der streitenden Wissenschaftler versucht ernsthaft zu den Wurzeln dieser beiden Theorien vorzudringen und die Unterschiede möglichst wertfrei herauszuarbeiten. Stattdessen werden eher Aussagen aus beiden Theorien vermengt, um daraus eine neue Theorie zu entwickeln. So ist auch die Theorie der Entstehung von „Geld aus dem Nichts“ entstanden. Nach dieser wird während eines Buchungsvorgangs in der Bank „Geld“ aus „Luft“ erzeugt. Um den Wahrheitsgehalt der „Geld aus dem Nichts“ –Theorie offen zu legen, sind zuerst die beiden grundlegenden Theorien näher zu betrachten.

Es gilt zu analysieren, welche dieser beiden Theorien die tatsächliche Entstehung von "Geld" schlüssig und in logisch nachvollziehbaren Schritten beschreiben kann. Dabei ist auch zu klären, was man in diesem Zusammenhang jeweils unter dem Begriff "Geld" versteht.

Staatliche Theorie des Geldes

Nach der staatlichen Theorie des Geldes bestimmt der Staat, was als offizielles Zahlungsmittel, als "Geld", in seinem Hoheitsgebiet Geltung hat. Dies ist in Deutschland das Bargeld, bestehend aus Banknoten und Münzen. Das Bargeld in der Währungseinheit "Euro" ist das „gesetzliche Zahlungsmittel“. Der Kaufpreis für eine Ware ist folglich grundsätzlich mit Bargeld zu zahlen, es sei denn, der Verkäufer akzeptiert auch eine andere Zahlungsart. Münzen werden im Auftrag der Regierung hergestellt und von dieser an die Zentralbank verkauft. Die Zentralbank selbst lässt Banknoten drucken und bringt diese, wie auch die erworbenen Münzen, über die Geschäftsbanken in Umlauf, d. h. die Geschäftsbanken geben das Bargeld an ihre Kunden weiter. "Geld" ist somit ein vom Staat geschaffenes Produkt.

Schuldgeldtheorie

Eine ganz andere

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Darstellung der Entstehung von Geld liefert die Schuldgeldtheorie. Anton hat Waren an Benno verkauft. Benno kann jedoch nicht sofort zahlen sondern vereinbart mit Anton, seine Schuld erst später zu begleichen. Es ist ein Schuldverhältnis entstanden. Wird in dieses Schuldverhältnis noch eine Bank mit eingeschaltet, spricht man allgemein bei den Schulden der Bank gegenüber Anton von "Geld". Diese Schuld ist übertragbar und wird als Zahlungsmittel benutzt.

Welche Theorie ist zutreffend?

Um den grundsätzlichen Unterschied zwischen den beiden vorgestellten Theorien zu erkennen hilft ein Blick in die Geschichte. Am Übergang von einem Goldwährungssystem zu einem Schuldgeldsystem können die Grundlagen beider Theorien an vereinfachten Modellen gezeigt werden.

Warengeld

Wenn nur Goldmünzen „Geld“ sind, befinden wir uns in einem Goldwährungssystem, einem Warengeldsystem. Solche Münzen wurden in der Regel von staatlichen Prägestellen, teilweise gegen Erstattung der Prägekosten, aus dem Rohmaterial Gold hergestellt. So wurden z. B. zu Zeiten der Goldwährung aus Goldbarren Münzen mit der Währungseinheit „Goldmark“ geprägt. Ein Warengeldsystem ist auch noch anzunehmen, wenn Goldmünzen bei reinen Depositenbanken hinterlegt werden. Angenommen, bei der Depositenbank handelt es sich um die „Nordbank“. Die Kunden vertrauen ihr 1000 Goldmark in Münzen an und erhalten für jede eingelieferte Münze einen "Zettel", eine Banknote. Die Banknote ist eine Quittung für die hinterlegte Goldmünze und stellt somit eine Schuld der Bank dar. Bei Vorlage dieser Note ist die Bank verpflichtet, dem Inhaber der Note eine Goldmünze auszuhändigen. Bei den Kunden existieren anstelle von 1000 Goldmünzen nun 1000 Banknoten je „Eine Goldmark“, welche genauso wie das vorherige "echte Geld" für Zahlungen benutzt werden.

"Die Deckung einer jeden Banknote mit einer echten Goldmünze ist von entscheidender Bedeutung in diesem abgeleiteten Warengeldsystem."

Kreditgeld kommt ins Spiel

Ein völlig anderes Konzept entsteht, wenn Banknoten über den Bestand an hinterlegten Goldmünzen hinaus gedruckt und in Umlauf gebracht werden. Da nicht alle hinterlegten 1000 Goldmünzen dauerhaft von der Nordbank für Auszahlungswünsche ihrer Kunden benötigt werden erlaubt sich diese, einen Teil der Goldmünzen gegen Rückzahlungsversprechen der Kreditnehmer auszuleihen. Da der Bankkunde mittlerweile höchstes Vertrauen in die Nordbank und ihre Banknoten hat, gelingt es der Bank, den Kredit mit eigenen Banknoten statt mit Goldmünzen auszuzahlen. So kann sie Kredite weit über den tatsächlichen Bestand an Goldmünzen hinaus gewähren. Nachdem sie 1000 Banknoten für hinterlegte Goldmünzen ausgegeben hat, druckt sie noch weitere 2000 Banknoten. Diese verleiht sie an Kunden. Als Gegenwert verlangt sie Rückzahlungsversprechen von diesen Kreditkunden, welche je nach Kreditwürdigkeit des Kunden mit Sicherheiten belegt sein müssen. Das Rückzahlungsversprechen ist ein überaus wichtiger Faktor, der aber in der einschlägigen Literatur weitgehend unerwähnt bleibt. Die "Unterschlagung" dieses Faktors führt schließlich zur Fiktion der "Geldschöpfung aus dem Nichts", wie nachfolgend dargestellt. Das Fehlen der Deckung mit Goldmünzen für die über 1000 hinausgehenden Banknoten fällt jedoch nicht auf. Aus Sicht der Geldkritiker müssten rechtmäßig 3000 Goldmünzen bei der Nordbank vorhanden sein. Dies ist jedoch ganz offensichtlich nicht der Fall.

Das Prinzip wird

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in nebenstehender Abbildung nochmals verdeutlicht. Es existieren drei Banknoten mit den Nummern 2038, 2039 und 2040. Die Nordbank besitzt aber nur eine Goldmünze in ihrem Tresor für diese drei Banknoten. Sämtliche Banknoten tragen jedoch den Aufdruck, „Ich verspreche an Herrn Peter Deal oder jeden anderen Inhaber gegenwärtiger Note eine Goldmark auszubezahlen.“ Damit wird von der Nordbank zugesagt, dass der Inhaber der Banknote bei deren Vorlage am Bankschalter eine Goldmünze erhält. Die Banknoten Nr. 2039 und 2040 besitzen jedoch keine Deckung mit Goldmünzen, sind also gewissermaßen Falschgeld?

Unserem Rechtsempfinden nach durfte die Nordbank nur 1000 Banknoten mit dem Zahlungsversprechen über jeweils eine Goldmünze ausgeben und trotzdem hielt sie niemand davon ab, bedeutend mehr Banknoten zu drucken und in Umlauf zu bringen. Im Geldsystem existierte jetzt gleichzeitig Warengeld und Kreditgeld. Juristisch einwandfrei wäre es gewesen, wenn nur 1000 Banknoten mit dem Aufdruck „Ich verspreche ... eine Goldmark auszubezahlen“ in Umlauf wären, während die übrigen Banknoten den Aufdruck "Schuldschein der Nordbank in Goldmark, gedeckt durch Forderungen der Nordbank an Kreditkunden" erhalten hätten.

Die Nordbank hielt es indes nicht für notwendig, ihre Banknotenbesitzer über das zweifelhafte Versprechen auf den Banknoten aufzuklären und blieb bei der ursprünglichen Formulierung. Wurde bei einem Kauf mit Banknoten bezahlt, so waren die Beteiligten der Meinung, dies würde mit "Quittungen für hinterlegte echte Goldmark" geschehen. Es würde also eine Zahlung mit Münzquittungen anstelle der Übergabe von echten Münzen vorgenommen. Hier wurden ganz offensichtlich die Bankkunden über die wahre Deckung der Banknoten getäuscht. Unter diesem Blickwinkel handelte es sich bei den Banknoten Nr. 2039 und 2040 um „Falschgeld“, um „Geld aus dem Nichts“.

Georg Friedrich Knapp, der in seinem Werk „Staatliche Theorie des Geldes“ Merkmale und Eigenschaften der gesetzlichen Zahlungsmittel untersucht hat, setzte sich auch intensiv mit der zweifelhaften Natur der von privaten Banken herausgegebenen Banknoten auseinander. Auf Seite 119 stellt er die Frage:

Was aber ist eine Banknote?

Seine Antwort:

Sie wird gewöhnlich so definiert: eine Urkunde, auf welcher dem Inhaber versprochen wird, daß die Bank ihm, nach Sicht, den und den Betrag in Geld auszahle.

„in Geld“ bedeutet staatlich herausgegebenes Geld, zum damaligen Zeitpunkt echte Goldmark. Knapp wendet sich dann der Frage zu, ob die Banknote ein „wirksames Zahlungsmittel“ sei. Dies vor dem Hintergrund, dass zuweilen der Staat die Banken von der Auszahlungspflicht mit Goldmünzen entbunden hat. Auch wenn die Deckung mit Goldmünzen nicht mehr gegeben war stellte er fest:

Trotzdem blieb der Name Banknote bestehen, und was viel wichtiger ist: ihr Gebrauch dauerte fort. Hier hat man nun die Wahl zwischen zwei Auffassungen: entweder muß man sagen, uneinlösbare Banknoten heißen nur so, sind aber keine; oder man muß sagen: die Banknote ist falsch definiert gewesen.

Als ursprünglichen Zustand bezeichnet Knapp die Verwendung der Banknote als „wirksames Zahlungsmittel“, d. h. es werden bei Vorlage am Bankschalter Goldmünzen ausgezahlt.

Wenn mir die Bank hundert Mark schuldig ist, weil ich Inhaber einer ihrer Noten bin, so kann ich diese Urkunde zweifellos benützen: erstens, um mir die einhundert Mark auszahlen zu lassen; zweitens aber auch, um hundert Mark an die Bank zu zahlen, im Falle, daß ich ihr soviel schuldig wäre.

Der zweite Fall beschreibt zweifelsfrei die Rückzahlung eines Kredites, stellt also den Schuldgeldcharakter der Banknote in den Vordergrund. Die zweifelhafte Natur der Banknote; ist sie ein Anspruch auf Goldmünzen oder aber allgemeiner, nur eine Forderung an die Geschäftsbank, wurde von Knapp eindrucksvoll herausgearbeitet.

Nur Kreditgeld

Ein etwas anderer Sachverhalt ergibt sich, wenn man die Banknoten ganz allgemein als Schuldschein der ausstellenden Bank betrachtet. Die Nordbank besitzt sowohl 1000 echte Goldmark wie auch Zahlungsversprechen ihrer Kreditkunden über einen Wert von 2000 Goldmark. Das Vermögen der Bank umfasst somit einen Wert von 3000 Goldmark. Auch die Schulden der Nordbank belaufen sich auf einen Wert von 3000 Goldmark, belegt durch die Ausgabe von 3000 Banknoten an ihre Kunden. Die Betrachtung der Banknoten als "Schuldschein der Bank" lässt problemlos diese unterschiedlichen Deckungsarten zu und beinhaltet keinerlei Täuschungsmanöver. Die Banknoten sind primär mit Vermögenswerten der Bank gedeckt und sind nicht aus dem „Nichts“ entstanden.

"Jede Banknote ist durch einen Vermögenswert der Bank gedeckt. Woraus sich dieser Vermögenswert zusammensetzt ist dabei zweitrangig."

Kreditgeld heute

Was bringt jedoch die vorgenannte Geschichte aus der Warengeldära an Erkenntnissen zum besseren Verständnis unseres heutigen Geldsystems?

Sehen wir uns das Verhältnis von heutigem Giralgeld zum Bargeld an, zeigt sich eindeutig eine Parallele. Das Giralgeld wird als „Anspruch auf Bargeld“ angesehen, wie früher die von Banken ausgegebenen Banknoten einen „Anspruch auf echte Goldmünzen“ darstellten. Der heutige Anspruch jeglichen Giralgeldes auf Bargeld ist juristisch korrekt vorhanden, obwohl das Bankensystem praktisch nicht in der Lage ist, diesen Anspruch auch wirklich insgesamt zu erfüllen. Dies deckt sich mit den Erfahrungen aus der Warengeldära, wonach die Banknoten nie insgesamt durch die zugesagten Ansprüche auf Goldmark hätten eingelöst werden können. Aus den Statistiken der Deutschen Bundesbank geht hervor, dass in Deutschland bei einer Giralgeldmenge von 1,7 Billionen € nur eine Bargeldmenge von 17 Mrd € bei den Geschäftsbanken existiert.[1] Somit ist eine Deckung des Giralgeldes mit Bargeld von gerade mal 1 % tatsächlich vorhanden. Die juristische Version, das Giralgeld von Bargeld gedeckt sei, geht von einem Zustand des Geldsystems aus, der so nicht existiert. Wir befinden uns real in einem Teilreservesystem, in dem nur ein geringer Teil der Zahlungsversprechen der Geschäftsbank mit Bargeld und diesem nahestehenden Zentralbank-Buchgeld gedeckt ist. Würde der juristische Anspruch ernst genommen, müssten wir uns bereits in einem Vollgeldsystem befinden, d. h. das Giralgeld wäre vollständig durch Zentralbankgeld gedeckt. Von einem solchen System sind wir indes weit entfernt. Juristisch gesehen stellt das Bankguthaben eine Geldschuld der Bank gegenüber dem Bankkunden dar. Geldschulden sind nun grundsätzlich mit dem „gesetzlichen Zahlungsmittel“ zu erfüllen, d. h. mit der Übergabe von Bargeld erlischt das Schuldverhältnis. Aus dieser juristischen Auffassung ergibt sich die Folgerung:

"Giralgeld ist ein Anspruch auf Bargeld."

Eine juristische Folgerung, die mit der Wirklichkeit wenig zu tun hat. Die frühere Banknote der Privatbank bzw. das heutige Giralgeld der Geschäftsbank hingegen primär als "Schuldschein der kontoführenden Bank" zu sehen, ist logisch schlüssig. Es zeigt die tatsächlichen Verhältnisse auf. Wir sind dann beim anfangs erwähnten Schuldgeldsystem. Um unser heutiges Zahlungsmittel, unser „Geld“ richtig zu verstehen muss erkannt werden, dass es sich dabei nur um Forderungen handelt. Erich Schneider, 1952[2]

"Wir beschränken uns dabei bewußt auf die Analyse einer Wirtschaft, wie sie heute ist, d. h. auf eine Wirtschaft, in der allein Forderungen als Zahlungsmittel verwendet werden."


Staatsgeld oder Schuldgeld

Unabhängig von dem fehlenden Realitätsbezug der "staatlichen Theorie des Geldes" soll geklärt werden, welche Theorie in der Lage ist, die Hauptanliegen der jeweils anderen Theorie zu integrieren.

Wie lässt sich das von den Geschäftsbanken erzeugte Buchgeld in die staatliche Theorie des Geldes einflechten? Während nur die Zentralbank Bargeld in Umlauf bringen kann, ist es den Geschäftsbanken ja möglich, Buchgeld zu erzeugen. Bringt ein Kunde Bargeld zu seiner Bank nimmt diese es in ihren Kassenbestand auf und schreibt dem Kunden als Gegenwert den eingezahlten Betrag als Bankguthaben auf seinem Konto gut. Dieses Bankguthaben wird auch als Giralgeld, Sichteinlage oder Geschäftsbanken-Buchgeld bezeichnet. Mit dem Einzahlen tauscht der Kunde Bargeld gegen Giralgeld. Bedingt durch das besondere Geschäftsmodell der zugelassenen Bank, sie darf Zahlungsmittel annehmen, verwalten und auch weiterleiten, kann die Bank auch Kredite vergeben und bei diesem Vorgang Geschäftsbanken-Buchgeld erzeugen. Dem Kreditkunden wird gegen das Versprechen auf Rückzahlung ein Guthaben, in Höhe des Kreditbetrages, auf seinem Bankkonto gutgeschrieben. Dieses Bankguthaben, eine Geldschuld der Bank gegenüber dem Kunden, stellt entsprechend der staatlichen Definition des gesetzlichen Zahlungsmittels einen Anspruch des Kunden auf Bargeld dar. Es ist durch einen Buchungsvorgang in der Bank entstanden, es wurde "geschöpft". Der staatlichen Theorie des Geldes gelingt es nicht, die Giralgeldschöpfung der Bank als legalen Geschäftsvorgang der Bank darzustellen. Es wird bei der Buchung deshalb „Geld aus dem Nichts erschaffen“. Dieses Giralgeld erfüllt praktisch alle Geldfunktionen, ist aber gewissermaßen nur ein „Geldersatz“, da es lediglich einen Anspruch auf das „gesetzliche Zahlungsmittel“ darstellt. Seine Funktion als Geld und auch gleichzeitig als Geldersatz verwirrt.[3]

"Wenn Bargeld „Geld“ ist und „Giralgeld einen Anspruch auf Bargeld“ darstellt, dann kann nach den Gesetzen der Logik Giralgeld nicht auch gleichzeitig „Geld“ sein."

Aus einer oberflächlichen Betrachtung erscheint das „gesetzliche Zahlungsmittel“ als Dreh- und Angelpunkt des Geldsystems, jedoch löst bereits eine Grenzbetrachtung, der Wegfall des Bargeldes, diese Theorie in nichts auf. Würden z. B. sämtliche Bankkunden ihr Bargeld auf Girokonten einzahlen, hätte sich der Anker der Staatsgeldtheorie in nichts aufgelöst.

Die Schuldgeldtheorie ist hingegen anders basiert. Das von Geschäftsbanken hervorgebrachte Schuldgeld ist hier der Dreh- und Angelpunkt. In das Schuldgeldsystem, in welchem nur Schulden als Zahlungsmittel verwendet werden, lässt sich auch ohne Kunstgriffe das Bargeld, als Zahlungsmittel der staatlichen Zahlungsgemeinschaft einbauen. Nach der Schuldgeldtheorie entsteht sowohl das Giralgeld wie auch das Bargeld in den Händen der Nichtbank ausschließlich aus einer Verschuldung der Nichtbank gegenüber der Geschäftsbank. Beim Giralgeld ist dies sofort erkennbar, beim Bargeld jedoch erst nach Beobachtung des Weges, der zum Bargeld in der Hand des Bankkunden führt. Benötigt ein Bankkunde Bargeld, so wird er sich dieses bei seiner Bank beschaffen. Hierzu nimmt er bei dieser zuerst einen Kredit auf und erhält Geschäftsbanken-Buchgeld. Dieses möchte er aber von der Bank bar ausgezahlt bekommen. Die Bank muss sich hierzu das Bargeld bei der Zentralbank besorgen, in dem sie bei dieser in einem ersten Schritt einen Kredit aufnimmt oder aber der Zentralbank Wertpapiere zeitweise oder endgültig übereignet. Daraufhin erhöht sich ihr Bankguthaben bei der Zentralbank, eine Schuld der Zentralbank gegenüber der Geschäftsbank. Dieses Bankguthaben wandelt sie dann in einem zweiten Schritt in Bargeld um, in Inhaberschuldscheine der Zentralbank. Das Bargeld übergibt sie dem Kunden und reduziert dessen Bankkonto um den ausgezahlten Bargeldbetrag.

"Am Anfang der Bargeldbeschaffung durch den Bankkunden steht also seine Kreditaufnahme bei der Geschäftsbank, seine Verschuldung gegenüber der Geschäftsbank. Der Bankkunde tauscht dann lediglich Geschäftsbanken-Buchgeld gegen Bargeld, Inhaberschuldverschreibungen der Zentralbank. Ein Schuldanerkenntnis wird gegen ein anderes eingetauscht."

Damit Bargeld in Umlauf kommt, müssen somit zwingend verschuldungsbereite Bankkunden vorhanden sein, welche sich einen erhaltenen Kredit bei ihrer Geschäftsbank in Bargeld auszahlen lassen.

Auch Knapp ging auf den Grundsatz von Schuldgeld ein indem er feststellte, dass die Banknote einer privaten Bank samt ihrem Wert erhalten bleibt, auch wenn die Einlösbarkeit in das gesetzliche Zahlungsmittel nicht mehr gegeben sein sollte. Die Aufschrift auf der Banknote diene lediglich als Merkmal, und beweise höchsten,

„daß die Banknote als Zahlungsversprechen gemeint war, als man sie herstellte“.

Damit meinte er ein Zahlungsversprechen auf Goldmünzen lautend. Dies bedeutet, dass die Funktion der Banknote als Zahlungsmittel der privaten Bank erhalten bleibt, auch wenn die Bank bei Vorlage der Banknote keine staatlich geprägten Goldmünzen mehr auszahlen muss. Übertragen auf unser heutiges Geldsystem bedeutet dies:

"Giralgeld bleibt allgemein eine Forderung an die Geschäftsbank, auch wenn diese nicht mehr verpflichtet sein sollte, es in Bargeld auszuzahlen."

Eine solche Situation wäre z. B. vorstellbar, wenn das Bargeld abgeschafft würde. Das Giralgeld wäre dann immer noch eine Forderung an die Bank. Den Sichtguthaben von Bankkunden stehen immer auch Schulden von Kreditkunden der Bank gegenüber. Die Kreditkunden aber benötigen Giralgeld um ihre Schulden zu löschen. Damit ist ein Zwangskreislauf installiert, der für eine immerwährende Nachfrage nach Giralgeld sorgt. Guthabenkunden wie auch Kreditkunden einer Geschäftsbank kann man entsprechend als Zahlungsgemeinschaft betrachten. In dieser Zahlungsgemeinschaft „gilt“ das Giralgeld der Bank als Zahlungsmittel.

Aus den zuvor gemachten Aussagen kann man den logischen Schluss ziehen, dass Giralgeld in erster Linie ein Zahlungsmittel der Zahlungsgemeinschaft einer Geschäftsbank ist. Die Einlösbarkeit in Bargeld ist als sekundäre Eigenschaft anzusehen, da sie nicht zwingend vorhanden sein muss. Die heutige Bankbetriebswirtschaft baut ausschließlich auf dem Modell von Schuldgeld auf. In der Bankbilanz werden Vermögenswerte und Schulden aufgeführt. Diese bestehen überwiegend aus Forderungen und Verbindlichkeiten. Die Bank nimmt Zahlungsversprechen ihrer Kreditkunden an und gibt Zahlungsversprechen in Form von Giralgeld an die Kreditkunden.

Wichtig zu erkennen ist, dass die „staatliche Theorie des Geldes“ weder auf Beobachtungen des bestehenden Systems noch auf plausibel erscheinenden Annahmen über dieses System basiert, sondern alleine auf der staatlichen Proklamation des „gesetzlichen Zahlungsmittels“. Das Fundament dieser Theorie, das „gesetzliche Zahlungsmittel“, wird ohne Hinterfragung als existierend betrachtet. Die Aufgabe einer Theorie, einen Ausschnitt der Realität zu beschreiben und zu erklären, wird hier nicht erfüllt. Um eine Gesetzespassage werden Aussagen und Folgerungen so platziert, dass der Eindruck einer plausiblen Theorie entsteht, obwohl es sich nur um eine Fiktion[4] handelt.

Als besonders verhängnisvoll erweist sich die Vermischung beider Theorien, auch wenn sie von ansonsten glaubhaften Quellen, wie der "Deutschen Bundesbank" stammen. In Ihrem Schülerbuch "Geld und Geldpolitik"[5] erläutert sie sowohl die Giralgeldschöpfung der Geschäftsbanken, ab Seite 74, wie auch die Vermittlerfunktion der Banken zwischen denjenigen, die Geld sparen wollen und denjenigen, die Geld benötigen, ab Seite 86. Die Vermittlerfunktion geht von der "Ding-Geld-Welt" aus, in welcher eine bestimmte Menge Geld vorhanden ist und dieses teilweise von Sparern den Kreditnehmern zur Verfügung gestellt wird. Diese "Ding-Geld-Welt" basiert noch auf der "staatlichen Theorie des Geldes". Ein Schwachpunkt der Schuldgeldtheorie zeigt sich jedoch auch umgehend. Wenn Banken selbständig "Geld" schöpfen können, weshalb benötigen sie dann noch Sparer um Kredite zu vergeben? Hier bleibt die Schuldgeldtheorie noch eine Erklärung schuldig, welche im Beitrag "Banken ohne Sparer?" näher untersucht wird.

Fazit

Ziel der vorliegenden Schrift war zu klären, ob die „Staatliche Theorie des Geldes“ oder aber die „Theorie vom Schuldgeld“ die Entstehung von „Geld“ zutreffender beschreibt. Anhand der Darstellung des Übergangs vom Goldwährungssystem zum Kreditgeldsystem konnte gezeigt werden, dass über einen langen Zeitraum sowohl das Warengeld wie auch das Kreditgeld parallel existierten. Die 1920 von Georg Friedrich Knapp herausgearbeitete Unterscheidung zwischen „echtem Geld“ und einem „Anspruch auf echtes Geld“ konnte mittels eines Beispiels mit einzelnen Banknoten nochmals verdeutlicht werden. Knapp, als Autor des Werkes „Staatliche Theorie des Geldes“ müsste heute zugestehen, dass wir uns in einem Schuldgeldsystem befinden, in welchem private Zahlungsgemeinschaften maßgebend sind.

Die "Staatsgeldtheorie" erweist sich als eine Fiktion ohne Realitätsbezug. Die "Schuldgeldtheorie" hingegen ist in der Lage, die Realität im heutigen "Geldsystem" widerspruchsfrei zu beschreiben und zu erklären. Ein Defizit der Schuldgeldtheorie besteht jedoch in der Erklärung des offensichtlich immer noch bestehenden Bedarfs an Sparern.

Fatal erweist sich die Vermischung beider Theorien, da dabei jegliche Übersicht verloren geht und nur ein undefinierbares Etwas entsteht, über welches sich die Fachleute, ohne Aussicht auf Erfolg, ewig streiten können.

Mit der Schuldgeldtheorie kann auch die Frage nach dem vermeintlichen „Es werde Geld ....“ beantwortet werden.

"Geld der privaten Zahlungsgemeinschaft einer Bank, unser Giralgeld, gründet nicht auf Luft sondern auf den Rückzahlungsversprechen der Kreditnehmer."

Diesem Gedanken zu folgen erfordert jedoch die Abkehr von der Schulweisheit vom Staatsgeld:

"Die Zentralbank als Institution des Staates erzeugt eine bestimmte Menge Geld und leitet dieses über die Geschäftsbanken an die Bevölkerung weiter."


Einzelnachweise

<references >

  1. Deutsche Bundesbank, Monatsbericht, Juni 2016, Anhang Seite 22, Spalte „Einlagen von Nichtbanken im Inland, täglich fällig“, Angabe März 2016, 1.682 Mrd. €, Anhang Seite 26, Angabe für März 2016, Spalte „Kassenbestand an Noten und Münzen in Eurowährungen“, 17,2 Mrd €.
  2. Erich Schneider: Einführung in die Wirtschaftstheorie. 11 Auflage. J.C.B.Mohr, Tübingen 1952., Seite 2
  3. Einen Ausweg bietet eine übergeordnete Zusammenfassung unter „Zahlungsmittel“. Bargeld wie auch Giralgeld sind Zahlungsmittel. Per Gesetz stellt der Staat eine Abhängigkeit zwischen beiden Zahlungsmitteln her, die aber nur im Fall eines Bank Runs voll zum Tragen kommt. Im normalen Geschäftsbetrieb liegt diese Abhängigkeit im Bereich von 20 % des Giralgeldes einer Bank, entsprechend dem Verhältnis von Bargeld zu M1 ohne Bargeld.
  4. Wikipedia: "Als Fiktion bezeichnet die Rechtswissenschaft die Anordnung des Gesetzes, tatsächliche oder rechtliche Umstände als gegeben zu behandeln, obwohl sie in Wirklichkeit nicht vorliegen. Hierbei kann die Fiktion das genaue Gegenteil der tatsächlichen Umstände als rechtlich verbindlich festlegen." Abruf 30.10.2016
  5. Schülerbuch "Geld und Geldpolitik" Ausgabe Frühjahr 2015, Abruf 12.11.2016