Chinesische Wirtschaftstheorien
Allgemein
Die nachfolgenden Überlegungen basieren in wesentlichen Teilen auf dem Buch "Die Glaubensgemeinschaft der Ökonomen" von Hans Christoph Binswanger.[1][2] Das Original von Herrn Binswanger ist hier bedeutend ausführlicher und stellt auch Vergleiche zu den entsprechenden Theorien in Europa her.
Neben den europäischen Wirtschaftstheorien wurde auch im China des 5.-3. Jahrhunderts v. Chr. über Wirtschaftssysteme nachgedacht. Die verschiedenen Denkrichtungen beschäftigten sich mit dem Zusammenspiel der Wirtschaft und dem jeweiligen Herrscher oder Staat. Einen wesentlichen Schwerpunkt bildete dabei die Marktwirtschaft. Drei Denkrichtungen sind hier zu nennen:
- die Schule nach Konfuzius;
- die Schule der Legalisten;
- die Schule des Guan Tse.
Die beiden anderen Denkrichtungen "Die Lehre von der großen Harmonie" und der "Taoismus" basieren auf der Idee des Gemeinbesitzes bzw. auf einem System der Selbstversorgung. Beide erscheinen als sehr unrealistische Ansätze und werden hier nicht näher erläutert. Details können gegebenenfalls in den Originaltexten nachgelesen werden.[2] .
Konfuzianismus
Die Schule nach Konfuzius betrachtet ethische Standards als Grundprinzip einer Wirtschaftsordnung.
Konfuzius:
"Es ist eine Schande, reich und in erhobener Position zu sein, wenn Chaos im Staate herrscht."
Das Streben nach Reichtum wird nicht verdammt, aber es soll der Sorge um eine geordnete Gemeinschaft untergeordnet sein. Ist ein Staat wohlgeordnet, so soll auch jeder einzelne nach Reichtum streben dürfen. Dieses Streben gilt als eine natürliche Eigenschaft des Menschen. Es soll jedoch das "Prinzip der Genügsamkeit" gelten, dass heißt ein jeder soll mit seinem Status im Staatssystem zufrieden sein und seinen Lebensstil entsprechend einrichten.
In den Witschaftsablauf, welcher neben dem Arbeitseinsatz in hohem Maße von den Naturkräften (Regen, Sonne, Wind) abhängig ist, soll der Staat sich möglichst nicht einmischen. Auch soll er mit einer Steuer in Höhe von maximal 10% zufrieden sein.
Menzius, ein Anhänger der Schule des Konfuzius, hebt die Bedeutung von privatem Eigentum hervor. Eigentum soll auf möglichst viele Menschen verteilt sein.
"Wer kein permanentes Eigentum hat, hat keine Beharrlichkeit. Wenn die Menschen keine Beharrlichkeit haben, sind sie zügellos und verschwendungssüchtig."
Lediglich die Gelehrten besitzen auch ohne Eigentum genügend Beharrlichkeit.
Die Aufteilung des Eigentums in viele kleine Einheiten ist die Voraussetzung für eine möglichst hohe Produktivität und intakte Sozialordnung.
Die Legalisten
Als Widerspruch zur Schule nach Konfuzius entwickelte sich die Lehre der Legalisten. Nicht der Ethik sondern dem Gesetz steht es zu, die Ausrichtung der Wirtschaft zu bestimmen. Ethische Ansätze haben in der Wirtschaft nichts verloren.
Der Legalist Han Fei:
"»Der Pferdehalter liebt die Pferde, weil er auf ihnen reiten will. Der Prinz liebt sein Volk, weil es für ihn kämpfen kann. Der Arzt saugt das Blut aus der Wunde eines Patienten, nicht, weil er blutsverwandt ist, sondern weil er einen Gewinn davon hat. Ein Handwerker, der Wagen fabiziert, wünscht, daß viele Menschen reich und vornehm werden, aber ein Handwerker, der Särge erstellt, wünscht, daß die Menschen schon jung sterben. Dieser Unterschied erklärt sich nicht durch das Wohlwollen des ersteren und die Böswilligkeit des letzteren. Es ergibt sich vielmehr daraus,daß Wagen nicht verkauft werden können, wenn es keine reichen und vornehmen Leute gibt, und Särge nicht nachgefragt werden, wenn Leute nicht sterben. Es ist nicht so, daß es in der menschlichen Naturiegt, andere zu hassen, aber die Menschen wollen Gewinn machen selbst auf Kosten des Todes anderer«."
Den Eigeninteressen ist alles andere unterzuordnen. Diese werden lediglich durch Gesetze zum Zwecke der Machterhaltung des Staates eingeschränkt. Der Herrscher kann nun seine Macht stärken, in dem er Günstlinge durch materielle Vorteile belohnt oder aber durch Wegnahme von materiellen Vorteilen Missliebige bestraft. Im Gegensatz zu der Lehre nach Konfuzius soll der Herrscher keinesfalls bestrebt sein, Zufriedenheit in seinem Reich anzustreben, da zufriedene Menschen faul und verschwenderich sind. Zur Zufriedenheit im Volke wird es jedoch nicht kommen, da das Bevölkerungswachstum und die begrenzten Nahrungsmittel dem entgegenstehen. Es werden somit immer Menschen hungern. Auch gegen die Verteilung von Land an die Armen oder ähnliche Hilfsmaßnahmen zugunsten der Armen wendet sich Han Fei:
"Wenn der Herrscher den Reichen etwas wegnimmt und den Armen gibt, dann nimmt er etwas von denen, die sorgsam und andauernd arbeiten, und gibt es denen, die sich nicht anstrengen wollen und vergeuden."
Zwei Sichtweisen der Legalisten sind hervorzuheben.
- Der Landwirtschaft wird eine bedeutend wichtigere Rolle in der Wirtschaft beigemessen als dem Handwerk. Betrachtet man den Arbeitsaufwand zur Nahrungsmittelproduktion zu dieser Zeit, so ist dies auch nachvollziehbar.
- Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Stützung der Staatsmacht. Die Wirtschaft soll den Staat in Friedenszeiten reicher machen und die Armee in Zeiten des Krieges unterstützen. Der aus dem Eigennutz der Menschen entspringende Vorteil soll die Macht des Staates und des Herrschers stärken.
Guan Tse
Die Lehre des "Guan Tse" beinhaltet Bestandteile des Konfuzianismus wie auch der Schule der Legalisten.
Guan Tse:
"Die Menschen achten die Sitten nur, wenn die Speicher voll sind, und kümmern sich um Ehre und Unehre nur, wenn sie Kleidung und Nahrung haben"
Auch nach der Lehre des Guan Tse soll der Eigennutz der Menschen im Vordergrund des Wirtschaftens stehen. Er soll jedoch nicht in erster Linie dem Machterhalt des herrschenden Systems dienen sondern das Volk selbst reicher machen. Dies geschieht durch das Zusammenwirken der Vorteile des Eigennutzes und dient also indirekt allen Menschen. Solange diese den eigenen Vorteil suchen
"gehen sie vorwärts, ohne daß jemand sie stoßen oder jemand sie ziehen muß, und der Herrscher gerät in keine Schwierigkeiten, während das Volk ganz von selbst reich wird."
Mit dem Eigennutz als Antrieb werden die Einzelnen wie auch das gesamte Volk einschließlich seinem Herrscher reicher. Der Herrscher ist also gut beraten, wenn er das Eigeninteresse zum Wohlergehen des Volkes und auch des Staates gekonnt zu nutzen weiß. Hierzu wird ein Markt benötigt, welcher nach der "Leicht-Schwer-Theorie" die Preise der Waren bestimmt. Die Preise sind leicht, wenn der Preis niedrig ist und werden schwer, wenn ihr Preis hoch ist. Der Markt bestimmt die Höhe des Preises. Wenn viele Waren vorhanden sind ist der Preis niedrig und wenn ein Mangel an Waren herrscht ist der Preis hoch. Auch die Manipulationsmöglichkeiten durch die Hortung von Waren wurde bereits erkannt. Wurde eine Ware durch Hortung knapp gehalten, dass heißt ein künstlicher Mangel wurde erzeugt, so stieg der Preis und es ließ sich ein einträglicher Gewinn aus diesem Vorgehen erzielen. Umgekehrt verhält es sich mit der Geldmenge. Eine Große Geldmenge verteuert die Waren und bei knapper Geldmenge verringert sich der Preis.
Die unterschiedliche Entwicklung von Armen und Reichen im Volk wird als naturgegeben hingenommen. Der Unterschied wird zurückgeführt auf die
- unterschiedliche Verteilung von Grund- und Ackerflächen unter den Menschen des Volkes,
- Ungleichheit in den Fähigkeiten derjenigen Menschen, welche auf den Feldern arbeiten und die Nahrungsmittel produzieren. Eine höhere Produktionsmenge je Landeinheit führt auch zu einem größeren Gewinn. Jedoch hat auch die Witterung großen Einfluss auf die Ernten, dass heißt von Region zu Region kann dies zu großen Unterschieden im Ernteertrag führen.
Jedoch sollte der Unterschied nicht zu groß werden, da ansonsten Unzufriedenheit und Rebellion entstehen können. Den damaligen Wertvorstellungen entsprechend wird der Markt und damit die Preisbildung wesentlich vom Geld, vom Getreide und von einem Warenkorb, mit den übrigen Waren, bestimmt. Zwischen diesen Faktoren besteht eine direkte Abhängigkeit. Ist zum Beispiel das Geld knapp wird das Getreide billiger. Auch das Verhältnis von Geld zu Waren und von Waren zum Getreide bewirkt solche Preisänderungen. Der Staat als derjenige, der Steuern erhebt und auch als Teilnehmer an diesem Markt auftritt, soll durch kluges Handeln ausgleichend wirken und eine Verschärfung der bestehenden Kluft zwischen Arm und Reich durch Spekulation mit Getreide- und Warenpreisen verhindern.
Der Hauptsatz des "Guan Tse" bleibt jedoch hiervon unberührt;
"Der Markt ist ein Instrument zur Gewinnung von Reichtum aus Himmel und Erde, und ist gemeinsam und vorteilhaft für alle Menschen."
Unter Himmel sind hierbei die Naturkräfte wie Wind, Sonne, Wasser usw. zu verstehen.
Einzelnachweise
<references >