Das Geldrätsel: Funktion: Depositen- und Girobanken
Depositenbanken
Die ersten in Italien gegründeten Banken kann man zu den Depositen- und Girobanken zählen. Eine Depositenbank ist eine Hinterlegebank. Sie dient der Aufbewahrung von Wertgegenständen. Diese bestehen vorzugsweise aus Schmuck, Gold- oder Silberbarren und Gold- oder Silbermünzen. Wie kann man sich das vorstellen?
Der Kaufmann Becker hat einen Posten Waren verkauft und 1000 Gulden eingenommen. Diese Menge Münzen möchte er nun nicht in seinem Hause aufbewahren. Die Gefahr, dass ihm das Geld gestohlen werden könnte, erscheint ihm zu groß. Er bringt die 1000 Gulden deshalb zu einer vertrauenswürdigen Person. Diese verwahrt das Geld in ihrem abgesicherten Gebäude, der Depositenbank "Moneta". Nachdem er das Geld übergeben hat erhält er eine Quittung über die 1000 Gulden. Für die Aufbewahrung muss er der Monetabank jedoch auch eine Gebühr, etwa 10 Gulden, zahlen. Dafür ist er jetzt die Sorge um einen möglichen Diebstahl in seinem Hause los. Bei Vorlage der Quittung muss ihm die Monetabank wieder die 1000 Gulden in Münzen aushändigen.
Girobanken
Bei der gleichen Monetabank haben nun auch mehrere seiner Handelspartner ebenfalls Geld deponiert. Muss Becker nun an Schmidt 100 Gulden zahlen, so nimmt er die 1000 Gulden wieder von seiner Monetabank entgegen, zweigt die 100 Gulden für die Begleichung der Rechnung von Schmitt ab und hinterlegt wiederum die 900 Gulden gegen Quittung bei der Bank. Schmitt fügt seinen bereits bei der Monetabank hinterlegten 500 Gulden die 100 Gulden hinzu und erhält auch hierzu eine Quittung. Dass dieses Verfahren nicht sehr effektiv ist, leuchtet auf den ersten Blick ein.
Also geht man hin und trägt die Menge an Geld,
die jeder deponiert hat, also das Guthaben, in ein Kontenbuch ein. Für jeden Kunden wird ein separates Blatt angelegt, in welchem jede Ein- und Auszahlung vermerkt wird. Vor der Zahlung der 100 Gulden besaß Becker ein Guthaben von 1000 Gulden und Schmitt ein Guthaben von 500 Gulden. Anstelle dass Becker zur Bank geht um 100 Gulden zu entnehmen, diese dann an Schmitt weitergibt, und dieser wieder 100 Gulden zurück zur Bank bringt, veranlasst Becker eine Umschreibung (heute Überweisung). Dies geschieht per mündlichem oder schriftlichem Auftrag. Auf seinem Kontenblatt wird ein Betrag von 100 Gulden in Abzug gebracht und auf dem Kontenblatt von Schmitt hinzu addiert. Becker besitzt nun einen Kontenstand von 900 Gulden und Schmitt einen Kontenstand von 600 Gulden. Dieser Zahlungsvorgang war ohne jegliche Bewegung von Münzen, alleine durch Umschreibung im Kontenbuch, vorgenommen worden.
Umschreibungen im Kontenbuch waren auf den Kreis (ital. giro) der Bankkunden beschränkt. Hieraus entstand dann für diese "Umschreibebanken" die Bezeichnung "Girobanken".
Vorteile der Depositen- und Girobanken
Vom Standpunkt der Sicherheit betrachtet erscheinen die Depositen- und Girobanken als optimal angelegte Dienstleistungsbetriebe. Das Risiko, dass der Kaufmann Müller sein Geld bei einem Einbruch in sein nicht besonders abgesichertes Haus verliert, ist nun ausgeschlossen. Die Monetabank muss ihm zu jedem Zeitpunkt die eingelagerten Gulden zurückgeben, wenn er dies verlangt. Ein wichtiger, bisher nicht erwähnter Punkt ist die Vereinbarung, dass die Bank das eingelagerte Geld nicht antasten darf. Dies mag zwar für jedermann offensichtlich und selbstverständlich erscheinen, ist aber ein wichtiger Faktor, der später stillschweigend unter den Tisch gefallen ist..
Welche Vorteile hat nun eine solche Bank für die Wirtschaft?
- Es wurde mit der Vereinbarung, dass die Kontenbücher in "Bankgulden" geführt werden, eine Verrechnungseinheit geschaffen, welche unabhängig von Münzmanipulationen war.
- Die von der Bank entgegengenommenen Münzen mussten von dieser kontrolliert werden, bevor sie als Guthaben in das Kontenblatt eingetragen wurden.
- Konnte man sich bei der reinen Depositenbank noch darauf verlassen, dass man genau "seine eigenen Münzen" zurückerhielt, war dies bei der Girobank nicht mehr möglich. Die Münzen mussten daher einem einheitlichen Qualitätsstandard entsprechen.
- Nachdem jedoch die Münzen in Verrechnungsgeld (Giralgeld) der Bank umgerechnet worden war, entfiel bei den Handelsgeschäften mit Giralgeld jegliche Prüfung von Münzen auf deren Gewicht und Qualität.
- Das Zählen der Münzen bei der Abwicklung eines Kaufes oder Verkaufes entfiel.
- Jeglicher Transport von Münzen bei Geschäften mit Giralgeld wurde überflüssig
Diese Vorteile waren für die Belebung des Handels von erheblicher Bedeutung, da auf die vorgenannten, ineffektiven Tätigkeiten im Zusammenhang mit Bargeldzahlungen verzichtet werden konnte.
Nachteile der Depositen- und Girobanken
Wurden die eingelagerten Münzen wie vorgesehen unangetastet in den Gewölben des sicheren Bankgebäudes belassen, so waren keine direkten Nachteile erkennbar. Lediglich die Verfügbarkeit über sein Geld war für den Kaufmann Becker eingeschränkt. Er konnte nur an den Öffnungszeiten der Bank Geld entnehmen oder hinzufügen. Der Bank musste zwar eine Gebühr für die Verwahrung des Geldes bezahlt werden, jedoch waren die Kosten hierfür bei weitem geringer als bei eigener Verwahrung und Bargeldzahlungen.
Als indirekt nachteilig kann angesehen werden, dass der ganze Geldvorrat für den eigentlichen Zweck der Bank nicht erforderlich war. Da das Geld ja als Buchgeld in der Wirtschaft zirkulierte, fehlte auch kein Geld im Wirtschaftskreislauf. Der Münzschatz lag jedoch brach und reizte so zu einer unzulässigen Verwendung. Auch die ansonsten als sehr solide geltende Bank von Amsterdam konnte von diesen zusätzlichen Geschäften nicht Abstand halten. Die heimliche Kreditvergabe an die "Ostindische Kompagnie" führte schließlich zu einer ernsthaften Existenzkrise der Bank.[1]Zwar waren die Kredite durch Aktien der "Ostindischen Kompagnie" abgesichert, diese konnten jedoch nicht so schnell flüssig gemacht werden. Die Bank wurde "zahlungsunfähig" obwohl entsprechende Eigentumswerte vorhanden waren. Diese Zusammenhänge wurden offensichtlich erst später entdeckt. Otto Hübner erkannte 1854 die Probleme, welche bei unterschiedlichen Laufzeiten von Krediten und Einlagen entstehen [2]. Selbst die hochgeachtete "Bank von England" musste einige Male die Auszahlung von Bargeld aussetzen. Dies gelang nur mit Hilfe des "Suspention act" der Regierung[3], erstmalig 1697, drei Jahre nach Gründung der Bank.
Einzelnachweise
<references >
- ↑ Banken Meyers Großes Konversations-Lexikon
- ↑ Otto Hübner: Die Banken Leipzig 1854. Leipzig 1854.
- ↑ "Um die Existenz nicht zu gefährden, wurde 1797 die Goldeinlösungspflicht aufgehoben. Die sogenannte ”suspension period” dauerte bis 1825.""Geld und Kredit" Uni Hamburg 2004, Seite 16