Georg Friedrich Knapp: Chartalismus

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Georg Friedrich Knapp wird auch als Begründer des „Chartalismus“ gesehen.

„Denn die "Chartalität" ist nichts anderes als die Proklamation durch Verwendung geformter Zahlungsmittel.“ (S. 29)

Er geht davon aus, dass am Anfang des Zahlungsverkehrs erst Erze und danach Edelmetalle abgewogen und als Zahlungsmittel verwendet wurden. In einem nächsten Schritt wurden gleichgroße Stücke des Edelmetalls abgetrennt, sodass der Aufwand des Abwiegens bei jeder Zahlung entfiel und nur die Stücke gezählt wurden, um daraus die Zahlungssumme zu bilden. An dieser Stelle war es noch gleichgültig, ob die Stücke nach ihrem Materialwert oder aber dem vom Staat zugewiesenen Nennwert verwendet wurden. Ein Problem entstand jedoch durch die Abnutzung der Stücke. „[...] gelten die Stücke nach dem Gewicht? Wenn ja hat man noch “pensatorische Zahlung“ . Oder gelten die Stücke nach der Proklamation? Dann hat man „Chartalstücke“ (S. 29).

„Die Geltung durch Proklamation wird gewöhnlich als Nennwert bezeichnet, und hauptsächlich hervorgehoben als Gegensatz zu einem sogenannten „inneren Wert“ der Geldstücke, welcher auf dem Gehalt an edlem Metall beruhe“ (S. 25). Diese morphisch, proklamatorischen Geldstücke nennt Knapp „chartale Stücke“ Hierbei verwendet er das lateinische Wort „Charta“ im Sinne von Marke. Marke wie die Garderobe-Marke im Theater oder die Briefmarke als Zeichen dafür, dass die Portogebühr entrichtet wurde. „Unsere Zahlungsmittel nun, die Münzen oder Scheine, haben die genannten Eigenschaften ebenfalls; sie sind Zahlmarken, das heißt Marken, die als Zahlungsmittel dienen." (S. 26)

Zur Bestimmung eines „Geldstückes“ gehört neben der Beschreibung der physischen Eigenschaften zwingend auch die Wertbeimessung in der Rechtsordnung.

Chartalität und pensatorische Verwendung schließen einander aus, [...]“ (S. 28). „[...] durch die Chartalität wird der stoffliche Gehalt der Stücke zu einem nur begleitenden Umstand, [...] Halten wir nur dies eine fest, daß autogenische Zahlungsmittel durch die Chartalität möglich werden.“ (S. 30)

Autogenische Zahlungsmittel sind solche, die nicht zur Gruppe der Waren-Zahlungsmittel (hylogenische) gehören, also Papiergeld und ähnliche. Über den Chartalismus gelangt Knapp dann zum Begriff Geld:

„Die Definition des Geldes ist: chartales Zahlungsmittel.“ (S. 31)

Spricht man heute über Chartalismus, wird Knapps Ursprungidee erweitert und gleichzeitig der eigentliche chartale Ursprung fallen gelassen. Heutiges Geld besitzt nur noch in Form des Bargeldes den ursprünglich chartalen Charakter, aus zählbaren Einheiten mit staatlicher Setzung bestehend. Auch Buchgeld wird heute zum chartalen Geld gezählt, obwohl Knapp diese Zuordnung noch eindeutig verneinte.

„Hingegen ist die Girozahlung grundsätzlich von der Zahlung in Banknoten verschieden, daß dabei keine „Stücke“ verwendet werden; die Chartalität ist also ausgeschlossen, weil Stücke fehlen, an welche die Chartalität sich juristisch anheftet. Der Begriff von Zahlung, bisher durchaus an Überlieferung von Stücken gebunden, muß also nochmals erweitert werden, wenn wir der Girozahlung gerecht werden wollen.“ (S. 133)

Zirkulatorische Befriedigung

Wird ein Zahlungsmittel bei der Zahlung abgewogen, stehen dem Empfänger zwei Nutzungszwecke offen. Er kann das Zahlungsmittel technisch verwenden, z. B. eine Goldmünze einschmelzen und daraus ein Schmuckstück anfertigen oder aber es als Tauschmittel verwenden. Bei letzterem spricht Knapp von zirkulatorischer Verwendung und erwähnt, dass dem Empfänger Art und Menge des Stoffes bei der zirkulatorischen Verwendung gleichgültig seien. Eine sehr theoretische Sichtweise, da der Empfänger immer werthaltige Edelmetallmünzen einem Papierzettel vorziehen wird, da der Wert eines Papierzettels bei einer Inflation ganz verschwinden kann. Die Goldmünze hingegen wird ihren Wert behalten, auch ohne jegliche staatliche „Proklamation“.

Echtes Papiergeld

Wenn Knapp von „echtem Papiergeld“ spricht meint er damit das Papiergeld des Staates, welches als gesetzliches Zahlungsmittel deklariert wurde. Er wehrt sich gegen den Einwand, dass diese Zettel nur Schuldverschreibungen des Staates darstellten, also nur eine „vorläufige Befriedigung“, welche erst durch Lieferung von Gold- oder Silbermünzen erfüllt würde.

Definitives Geld

„Im staatlichen Geldsystem muss es jedenfalls eine Geldart geben, welche definitiv ist. Der Gegensatz zum definitiven Gelde ist das provisorische (einlösbare) Geld. Es muss also jedenfalls eine uneinlösbare Geldart geben - aber durch diese Bezeichnung ist nur eine Negation ausgedrückt. Woran erkennt man das definitive Geld? Wenn eine Zahlung in definitivem Gelde geleistet wird, so ist dies Geschäft vollkommen erledigt und zwar nach drei Seiten hin: erstens für den Geber, zweitens für den Empfänger und drittens für den Emittenten des Geldes. Der Geber hat keine weitere Pflicht; der Empfänger hat kein Recht mehr gegenüber dem Geber; aber noch mehr: der Empfänger hat kein Recht mehr gegenüber dem Staat, wenn dieser der Emittent des Geldes ist.“ (S. 92)

Damit stellt auch eine Zahlung mit „echtem Papiergeld“ eine endgültige Zahlung dar, ohne weitere Verpflichtungen des Emittenten des Papierscheins.

Funktionelle Unterscheidungen der Geldarten

Als Folge von regiminalen Vorschriften entstehen weitere Unterscheidungen der Geldarten, welche nicht genetisch sondern funktionell sind. Sie betreffen die Verwendung der Geldarten je nach Art der Zahlung und die Vorschriften darüber.

„So entstehen die Fragen, ob eine Geldart obligatorisch ist oder nicht; ob sie definitiv ist oder nicht; endlich: ob sie valutarisch ist oder nicht: lauter technische Ausdrücke, die noch zu erläutern sind.“ (S. 85)

Knapp beginnt mit einer Abgrenzung des Geldsystems des Staates von anderen Geldsystemen.

„Nicht die staatliche Emission darf das Kennzeichen sein, sonst werden Geldarten ausgeschlossen, die unter Umständen von größter Bedeutung sind; ich meine hier die Banknoten; sie sind nicht von staatlicher Emission, treten aber mitunter in das Geldsystem des Staates ein. Auch nicht der allgemeine Annahmezwang kann als Kennzeichen verwendet werden, denn es gibt in den staatlichen Geldsystemen sehr häufig Geldarten, denen dieser zwar nicht beiwohnt (wie z. B. bei uns die sogenannten Reichskassenscheine diesen Zwang nicht haben). [...] Zum staatlichen Geldsystem gehören demnach alle Zahlungsmittel, mit denen man Zahlungen an den Staat leisten kann. Hiernach ist nicht die Emission entscheidend, sondern die Akzeptation, wie wir es nennen wollen.“ (S. 86)

oder anders ausgedrückt:

„Das Geld eines Staates wird nicht am allgemeinen Annahmezwang erkannt, sondern an der Annahme bei den öffentlichen Kassen.“ (Vorwort S. VI)

Die weiteren Unterscheidungen in obligatorische, definitive und valutarische Geldarten sind spezielle Differenzierungen von chartalem Geld, welche jedoch nichts zu den wesentlichen Grundlagen seiner Theorie beitragen und deshalb auch nicht behandelt werden.

Einzelnachweise

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