Eine freie, nicht von der öffentlichen Gewalt gelenkte, keiner Zensur unterworfene Presse ist ein Wesenselement des freiheitlichen Staates; insbesondere ist eine freie, regelmäßig erscheinende Presse für die moderne Demokratie unentbehrlich. […]
In ihr artikuliert sich die öffentliche Meinung. […]
In der repräsentativen Demokratie steht die Presse zugleich als ständiges Verbindungs- und Kontrollorgan zwischen dem Volk und seinen gewählten Vertretern in Parlament und Regierung.
Das Bundesverfassungsgericht am 05.08.1966Noch immer scheint das Vertrauen der Bevölkerung in die Medien groß genug zu sein, um zu glauben, dass diese ihrem Auftrag, Misstände aufzudecken, auch nachkommen. Im Folgenden stellvertretend einige Beispiele, die veranschaulichen sollen, dass das mit dem Vertrauen unter Umständen keine gute Idee ist:
In einer Rede im Jahre 2008 sagte der amerikanische Journalist Dan Rather, nachdem er zunächst die Situation in den 70er Jahren schildert, folgendes über die heutigen Verhältnisse:
Aber heutzutage ist es schwer ein großes Nachrichtenmagazin zu finden, dass jemandem gehört, der sagen kann: „Die Macht des Geldes endet hier.“ Ich habe es bereits gesagt und sage es wieder – das heute wahrscheinlichere Motto ist: „Nachrichtenübermittlung endet dann, wenn das Kohle scheffeln ins Spiel kommt.“ Im vergangenen Vierteljahrhundert sind Amerikas größte und wichtigste Nachrichten-Organisationen einer Fusion nach der anderen und einer Übernahme nach der anderen zum Opfer gefallen. Bis zu dem Zustand, in dem sie nur noch winzige Teile in großen, internationalen Unternehmensgebilden sind; Unternehmen, deren ursprüngliches Gewerbe oft nichts mit Nachrichten zu tun hatte. [...] Diese Unternehmen, die öffentlich geführt und gehandelt werden, haben als ihren allumfassenden, bestimmenden Auftrag, einen Gegenwert für die Aktionäre bereit zu stellen. Und, nicht langfristig, sondern vierteljährlich oder noch früher, die Profite zu erhöhen. Man mag sich fragen, wie Nachrichten in dieses Muster passen. Und wenn sie wirklich eine Antwort brauchen, dann können sie ihren Fernseher einschalten, wo sie einige, wenn nicht alle der folgenden Beispiele sehen werden: Sie werden politische Berater sehen, die, bewaffnet mit nicht mehr als den Themen des Tages, zu Teilnehmern an Anschrei-Wettbewerben zwischen Anhängern verschiedener Parteien reduziert werden. Wertvolle Zeit und Mittel werden an so genannte “Geschichten von menschlichem Interesse“ verschwendet: Prominenten-Unsinn, Sensations-Gerichtsverfahren und Klatsch. So genannte „Politische Debatten“, bei denen das einzige was ganz sicher nicht passieren wird, aufrichtige Debatten sind. Und bei denen die Fragen, die die Öffentlichkeit wirklich beschäftigen, selten, wenn überhaupt jemals gestellt werden.
[...]
Aber alle diese Dinge, diese Mängel, machen eigentlich nur eines deutlich: In diesem momentanen System der Beteiligungsverhältnisse der großen internationalen Geschäftskonzerne ist der Anreiz, anständige und wertvolle Nachrichten zu produzieren, einfach nicht existent.
Rede von Dan Rather:
Falls der Video hier nicht zu sehen sein sollte, hier die Adresse: myvideo.de/watch/7685856/Dan_Rather_Ein_Journalist_rechnet_abDan Rather - Infos zur Person deutsch:
http://de.wikipedia.org/wiki/Dan_Rather Dan Rather - Infos zur Person englisch:
http://en.wikipedia.org/wiki/Dan_Rather ...
Dass es auch um die öffentlich-rechtlichen Medien nicht allzu gut bestellt ist, zeigt die Reportage „Strippenzieher und Hinterzimmer - Meinungsmacher im Berliner Medienzirkus“. Zitat:
Wer dachte, dass die neuesten Nachrichten aus der Politik immer auf Pressekonferenzen vermeldet werden, irrt gewaltig. Denn das, was Politiker gern in die Öffentlichkeit bringen wollen, wird ausgesuchten Journalisten in Hinterzimmern eingeflüstert. Je nach Interessen und politischer Couleur sind die Pressevertreter in solchen Hintergrundkreisen handverlesen. Niemand soll davon wissen, kein Außenstehender bekommt Einblick in diese verborgene Szene.
Interessant die Aussagen von Journalisten in dieser Reportage. Die Journalistin Dagmar Seitzer, im ARD-Hauptstadtstudio tätig und Mitglied im Hintergrundkreis "Das Rote Tuch" sagt z.B.:
Wir handeln geheime Dinge ab. Und zwar: Wir wollen Politik verstehen und das muss ein Zuschauer oder Zuhörer oder Leser nicht erfahren. Sondern er muss dann nur verstehen, was wir sagen.
Und Ulrike Hinrichs, Ex-Redakteurin ZDF 'Frontal 21' meint gar:
Der Mehrwert besteht einfach darin, dass wir die Wahrheit erfahren und die dann - so bitter es für manche auch ist - nicht schreiben oder senden dürfen.
Das hört sich schon erschreckend an und man fragt sich, wie es überhaupt so weit kommen kann. Andererseits kann man zu Recht darauf hinweisen, dass diese Reportage vom öffentlich-rechtlichen Fernsehen produziert und auch gesendet wurde. Gott sei Dank ... Aber einschränkend darf hinzu gefügt werden, dass in dieser Reportage zwar auf diese Umstände aufmerksam gemacht wird, der Bürger aber dennoch keine Aufklärung erfährt, was es mit den Heimlichtuereien von Journalisten und Politikern tatsächlich auf sich hat. Details über diese sog. "Hintergrundkreise" erfahren wir nicht...
Ausschnitt 'Strippenzieher und Hinterzimmer':
'Strippenzieher und Hinterzimmer' 1:
'Strippenzieher und Hinterzimmer' 2:
'Strippenzieher und Hinterzimmer' 3:
'Strippenzieher und Hinterzimmer' 4:
'Strippenzieher und Hinterzimmer' 5:
...
Anlässlich der Verleihung des Berliner Journalistenpreises 2010 "Der lange Atem" sagt einer der Preisträger, Harald Schumann, u.a. folgendes:
... einen wichtigen Punkt der Pressefreiheit, der in Deutschland fast nie zur Sprache kommt, und zwar die innere Pressefreiheit in den Redaktionen; die ist nämlich keineswegs überall gegeben.
[…]
Es kommt immer noch sehr häufig vor, dass Kollegen, die eine hervorragende Arbeit gemacht haben, die hervorragend schreiben und recherchieren, nicht das schreiben dürfen und können, was eigentlich der Wahrheit entspricht, sondern es wird zurecht gebogen, klein gemacht, zurecht gekürzt, wenn es den jeweiligen Gesinnungen, Absichten und Interessen ihrer Vorgesetzten nicht entspricht.
In einem anschließenden Interview antwortet er auf die Frage „Sie nehmen ausdrücklich die öffentlich-rechtlichen Anstalten nicht aus, warum?“ mit diesen Worten:
Weil ich genügend Kollegen aus öffentlich-rechtlichen Anstalten kenne, die mir genau solche Geschichten berichtet haben und mir das hunderfach bestätigt haben.
"Informationsdiktat in Medienredaktionen":
...
Zu guter letzt nun noch ein aktuelles Beispiel, eine Aussage von Prof. Max Otte während eines Vortrages im Rahmen des diesjährigen „Kongresses Unabhängiger Medien“ in Hannover. Leider wurde nur der erste Teil dieses Vortrages veröffentlicht, der zweite bleibt unter Verschluss ...
... und aus meiner Sicht sind wir mittlerweile in einer grenzenlosen Herrschaft der Konzerne, die auch letztlich die Art und Weise, wie Informationen funktionieren, diktiert. Da gibt's viele Beispiele für. Natürlich haben wir noch die Ö.-R. Medien in Deutschland, in vielen anderen Ländern kaum noch, Deutschland steht noch relativ gut da, bis auf bestimmte, zentrale Themen, die in unserem Gemeinwesen eben Tabu sind. Die dürfen sie nicht angreifen, dann werden sie abgeschossen. Deswegen schalten wir auch im zweiten Teil ab ...
[...]
Aber was passiert, wenn sie als öffentlich-rechtliches Fernsehen oder Rundfunk anfangen, Werbegelder zu nehmen? Sie richten sich ja nicht mehr nach der Grundfinanzierung, sondern sie richten sich nach dem zusätzlichen Euro, und das heißt, sie kommen automatisch in dieselbe Dynamik rein, wie private Sender. Sie machen mehr oder weniger das, was man ihnen bezahlt ...
Vortrag Max Otte (ab 7:22):
Kongress der Unabhängigen Medien:
http://www.2011.bcg2009.de/...
Viele Informationen zu den Medien auch unter:
http://www.kannnichtsein.com/Viele Informationen zu den Medien auch unter:
http://www.nachdenkseiten.de/Edit: Hab versucht, den Video von Rather's Rede besser einzubinden ........