Autor Thema: Jan-Henrik Boslak / Torben Mark Oehler: Staatlich gebilligte Bilanzfälschung  (Gelesen 6470 mal)

Matthias

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Der Rechtsanwalt Jan-Henrik Boslak und der Diplom-Kaufmann Torben Mark Oehler haben eine brisante Pressemitteilung über die "Bananenrepublik Deutschland" veröffentlicht, die in das Schema des vom Staat geduldeten Betruges großer Konzerne passt:


Staatlich gebilligte Bilanzfälschung – eine hausgemachte Finanzkrise
- Deutschlands Unternehmen bilanzieren wie es ihnen beliebt -
 
Soll oder Haben: Die Unternehmen sollen nach dem Handelsgesetzbuch (HGB) bilanzieren, haben aber ihre eigene Rechnungslegungsauslegungen. Falsche Bilanzen forcieren Marktverzerrungen und Finanzkrisen. Die Verantwortlichen bei dem elektronischen Bundesanzeiger, der BaFin, der Bundesbank und dem Bundesamt für Justiz sehen aber keinen Handlungsbedarf und die Politik schaut weg! Abhilfe ist nicht erwünscht! Es herrschen inzwischen Zustände, wie in einer Bananenrepublik!

… Wenn aber eine Kapitalgesellschaft ihrer Pflicht zur Aufstellung gemäß § 264 HGB und der Veröffentlichung des Jahresabschlusses gemäß § 325 HGB nachkommen soll, so ist offenbar jegliche Kreativität in der Auslegung der Darstellung dieses Jahresabschlusses genehm. Auf der Internetseite des elektronischen Bundesanzeigers, www.ebundesanzeiger.de, müssen alle Kapitalgesellschaften in Deutschland ihre Jahresabschlüsse veröffentlichen. Diese enthalten je nach Größe des Unternehmens und der entsprechenden handelsrechtlichen Regelung die Bilanz, die Gewinn- und Verlustrechnung, einen Anlagenspiegel, einen Lagebericht, einen Anhang und eine Ergebnisverwendung.
[...]
Bei einer reinen formal-juristischen Überprüfung im Sinne des Handelsgesetzbuches und unter Berücksichtigung der Grundsätze der ordnungsgemäßen Buchführung hat sich herausgestellt, dass etwa 95 % dieser Jahresabschlüsse fehlerhaft sind. Dabei haben die verantwortlichen Prüfer der Firma für Unternehmensbewertung 2QIA und Autoren diese Artikels, die diesen Misstand entdeckten, festgestellt, dass nicht nur wenige und kleine Flüchtigkeitsfehler im Aufbau der Jahresabschlüsse gemacht werden. Im Gegenteil: Etwa 60 – 70 % aller Jahresabschlüsse enthalten eine nicht unerhebliche Menge an Fehlern, teilweise sogar grobe Fehler, und etwa 30- 40 % der veröffentlichten Jahresabschlüsse sind derart fehlerhaft dargestellt, dass sie nicht mehr nachvollziehbar sind. Das bedeutet, dass diese Jahresabschlüsse nicht mehr der Aufgabe gerecht werden, ein für jeden Kunden, Geschäftspartner oder Kreditgeber klares Bild über die wirtschaftliche und finanzielle Lage des jeweiligen Unternehmens abzugeben.

Bezug zur Finanzkrise

… Wer sich bislang immer gefragt hat, wie es denn sein kann, dass bei manchen Unternehmen die Zahlungsunfähigkeit scheinbar aus heiterem Himmel fällt, findet hier eine mögliche Antwort. Ein besonders katastrophales Beispiel und auch einen Art Synonym für die Finanzkrise in Deutschland ist die Hypo Real Estate. Die im ebundesanzeiger veröffentlichten Jahresabschlüsse sind an Unübersichtlichkeit wie auch an formeller als auch inhaltlicher Fehlerhaftigkeit kaum mehr zu überbieten. Da wundert es den gewissenhaften Prüfer nicht, dass dieses Finanzinstitut völlig falsch bewertet wurde.
[…]
Gemäß § 331 HGB ist die unrichtige Wiedergabe oder die Verschleierung eines Jahresabschlusses eine Straftat. Daneben können regelmäßig auch die Tatbestandsvoraussetzungen der Urkundenfälschung gemäß § 267 StGB und die des Betrugs gemäß § 263 StGB erfüllt sein.
[...]
Systematische Marktverzerrung
[…]
Diese Bemessungsgrundlage entspricht den an die Vorstände / Geschäftsführer bzw. leitenden Angestellten verteilten Boni, die anhand der meisten veröffentlichten Jahresabschlüsse nicht schlüssig erklärt werden können. Verteilt also eine Bank opulente Boni an ihre Mitarbeiter, kann es sein, dass diese Boni von den Aktionären der Bank wegen des fehlerhaften und damit nicht überprüfbaren Jahresabschlusses nicht nachvollzogen werden können. So können sich die Banker mittels kreativer Jahresabschlussgestaltung die Taschen füllen.

Bundesanzeiger sieht keinen Handlungsbedarf

Auf Nachfrage bei der Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, die den ebundesanzeiger betreibt, fühlte sich der Geschäftsführer Herr … nicht für die Überprüfung formal-juristisch fehlerhaften Veröffentlichungen verantwortlich. Er sehe auch keinen Handlungsbedarf.
[…]
Außerdem war Herr ... der Meinung, es könne in der derzeitigen wirtschaftlichen Lage wohl nicht politisch gewollt sein, dass den Unternehmen noch mehr Auflagen bzw. Kosten zugemutet werden. Mit einer derartigen Argumentation kann man Drogenabhängigen auch die Beschaffungskriminalität gestatten. Auf weitere Nachfrage wies Herr Schuld die Zuständigkeit für die Überprüfung des ebundesanzeigers hinsichtlich der Falschveröffentlichungen mit der Begründung von sich, dass er keine Rechtsgrundlage dafür sehe. Der ebundesanzeiger hat allerdings auf seiner Internetseite unter der Kategorie „Wissenswertes / Jahresabschluss/Offenlegung“ folgendes veröffentlicht:

„Jahresabschlussunterlagen sind beim Bundesanzeiger Verlag einzureichen − nicht beim Bundesministerium der Justiz (BMJ) und nicht beim Bundesamt für Justiz (BfJ). Allein der Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers, der die fristgerechte und vollständige Einreichung der Unterlagen prüft, ist der richtige Adressat. Er unterrichtet gemäß § 329 Abs. 4 HGB bei Verstößen gegen die Offenlegung das Bundesamt für Justiz, das bei nicht ordnungsgemäßer Offenlegung ein Ordnungsgeldverfahren einleitet und Verstöße wegen unterlassener oder unvollständiger Publikation durch die Verhängung von Ordnungsgeldern in Höhe von mindestens 2.500,- EUR bis maximal 25.000,- EUR ahndet.“
[...]
Falsche Freiheit und Verantwortungslosigkeit

Bei dem Bundesamt für Justiz wurde seitens einer Mitarbeiterin, Frau … (Name geändert), bemerkt, dass der Bundesanzeiger nur formell prüfe bzw. überprüfe, ob alle Bestandteile in den Jahresabschlüssen vorhanden seien. Hinsichtlich der Darstellungsform sei man als Verantwortlicher einer Kapitalgesellschaft aber frei. Mit anderen Worten: Ganz egal, was im Handelsgesetzbuch steht, die Darstellung könne der eigenen Kreativität überlassen werden - scheinbar unabhängig davon, ob der Sinn und Zweck eines Jahresabschlusses, ein für jeden Kunden, Geschäftspartner oder Kreditgeber klares Bild über die wirtschaftliche und finanzielle Lage des jeweiligen Unternehmens abzugeben, gewahrt bleibt oder nicht! Als die Bundeskanzlerin im Rahmen der ersten Haushaltsdebatte dieses Jahres die „Freiheit in Verantwortung“ als Ziel proklamierte, hat sie hoffentlich nicht die Darstellungsfreiheit bei Jahresabschlüssen gemeint.
[…]
Die Politik schaut weg

Eine telefonische Nachfrage bei dem Bundesjustizministerium (BMJ) zu der Problematik ergab interessante und zugleich erschreckende Informationen. Herr ... (Name geändert) wies darauf hin, dass es kein Verfahren für die Aufdeckung materieller Fehler gäbe. Das ist wegen des großen Aufwands auch nachvollziehbar. Er meinte, dass das BMJ für die Überprüfung der Jahresabschlüsse nicht zuständig sei. Er verwies in dem Zusammenhang auf die Zuständigkeit des BfJ, das allerdings personell mit ca. 100 Mitarbeitern dafür völlig unterbesetzt sei. Und außerdem sei der Bundesanzeiger für die Prüfung der Vollständigkeit der Jahresabschlüsse zuständig. Aber auch dort sei kein ausreichendes Personal verfügbar, um dieser Aufgabe tatsächlich nachkommen zu können.
[...]
Herr Bannasch begründete diese Politik damit, dass solche Überprüfungen in Zeiten der Wirtschaftskrise nicht gewünscht seien. Denn es soll dereguliert werden, d.h. die Zügel sollen eher lockerer gelassen werden, damit sich die Wirtschaft wieder erholen könne.
[...]
Deutschland – eine Bananenrepublik

… der Staat mit seinen vielen zahnlosen Tigern – den (nicht-)zuständigen Behörden – fördert scheinbar Unaufrichtigkeit und sogar kriminelles Verhalten. Die kleinen Sünder werden gepackt und die Großen dürfen sündigen, soviel sie wollen. Das erinnert unweigerlich an George Orwells Roman „Farm der Tiere“: „Manche Tiere sind gleicher als andere!“ So funktionieren Bananenrepubliken. In der Wirtschaftswoche (WiWo) vom 25.01.2010 wurde in dem Artikel „Das Schweigen vom Rhein“ die (Un-)Tätigkeit der BaFin beschrieben. Dabei scheint die BaFin „vorgekaute“ Jahresabschlüsse zur Überprüfung zu bekommen. Die Bundesbank wertet diese Jahresabschlüsse offenbar aus und gibt diese Auswertungen bzw. die Zusammenfassungen dieser Auswertungen an die Bafin zur Überprüfung weiter. Demnach überprüft die BaFin keine Originale. Wie soll die BaFin dann über die Banklizenvergabe entscheiden können? Weiter steht in dem Artikel, dass die zuständige Beamtin glaubt, manche Bankvorstände hätten die simpelsten Vernunftsprinzipien nicht angewendet. Es geht hier nicht um Glauben, sondern um konkrete Zahlen. Bei der Überprüfung von Banken gilt es, sich Gewissheit über die Wirtschafts- und Finanzlage der jeweiligen Institute zu verschaffen. Das geht zum Beispiel durch die korrekte Auswertung der originalen Jahresabschlüsse. Auch wenn dadurch nur die Mangelhaftigkeit dieser Jahresabschlüsse und damit die Inkompetenz bzw. die Unseriosität der Bankvorstände und der Wirtschaftsprüfer festgestellt werden kann. Anhand dieser Überprüfung kann sich die BaFin erst in die Lage versetzen, gezielt nach bestimmten Risiken zu fragen.

Abhilfe ist nicht erwünscht

Zum Schluss sei die Frage an die Verantwortlichen der Behörden und des Bundesanzeigers erlaubt: Wozu gibt es eine an sich sinnvolle und wichtige Einrichtung wie den ebundesanzeiger, wenn dieser derart stiefmütterlich behandelt wird, dass er völlig unbrauchbar ist und sogar Lug und Betrug Tür und Tor öffnet?


...

Der ganze Text:

http://www.2qia.de/pages/beitrag-vom-04.02.2010.php

oder:

http://www.openpr.de/news/394773/Staatlich-gebilligte-Bilanzfaelschung-eine-hausgemachte-Finanzkrise.html

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If you have an apple and I have an apple and we exchange these apples then you and I will still each have one apple. But if you have an idea and I have an idea and we exchange these ideas, then each of us will have two ideas.
  --  George Bernard Shaw

Matthias

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Plusminus - Wie Banken ihre Bilanzen frisieren
« Antwort #1 am: 24. Juli 2011, 11:39:57 »

Eine Beitrag bei Plusminus (ARD) vom 25.11.08 - Bilanzwunder - Wie Banken ihre Bilanzen frisieren



Wieder mal ein Beispiel, was Banken alles so anstellen können (auf Kosten der Steuerzahler) ...


Plusminus vom 25.11.08 - Bilanzwunder - Wie Banken ihre Bilanzen frisieren



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« Letzte Änderung: 24. Juli 2011, 11:49:04 von Matthias »
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