Autor Thema: David Graeber: Schulden - die ersten 5000 Jahre  (Gelesen 5365 mal)

Matthias

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David Graeber: Schulden - die ersten 5000 Jahre
« am: 05. September 2012, 14:43:37 »

Wer die Welt verstehen möchte, lese dieses Buch! Alles, was wir für "wahr" halten, gerät ins Wanken!
Auf der Grundlage unzähliger Quellen - historischen, anthropologischen, archäologischen - beschreibt Graeber die Entstehung dessen, was wir heute haben und erstaunlicherweise deckt sich das weitgehend mit dem von P.C. Martin und den Debististen im Gelben Forum erarbeiteten Erkenntnissen. Wer sich wundert, warum dort so mancher vom Staat als "Mafia" spricht, findet das spätestens nach der Lektüre dieses Buches heraus.

Und: Eine Tauschwirtschaft hat es nie gegeben; Graeber bringt das so auf den Punkt:
Zitat
Seit Jahrhunderten suchen Forscher mittlerweile nach diesem sagenhaften Land des Tauschhandels – alle ohne Erfolg.


Alles, was wir aus dem Geschichtsbuch und heute höchstens vom "Rande" der Gesellschaft oder der Welt kennen, hat seinen Ursprung in diesem System: Schulden, Sklaverei, Prostitution, Krieg, Gewalt, Zwang usw.usf. ...

Einstmals waren wir alle gleich und frei!
Vor etwa 5000 Jahren begann die Unterteilung der Menschen in "oben und unten"...


Achja, Günter, was du hier beschreibst (http://www.um-bruch.net/uforum/index.php?topic=212.msg1499#msg1499), widerspricht zahlreichen Untersuchungen bei Kleinkindern. Leider habe ich keine Quelle zur Hand, aber die Ergebnisse waren allesamt eindeutig. Von Geburt an denken wir sozial und verfügen über einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn und teilen, was wir haben.
Das wird uns "aberzogen". Wir werden dressiert, Gier zu entwickeln, ja wir sind gut dressierte Hunde, damit wir uns schön brav krumm machen und unsere Abgaben leisten ...

In Graebers' Buch gibt es ein schönes Beispiel (aus Grönland) des dänischen Schriftsteller Peter Freuchen. Der kehrt eines Tages von einer erfolglosen Jagd nach Hause zurück und sieht einen Inuit, der mehrere hundert Pfund Fleisch bei ihm ablädt. Freuchen bedankt sich herzlich, der Eskimo aber reagiert abweisend und sagt:

Zitat
Oben in unserem Land sind wir Menschen! Und weil wir Menschen sind, helfen wir einander. Wir hören es nicht gern, wenn sich jemand dafür bedankt. Was ich heute bekomme, bekommst morgen vielleicht du. Hier oben sagen wir, dass man mit Geschenken Sklaven macht und mit der Peitsche Hunde.



In diesem Sinne: UNBEDINGT LESEN!


.....

If you have an apple and I have an apple and we exchange these apples then you and I will still each have one apple. But if you have an idea and I have an idea and we exchange these ideas, then each of us will have two ideas.
  --  George Bernard Shaw

Matthias

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Ergänzung
« Antwort #1 am: 07. September 2012, 07:54:02 »

Im internen Bereich (http://www.um-bruch.net/uforum/index.php?topic=169.msg1025#msg1025) hatte ich einmal folgendes eingestellt ...

Zitat
... ich habe neulich einen Bericht über Tahiti gesehen (die Südsee hat mich schon immer fasziniert, bin aber nie dagewesen), in dem die Bewohner ihr früheres Leben und das von heute geschildert haben.
Früher haben die Menschen das zum Leben notwendige erarbeitet und es blieb viel Zeit, um zu "leben". Man hat gekocht, hatte fast jeden Tag Freunde zu Gast oder war eingeladen. Heute sind alle damit beschäftigt, Geld zu verdienen, um sich irgendwelchen Schnickschnack kaufen zu können, der sie angeblich glücklich macht. Es ist verrückt, man hört sich das an und kann einfach nicht verstehen, warum die Menschen das (von ihnen selbst so geschilderte schönere Leben) freiwillig aufgeben ...


Eine Antwort auf die Frage, wie das möglich ist, liefert Graeber anhand eines Beispiels aus Madagaskar. Beim Lesen erkennt man auf einmal so manche Zusammenhänge und merkt, wie sehr wir von Dingen geprägt werden, die uns den Blick auf die Realität (die eben leider nicht allzu schön ist) verstellen.
Plötzlich erschließt es sich einem, weshalb es so wichtig es ist, "Demokratie und Freiheit" in den letzten Winkel der Erde zu exportieren. Man sichert sich auf hinterlistigste Art und Weise "Tribut" & Profit ...

Ist mir nur noch eingefallen ...

.....

« Letzte Änderung: 10. September 2012, 18:12:47 von Matthias »
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Mumken

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Re: David Graeber: Schulden - die ersten 5000 Jahre
« Antwort #2 am: 08. September 2012, 07:14:53 »
Zum Thema "David Graeber: Schulden - die ersten 5000 Jahre" noch einige Informationen vom Deutschlandfunk:

David Graeber ein milder Anarchist.

"Ein Gespenst geht um in Globalistan - das Gespenst der Schulden. So könnte David Graebers monumentales Manifest "Schulden: Die ersten 5000 Jahre" auch anfangen. Denn erstens tritt der Anthropologe und "Occupy"-Aktivist ohne falsche Bescheidenheit wie Marx' und Engels' legitimer Enkel auf. Zweitens ist sein Buch durchaus eine Art neues Kommunistisches Manifest. "

http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/kritik/1763436/

Ein Beitrag des Deutschlandfunks (4 Minuten)

http://www.dradio.de/aodflash/player.php?station=3&broadcast=348686&datum=20120606&playtime=1338968166&fileid=05b314e1&sendung=348686&beitrag=1763436&/

Beste Grüße

Rudi

Matthias

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Schulden, Kapitalismus, Geld
« Antwort #3 am: 01. Oktober 2012, 13:17:42 »

Hallo Rudi,

es ist alles so furchtbar kompliziert und es bleibt das Gefühl, obwohl man schreibt und erklärt, kommt letztlich nicht das an, was man zum Ausdruck bringen möchte. Ist auch nicht schlimm, aber eben anstrengend.
Deshalb bitte ich dich dringend, das Buch von Graeber zu lesen. Dieses Buch ist die Essenz unzähliger Werke der Fachliteratur (und es deckt sich mit den "Forschungen", die man im Gelben Forum über Jahre betrieben hat). Ja, ich empfehle dir, es zu kaufen (weil herausragende Sammlung der Quellen im Buch ...). Die knapp 27 € sollten es dir wert sein. Lass Heinsohn/Steiger erstmal liegen, ist viel zu dröge Theorie und manches auch falsch (wenn auch der Grundgedanke entscheidend ist und zum Ziel führt). Nein, Graeber, ist kein Debitist, nehme auch mal an, er weiß überhaupt nicht, was das ist. Ich hoffe, das kann dich zumindest insoweit überzeugen, hinter den Schriften keine Ideologie zu vermuten.

Ich habe endlich verstanden, was Kapitalismus ist, wo die Wurzeln sind, was Geld ist. Ich habe endlich verstanden, warum ich zuvor nie etwas (wirklich) verstanden habe. Die meisten Menschen tapsen im Dunkeln und ziehen die falschen Schlüsse, weil diese auf falschen Grundlagen beruhen.


Bevor ich jetzt eine Zusammenfassung beginne, möchte ich jedoch erst einmal auf einige Dinge eingehen, die im Vorfeld immer wieder für Verstimmung, Missverständnisse oder was (und warum) auch immer sorgen. Manchmal hilft es ja, sich zu erklären. Ob's reicht, weiß ich auch nicht ...

Die Tauschwirtschaft
Ökonomen beschreiben unsere Wirtschaft als Tauschwirtschaft. Mir hat das noch nie eingeleuchtet. Ich habe das weder im realen Leben beobachten, noch in Geschichtsbüchern finden können.
Ich verbinde mit dem Begriff "Tausch" zuallererst ebenbürtige Partner. Menschen auf Augenhöhe. Ein Tausch setzt in meinen Augen etwas voraus, das ich erübrigen kann, das ich nicht mehr benötige oder eben herzugeben bereit bin, für etwas anderes. Das ist nirgends der Fall. Natürlich gibt es Menschen, die vieles haben. Aber die Mehrzahl der Menschen hat erst einmal nichts. Wie also soll da ein Tausch (auf Augenhöhe!) zustande kommen? Für mich setzt das freie Bürger auf eigenem Land voraus. Ich kann das nirgends erkennen (und es gibt meiner Ansicht nach sehr wohl einen Grund dafür, eben diesen Begriff zu verwenden. Es hört sich eben so "gleich" an) ...

Das vereinbarte Zahlungs-/Tauschmittel
Ökonomen bezeichnen Geld immer wieder als das "universelle" oder "allgemein akzeptierte Tauschmittel", ein "Tauschmittel, auf das sich die Bürger geeinigt haben". Wenn man in Geschichtsbüchern sucht, findet man merkwürdigerweise nirgendwo einen Hinweis, dass sich irgendwann einmal an irgendeinem Ort der Welt "freie Bürger" auf ein "Tauschmittel" geeinigt hätten, mit dem sie ihre "Tauschwirtschaft" vereinfachen. Nirgends! Warum also unbeirrt diese Bezeichnung wählen, obwohl es das so niemals gab? Darüber hinaus ist diese Umschreibung eben nichts anderes als das: eine Umschreibung. Es ist keine Definition, was Geld ist, wie es entsteht usw.



Schulden, Kapitalismus, Geld

Alle Fragen, die wir uns stellen - wo kommt das Eigentum her?, wo hat Geld seinen Ursprung?, ist Gold Geld?, was geschieht da mit dem €? usw. - werden in Graebers Buch (mehr oder weniger) beantwortet.

Eine Anmerkung vorab: Graeber unterscheidet zwischen "sozialen Ökonomien" und "kommerziellen", während Debitisten letzteres als Kapitalismus und unter "wirtschaften" ausschließlich jenes im kapitalistischen Sinne verstehen (eine Erklärung dazu folgt noch). Das nur der Vollständigkeit halber.


Das ganze System beruht auf Schulden

Das war der Satz, den ich, als ich meine Gedanken über "Unser Geldsystem" formuliert habe, glaubte verstanden zu haben. Ich habe mich wohl getäuscht. Als dieser Satz während des Gesprächs vor über zwanzig Jahren fiel, glaubte ich, er beziehe sich auf den Kapitalismus. Als ich "Unser Geldsystem" geschrieben habe, glaubte ich, es beziehe sich eben auf das "Geldsystem". Wie die meisten war ich extrem irritiert, als ich nach und nach erfuhr, wie es sich mit dem Geld tatsächlich verhält. Ich war der festen Überzeugung, da manipuliert jemand unser Geld und das schadet uns allen. Es ist aber wohl etwas komplizierter und eben doch auch nicht.
Nicht nur unsere Vorstellungen vom Geld, sondern auch unsere Vorstellungen von "der Wirtschaft" sind falsch. Im wesentlichen gründen diese noch immer auf den Thesen der Nationalökonomie und dessen Begründer Adam Smith. Dabei wird von einer auf Produktion von Gütern beruhenden (friedlichen) Tauschwirtschaft ausgegangen, aus der sich schließlich Geld- und Kreditwirtschaft entwickelten. Diese Vorstellungen wiederum beruhen vermutlich auf Schriften eines italienischen Bankiers aus dem 16.Jhd. namens Bernardo Davanzati. An diesen Vorstellungen wird bis heute festgehalten, obwohl sie sich nicht belegen lassen, ja in der Forschung der letzten hundert Jahre mehrfach widerlegt wurden. Die Ursprünge des Wirtschaftens, der Märkte und des Geldes sind ganz andere, als wir glauben. Um das ganze zu verstehen - bis heute - ist es unumgänglich, den wirklichen Ursprung zu kennen.

Was unterscheidet Gesellschaften, die "wirtschaften", von jenen, die nicht "wirtschaften"?
Ich habe erst einmal nicht verstanden, was die im "Gelben" damit meinen, schließlich wird doch auch in anderen, "nicht-kapitalistischen" Gesellschaften "gewirtschaftet". Ich konnte es auch gar nicht verstehen, denn wie den meisten Menschen fehlten mir die historischen Kenntnisse und auch ich machte den Fehler, alles, was wir kennen, auf andere Gesellschaften zu übertragen.
In (mehr oder weniger) egalitären Gesellschaften gibt es weder so etwas wie einen Markt, noch Geld oder Eigentum (in unserem Sinne), es gibt keinen Handel und keine Tauschwirtschaft. Alles, was "erarbeitet" wird, sei es durch Jagd, Ackerbau oder Viehzucht, wird geteilt. Es ist Gemeingut. Natürlich existieren Häuser, in denen Familien wohnen, man kann also davon sprechen, dass es ihnen "gehört", ebenso wie die Kleidung, die sie tragen oder andere Gegenstände. Aber niemals sind diese Gegenstand einer wirtschaftlichen Beziehung zu anderen. Häuser werden gemeinschaftlich errichtet. Überschüsse werden gelagert und dann verteilt oder einfach verschenkt. Es gibt keine Ökonomie, wie wir sie kennen (s. Inuit) und es gibt (Achtung!) keine ökonomische Schuld!
Und es gibt demzufolge auch kein Geld, keinen Kredit oder irgend etwas in der Form. Muschelgeld u.ä. hat mit unserem Geld überhaupt gar nichts gemein. Graeber bezeichnet es als Mittel, die einem "sozialen" Zweck dienen. D.h. sie übernehmen die Funktion, Beziehungen innerhalb der Gemeinschaft zu regeln, aber niemals ökonomisch, wie wir das kennen.

Das ist also der wesentliche Punkt: die ökonomische Schuld. Wann und warum taucht irgendwann in der Geschichte die Schuld auf?

Alles nimmt seinen Anfang mit der Gewalt. Mit Unterwerfung, Zwang, Tribut.
Wo kriegerische Auseinandersetzungen über die kurzzeitige Ausübung von Gewalt hinausgehen, indem sie einen anderen Stamm, ein anderes Volk unterwerfen und ihm Tribut aufzwingen - also Abgaben über einen unbestimmten Zeitraum, beginnt die Zivilisation und die Gründung von Staaten. Es bilden sich Herrscher- und Priesterkasten. Mit der Gleichheit ist es vorbei. Und das ist auch die Geburt des Eigentums (im weitesten Sinne). Was bis ins 19. Jahrhundert den Indianern Nordamerikas ein Rätsel war, und manchen Völkern noch heute ist, nehmen wir als vollkommen selbstverständlich hin: Dass irgend jemand behauptet, dieses oder jenes Stück Land sei seines.

Interessant ist vor allem, dass tatsächlich alle großen Weltreligionen innerhalb dieses Schuldensystems entstanden sind. Was ich noch vor gar nicht allzu langer Zeit als weit hergeholt glaubte, ist es gar nicht. Die Erfindung der Schuld und der Gedanke irgendjemand sei irgendjemand anderem etwas schuldig, hat nicht nur massiven Einfluss auf frühere Gesellschaften ausgeübt, sie sind bis heute Teil unserer Kultur und unseres Denkens. Wir sind alle von diesen ökonomischen Zwängen geprägt und unser gesamtes Denken und unsere Moralvorstellungen basieren darauf (und werden bis zum heutigen Tage von den Mächtigen zu ihrem Vorteil benutzt).

P.C. Martin hat noch in "Der Kapitalismus" den Ursprung des Systems in privaten Kreditbeziehungen vermutet (eben in der Not mancher). Erst später hat er das als einen Irrtum erkannt; wie die meisten ist er von falschen Voraussetzungen ausgegangen (ebenso wie Heinsohn/Steiger, soweit ich weiß). Es gab eben niemals irgendwelche "freie" Bauern, die "gewirtschaftet" haben.
Erst mit Tribut und Abgaben entsteht all das, was wir bis heute kennen. Erst daraus entwickeln sich Kredit, Märkte und Geld. Es ist die Not, zum Termin liefern zu müssen (und dies nicht zu können), die zu Armut, Sklaverei und Elend führt. Erst mit der Entwicklung von Staaten entstehen Wirtschaft und Handel und erst mit dem Aufkommen (nichtadeliger) Berufsarmeen taucht das Münzgeld auf.
Im Gegensatz zu unseren Vorstellungen haben Münzen in der einfachen Bevölkerung so gut wie nie eine Rolle gespielt, denn die Menschen waren viel zu arm. Münzgeld war ein Privileg der Reichen und Vornehmen.

Es spielt letztlich keine Rolle, in welcher Form Geld existiert. Oder wie es Graeber ausdrückt: "Geld ist ohne Essenz". "Echtes Geld", wie wir vermuten, gibt es in dem Sinne überhaupt nicht.
In welcher Form Geld erscheint, bestimmt einzig der Staat / die Mächtigen / die Herrscher. Georg Friedrich Knapp hat das in seiner "Staatlichen Theorie des Geldes" (1905) so formuliert:

"Der Staat ist es, der ... aus diesen oder jenen Gründen erklärt, daß die Eigenschaft, Zahlungsmittel zu sein, an bestimmten gezeichneten Stücken als solchen hafte, und nicht am Stoff der Stücke. Er schafft also diesen Tatbestand, den er kraft seiner Gerichtsherrlichkeit aufrecht hält, mögen die Leute sagen, was sie wollen."

Und deshalb ist es unerheblich, ob wir Goldmünzen als Geld verwenden oder Papierscheine oder digitale Zahlen oder Kokosnüsse oder Kartoffeln. Geld kann immer manipuliert werden. Das ist der wesentliche Punkt. Letztlich sind also Diskussionen über das Geldsystem und wie es anders gehandhabt werden müsste, unerheblich.

Das Prinzip des Geldes und die Mittel dieses zur Unterdrückung und Ausbeutung einzusetzen, haben sich die Herrscher zu eigen gemacht. Das funktioniert bis heute. Noch heute zahlt die Welt ihren Tribut an den Bankier der Welt, der über die schlagkräftigste Armee mit den meisten Waffen verfügt: die USA.
Kapitalismus braucht Expansion. Nicht nur der Unternehmen, auch von Staaten (Alles zu beobachten: Vom Stadtstaat zu (kleinerem) Regionalstaat zu Nationalstaat zu Staatenbund (zu "globalem Staat"?)).

Was ermöglicht es, Macht auszuüben? Die Gewalt (Staat), als auch das Geld. Hat man beides in der Hand, hat man alles in der Hand.
Hat man das einmal erkannt und vor allem akzeptiert, regt man sich auch nicht mehr so auf. Man wundert sich auch nicht mehr. Das Schauspiel, dem wir in den vergangenen Jahren beiwohnen "dürfen", zeigt, dass alles nach Plan läuft:
 - jeder Untertan hat sich zu verantworten und haftet mit seinem Eigentum (bis zum Ruin), nur die Mafiabosse und ihre Schergen nicht (Politiker, Banken, Konzerne) ...
 - die Umschuldung Griechenlands wird so lange vorbereitet, bis auch die letzte Bank ihre griechischen Anleihen los geworden ist - und nur der kleine Mann auf der Straße darauf sitzen bleibt ...
 - zum wiederholten Male müssen die Bürger/Steuerzahler Banken "retten", damit diese Staaten "finanzieren"...
 - obwohl kriminelle Machenschaften von Banken und Konzernen seit Jahren bekannt sind, geschieht nichts ...
 - versucht einer, die Menschen mit Kredit zu versorgen (ohne sich überhaupt der Geldschöpfungsmethoden der Banken zu bedienen), wird ihm recht schnell mit Sanktionierung (Knast) gedroht (Es darf selbstverständlich nur eine Mafia geben) ...
 - ein Staat, der hoch verschuldet ist, verlangt von anderen Staaten, ihr "Schuldenproblem endlich in den Griff zu bekommen" ...
 - ein Politiker, der dem "Kasino-Kapitalismus" in Deutschland Tür und Tor geöffnet hat, und der in verantwortlicher Position den Bürgern durch Zockereien der WestLB viele Milliarden € Schaden zugefügt hat, schwingt Reden über die "unerträgliche Gier der Märkte" und wird Kanzlerkanditat der SPD ...
... (kann beliebig und nahezu endlos fortgesetzt werden) ...


Meine Sicht auf die Welt hat sich noch einmal komplett verändert. Plötzlich komme ich auf Gedanken, auf die ich zuvor niemals gekommen wäre. Als junger Kerl habe ich mich für Archäologie interessiert und so manches über die alten Kulturen Lateinamerikas gelesen. Mir war es immer unerklärlich, wie eine hoch entwickelte Kultur wie die der Maya so einfach verschwinden, das gesamte Wissen (Ackerbau, Bewässerungstechniken, Architektur etc.) anscheinend in Vergessenheit geraten konnte. Die Nachfahren leben ja bis heute in der Region. Die einzige Erklärung die ich für mich finden konnte, war die Vermutung, eine gebildete Schicht sei ausgerottet worden (ähnlich wie bei den Kelten die Druiden durch die Römer) und damit das Wissen.
Heute erst komme ich auf die Idee, dass die Menschen vielleicht einfach keine Lust mehr hatten, sich für die Herrscher-Kaste und deren Luxus, deren Kriege und Machtgelüste krumm zu machen und ermorden zu lassen. Sie haben sie zum Teufel gejagt und sind zu ihrer einfachen, bäuerlichen Subsistenz-Wirtschaft zurückgekehrt, um endlich in Frieden und Freiheit zu leben ...
Ist es nicht lachhaft, dass ich auf diesen Gedanken nie gekommen bin?


Damit soll's auch genug sein. Alles im Detail zu erklären würde zu weit führen (und schaffe ich auch einfach nicht). Lies das grandiose Buch von Graeber und von mir aus können wir gerne darüber diskutieren. Bis dahin klinke ich mich erstmal wieder aus.

Viele Grüße,

Matthias


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Re: David Graeber: Schulden - die ersten 5000 Jahre
« Antwort #4 am: 02. Oktober 2012, 17:35:28 »
Hallo Matthias,

habe mir das Buch von David Graeber als eBook heruntergeladen und auf meinem Sony PRS-T1 gespeichert. Leider habe ich mit diesem Gerät jetzt Schwierigkeiten mit der korrekten Wiedergabe. In der von mir gewünschten Schriftgröße verschwinden einfach ganze Satzteile. Werde das Teil wohl nochmals zum Kundendienst zurückbringen müssen. Es kann also noch etwas dauern, bis Du etwas zu dem Buch von mir hörst. :(

Werde während dieser Zeit am Wiki weiterarbeiten. :D

Beste Grüße in den Norden,

Rudi