Autor Thema: Schuldenkrise  (Gelesen 9200 mal)

Halil

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Schuldenkrise
« am: 03. Mai 2012, 15:32:21 »

Die Eurozone braucht eine Vermögensabgabe
Von Harald Schumann


Die Krisenländer der Euro-Zone stecken in einem Teufelskreis des Niedergangs. Eine Vermögensabgabe könnte die Verschuldung reduzieren, ohne die Wirtschaft zu ruinieren. Die Alternative ist der Zerfall der Euro-Zone und ein Megacrash.

http://www.tagesspiegel.de/meinung/schuldenkrise-die-eurozone-braucht-eine-vermoegensabgabe/6581954.html


Mumken

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Re:Schuldenkrise
« Antwort #1 am: 05. Mai 2012, 16:42:00 »
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Die Krisenländer der Euro-Zone stecken in einem Teufelskreis des Niedergangs. Eine Vermögensabgabe könnte die Verschuldung reduzieren, ohne die Wirtschaft zu ruinieren. Die Alternative ist der Zerfall der Euro-Zone und ein Megacrash.

http://www.tagesspiegel.de/meinung/schuldenkrise-die-eurozone-braucht-eine-vermoegensabgabe/6581954.html



Im Text der vorgenannten Meldung wird angeführt:
Zitat
Würde man diese Vermögen, die zu mindestens vier Fünfteln Bürgern aus der Euro-Zone gehören und ohnehin nur Nachfrage nach Finanzanlagen erzeugen, mit einer zweiprozentigen jährlichen Abgabe belegen, ließe sich damit der von Deutschlands Wirtschaftsweisen vorgeschlagene gemeinsame Schuldentilgungsfonds der Euro-Zone planbar und auf lange Frist abtragen.


In Deinem Vorschlag zur Lösung der Krise gehst Du davon aus, etwa 40 Prozent des Volksvermögens ( 6,5 Billionen € x 0,4 = 2,6 Billionen € ) von dieser Vermögensklasse abzuziehen und zum Begleichen der Staats- und Auslandsschulden zu verwenden. Dies jedoch erst nach einem Zusammenbruch des jetzigen Systems.
http://www.um-bruch.net/uforum/index.php?topic=204.msg1351#msg1351

Wie ist Deine persönliche Einschätzung dieses Lösungsansatzes im Tagesspiegel?

Zu diesem Thema existieren ja auch noch andere Vorschläge, welche teilweise bereits vor etlichen Jahren unterbreitet wurden, jedoch bisher wohl wenig Beachtung fanden. Nachfolgend eine kurze Übersicht mit entsprechenden Links zu weiterführenden Informationen. Teilweise überschneiden sich die einzelnen Vorschläge etwas. Mich würde interessieren, was Du von diesen Vorschlägen hältst, da Dir diese sicher bei Deinen eigenen Recherchen auch schon über den Weg gelaufen sind.

A: Monetative http://www.monetative.de/?page_id=61

Deshalb setzen wir uns ein für

1. die Wiederherstellung des staatlichen Vorrechts der Geldschöpfung

2. die Beendigung jeglicher Bankengeldschöpfung

3. die schuldenfreie Inumlaufbringung neu geschöpften Geldes durch öffentliche Ausgaben.


B: Taxos 
http://www.taxos.info/index.html

Die Grundidee:
Der Staat bezahlt einen (zunächst geringen) Teil seiner Ausgaben nicht mit Euros sondern mit auf Euro lautenden Steuergutschriften. Statt also den Kaufpreis in Euro zu erstatten, erlässt der Staat dem Inhaber der Gutschrift bei Rückgabe Steuern in entsprechender Höhe. Die so herausgegebenen und vom Zeitpunkt der Ausstellung an frei übertragbaren Gutschriften nennen wir TAXOS (von Tax = Steuer). Jeder der ein Taxos-Guthaben besitzt, kann dieses jederzeit an den Staat zurückgeben und erhält dafür Steuern erlassen.

C: Plan B der Wissensmanufaktur http://www.wissensmanufaktur.net/plan-b

  • Fließendes Geld
         Rückführung der Geldschöpfungsbefugnis in eine öffentliche, staatliche Institution
  • Soziales Bodenrecht
         Einführung von Nutzungsgebühren für Grundstücke
  • Bedingungsloses Grundeinkommen
  • Freie Presse

Grüße aus der Eifel mit Aprilwetter (das Wetter hat den Monatswechsel noch nicht mitbekommen)

Rudi


Halil

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Re:Schuldenkrise
« Antwort #2 am: 06. Mai 2012, 15:59:43 »
Hallo Mumken,

Zitat
Wie ist Deine persönliche Einschätzung dieses Lösungsansatzes im Tagesspiegel?


ich halte den Lösungsansatz im Tagesspiegel für begrüßenswert, weil zur Krisenlösung eine jährliche zweiprozentige Vermögensabgabe in Betracht gezogen wird, obwohl in der Öffentlichkeit jede Art von Vermögenssteuer stark verpönt ist… Ich finde aber, dass dieser Lösungsvorschlag nicht weit genug geht. Eine jährliche zweiprozentige Vermögensabgabe kann die Verschuldungsproblematik des Staates nicht nachhaltig lösen. Nur wenn beim letzten Zehntel der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland das Nettovermögen um 40 Prozent gekürzt und durch eine progressive Einkommenssteuer dafür gesorgt wird, dass beim Privatsektor kein positives Sparen mehr entsteht, kann die Verschuldungsproblematik des Staates nachhaltig gelöst und der Wirtschaftskreislauf krisenfrei gestaltet werden. Alle anderen Lösungen würden die Staatsverschuldung nicht prinzipiell aufheben. Die Begründung für diesen Sachverhalt habe ich anderenorts dargelegt ( http://www.um-bruch.net/uforum/index.php?topic=48.0 ).

Zitat
Zu diesem Thema existieren ja auch noch andere Vorschläge, welche teilweise bereits vor etlichen Jahren unterbreitet wurden, jedoch bisher wohl wenig Beachtung fanden. Nachfolgend eine kurze Übersicht mit entsprechenden Links zu weiterführenden Informationen. Teilweise überschneiden sich die einzelnen Vorschläge etwas. Mich würde interessieren, was Du von diesen Vorschlägen hältst, da Dir diese sicher bei Deinen eigenen Recherchen auch schon über den Weg gelaufen sind.


Bei allen geldpolitischen Maßnahmen gegen die Staatsverschuldung habe ich die Schwierigkeit, dass die betreffenden Autoren eine monetäre Therapie durchführen wollen, ohne zuvor eine befriedigende realwirtschaftliche Diagnose erstellt zu haben... Was ist die realwirtschaftliche Ursache der heutigen Weltwirtschaftskrise? Das müssen sie mir erst einmal befriedigend erklären, bevor ich ihren Therapievorschlägen folgen kann. Darüber hinaus könnte ich auf geldpolitische Lösungsvorschläge nur schwer eingehen; meine volkswirtschaftlichen Kenntnisse sind auf die Makroökonomie und auf das Langzeitverhalten der Wirtschaftsentwicklung beschränkt.

Herzliche Grüße aus Istanbul

Halil

Mumken

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Re:Schuldenkrise
« Antwort #3 am: 08. Mai 2012, 14:07:13 »
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Eine jährliche zweiprozentige Vermögensabgabe kann die Verschuldungsproblematik des Staates nicht nachhaltig lösen. Nur wenn beim letzten Zehntel der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland das Nettovermögen um 40 Prozent gekürzt und durch eine progressive Einkommenssteuer dafür gesorgt wird, dass beim Privatsektor kein positives Sparen mehr entsteht, kann die Verschuldungsproblematik des Staates nachhaltig gelöst und der Wirtschaftskreislauf krisenfrei gestaltet werden.
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Hallo Halil,

bedeutet Deine Aussage ".... dass beim Privatsektor kein positives Sparen mehr entsteht, ....." dass damit jeglicher Anreiz zum Sparen über entsprechende Steuergesetze eliminiert werden soll? Das würde doch dann zur Folge haben, dass sich niemand mehr für einen Lohn über eine gewisse Einkommensgrenze hinweg interessiert. Ihm würde doch das Geld, das er heute noch auf die "Hohe Kante" legt, vom Finanzamt direkt entzogen. Ohne Anreiz funktioniert doch unser System nicht oder habe ich da etwas falsch verstanden?

Beste Grüße von

Rudi

Halil

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Re:Schuldenkrise
« Antwort #4 am: 08. Mai 2012, 17:01:26 »
Hallo Mumken,

Zitat
bedeutet Deine Aussage ".... dass beim Privatsektor kein positives Sparen mehr entsteht, ....." dass damit jeglicher Anreiz zum Sparen über entsprechende Steuergesetze eliminiert werden soll? Das würde doch dann zur Folge haben, dass sich niemand mehr für einen Lohn über eine gewisse Einkommensgrenze hinweg interessiert. Ihm würde doch das Geld, das er heute noch auf die "Hohe Kante" legt, vom Finanzamt direkt entzogen.


Ich habe in meinem Buch folgenden Vorschlag gemacht: „Damit die Verschuldungsproblematik in Zukunft nicht wieder entsteht, wird parallel zur einmaligen Vermögenssteuer eine Einkommenssteuer erhoben, deren Steuersatz proportional zum Einkommen der privaten Haushalte steigt und ab einem gewissen Grenzwert (z. B. 300.000 Euro pro Jahr) die Hundert-Prozent-Marke erreicht.“ Das bedeutet, dass sich niemand mehr für einen Lohn bzw. für einen Unternehmergewinn über 300.000 Euro pro Jahr interessieren wird. Jeder Euro, der über diesen Einkommensbetrag hinausgeht, wird vom Finanzamt entzogen; das ist korrekt! Inkorrekt ist aber, dass das Finanzamt auch dasjenige Geld, das auf die hohe Kante gelegt wird, entzieht. Nehmen wir mal an, dass ein Sparer so hirnverbrannt ist, dass er pro Jahr 300.000 Euro (abzüglich die Einkommenssteuern) auf die hohe Kante legt. Er könnte in dreißig Jahren Berufsleben maximal 9.000.000 Euro (abzüglich die Einkommenssteuern) zusammensparen und das Finanzamt hätte kein Recht, auch einen einzigen Cent dieses Betrages zu entziehen. Wenn aber diese Person stirbt, dann müssten seine Erben natürlich über einen Freibetrag hinaus (z. B. 500.000 Euro) Erbsteuern zahlen, deren Steuersatz proportional zur Erbmasse steigt.

Zitat
Ohne Anreiz funktioniert doch unser System nicht oder habe ich da etwas falsch verstanden?

Wieso du in dem von mir beschriebenen System keinen Anreiz siehst, ist mir schleierhaft. Jeder Arbeitnehmer und jeder Unternehmer hat doch den Anreiz bis zu 300.000 Euro pro Jahr (abzüglich die Einkommenssteuern) zu verdienen. Jede Privatperson kann ein Privatvermögen bis zu 9.000.000 Euro (abzüglich Vermögenssteuern) zusammensparen bzw. erben. Ich würde sogar behaupten, dass in dem von mir beschriebenen System das ursprüngliche Freiheits- und Gleichheitsideal der Kapitalisten erst richtig realisiert wird: Wenn Privatkapital, das über 9.000.000 Euro hinausgeht, fehlt, kann sich jeder nach seinen persönlichen Fähigkeiten entfalten, ohne dass ihm das Großkapital im Weg stünde. – Ist das nicht Anreiz genug?

Herzliche Grüße aus Istanbul

Halil


Mumken

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Re:Schuldenkrise
« Antwort #5 am: 10. Mai 2012, 10:53:41 »

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bedeutet Deine Aussage ".... dass beim Privatsektor kein positives Sparen mehr entsteht, ....." dass damit jeglicher Anreiz zum Sparen über entsprechende Steuergesetze eliminiert werden soll? Das würde doch dann zur Folge haben, dass sich niemand mehr für einen Lohn über eine gewisse Einkommensgrenze hinweg interessiert. Ihm würde doch das Geld, das er heute noch auf die "Hohe Kante" legt, vom Finanzamt direkt entzogen. Ohne Anreiz funktioniert doch unser System nicht oder habe ich da etwas falsch verstanden?
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Hallo Halil,

meine oben dargestellte Auffassung hast Du in Deiner Antwort nicht ganz sinngemäß wiedergegeben. Wenn ich sage: "Ihm würde doch das Geld, das er heute noch auf die "Hohe Kante" legt, vom Finanzamt direkt entzogen." so meine ich damit, er bekommt dieses Geld überhaupt nicht ausbezahlt, sondern es wird direkt über die Einkommenssteuer vom Finanzamt vereinnahmt. Ich habe nicht gesagt, dass das Finanzamt bereits angelegte Spargelder entzieht.
Auch der fehlende Anreiz ist im Zusammenhang mit dem vorherigen Satz zu sehen. Der Anreiz für den einzelnen Steuerzahler existiert nicht mehr, noch mehr Leistung zu erbringen. Bei der Grenze von 300.000 € pro Jahr wird jede Motivation zu einer Leistungssteigerung unterbunden. Die Haupttriebfeder unseres heutigen Systems ist doch offensichtlich das Fehlen einer Obergrenze bei den Top-Gehältern.

Im Schnitt verdienen die Top-Manager in deutschen Unternehmen weit über 3 Millionen € pro pro Jahr (Ermittlung von 2009).
http://www.focus.de/finanzen/boerse/aktien/vorstandsbezuege-top-manager-haben-ein-paar-millionen-weniger_aid_386934.html

Diese Gehälter sind nicht mehr nachvollziehbar. Nicht mehr nachvollziehbar, wenn ich sie mit dem Jahreseinkommen eines gut verdienenden Handwerkers in Höhe von 30.000 € brutto vergleiche. Hier liegt ein Faktor von 100 dazwischen.
Diese sind nur noch im Verhältnis der Jahres-Umsätze und -Gewinne eines Konzerns (liegen im Milliardenbereich) zum Gehalt der Top-Manager zu fassen. Nun wird in diesem Zusammenhang das Totschlagargument vorgebracht, dass wir Top-Manager mit Weltklasse-Format nur  bekommen, wenn wir auch Weltklasse-Gehälter bezahlen. Ansonsten können wir unsere Stellung im globalen Weltmarkt nicht behaupten. Folgt man dieser Logik, so müssten zur Reduzierung die Gehälter der Manager weltweit entsprechend verringert werden, ob nun direkt in der Vergütungshöhe oder aber wie Du vorschlägst über entsprechend gestaltete Steuertarife.

Nun kommt aber das nächste Argument, welches sämtliche derartigen Überlegungen hinwegfegt: "Eine weltweite Einigung kann ich zwar fordern, muss mir jedoch bewusst sein, dass diese eine reine Utopie bleiben wird. Die Macht-/Geldeliten der Welt werden sich nie und nimmer den Boden entziehen lassen, auf welchem sie stehen und gedeihen und dabei auch noch aktiv mitwirken."

Krisenbewältigungsszenarien wurden bereits einige entwickelt, welche meines Erachtens jedoch eine nicht erfüllbare Forderung enthalten, die nach einer weltweiten Einigung zur Durchsetzung.
Wolfgang Eichhorn/Dirk Solte im Schlusssatz zu Ihrem Buch "Das Kartenhaus Weltfinanzsystem"
Zitat
"Die Frage ist, ob sich die relevanten Währungsräume und damit Ökonomien dieser Welt zu einem solch gemeinsamen Operieren zur Abwendung der akut drohenden verheerenden Krisensituation durchringen können. Wir wollen es hoffen!

 
Hoffnung ist immer gut!

Rudi


Halil

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Re:Schuldenkrise
« Antwort #6 am: 10. Mai 2012, 12:21:16 »
Hallo Mumken,

Zitat
Krisenbewältigungsszenarien wurden bereits einige entwickelt, welche meines Erachtens jedoch eine nicht erfüllbare Forderung enthalten, die nach einer weltweiten Einigung zur Durchsetzung.


du missverstehst meinen Vorschlag, wenn du annimmst, dass sich mein Krisenbewältigungsszenario auf die gegenwärtige Situation bezieht. Ich glaube nicht, dass man für die Situation bis zum globalen Staatsbankrott ein Krisenbewältigungsszenario entwickeln könnte. So ein Szenario müsste ja zwangsläufig den Anspruch haben, das gegenwärtige System zu sanieren. Da ich diesen Standpunkt nicht teile, beziehen sich all meine Vorschläge auf die Situation nach dem globalen Staatbankrott. Ich versuche, die Elemente eines neuen nachhaltigen Weltwirtschaftssystems nach dem globalen Staatbankrott zu entwickeln. Meine Grundannahme für diese geschichtliche Situation ist, dass sich die Wirtschaftssubjekte im Rahmen eines Weltparlaments „nach einer weltweiten Einigung zur Durchsetzung“ ihrer Ziele streben werden.

Für alle Einzelheiten zur Entstehung des Weltparlaments nach dem globalen Staatbankrott verweise ich auf das optimistische Szenario in meinem Buch.

Herzliche Grüße aus Istanbul

Halil