Es wird Zeit hier mal wieder etwas zu schreiben. Das Thema Energiewende ist ja schliesslich immer noch sehr aktiv am laufen. Im Blog campact.de unter dem Titel "Endlich: Der Weltklimarat traut sich was!" wird in den Kommentaren auch unsere Energiewende angesprochen. Ich konnte es mir nicht verkneifen, ebenfalls meinen Senf dazu beizutragen.
http://blog.campact.de/2014/11/endlich-der-weltklimarat-traut-sich-was/comment-page-1/#comment-32658Naja. Sonne und Wind liefern zusammen im Durchschnitt 1300 Vollaststunden Strom im Jahr. Die restlichen 7400 Stunden müssen irgendwie mit Speichern überbrückt werden. Und falls wir diese irgendwann mal haben, müssen sie auch regelmässig mit überschüssigem Strom gefüllt werden. Das beste Leistungsverhältnis (input/output) haben haben derzeit Pumpspeicherkraftwerke mit einem Verlust von 20-25%. Wenn ich als Beispiel das PSW Goldisthal nehme, brauche ich zum Füllen des Oberbeckens über 10-11 Stunden Pumpdauerleistung je 1 MWh Strom (gesamt allso 10-11 MWh). Wenn das Dingens voll ist, kann ich 8 Stunden lang je 1 MWh (gesamt 8 MWh) wieder zurück bekommen. Kann sich ja jeder mal selbst ausrechnen wieviel Goldisthal’s wir bei einem Jahresstrombedarf von rund 650 TWh (650.000.000 MWh) brauchen.
Mit Biogas sieht es auch nicht recht viel besser aus. Ein Blockheizkraftwerk mit 300 MWh Leistung verbraucht bei 4000 Betriebstunden/Jahr (Oktober bis März) den Ertrag von 400-600 Hektar aus Land- und Forstwirtschaft. Wäre Deutschland so gross und dünnbesiedelt wie Kanada könnte man damit eventuell wenigstens für die Wintermonate spekulieren. Aber auch nur in ländlicher Umgebung.
P2G (Power to Gas) ist ja auch seit einiger Zeit im Gespräch. Bei Umwandlungsverlusten von 70-80% wird es aber richtig teuer. Nehmen wir Windstrom mit rund 10 cent/kWh müsste der daraus hergestellte Strom schon mal 40-50 cent/kWh zuzüglich der Kraftwerks- und Netzkosten plus Steuern kosten. Damit wären wir incl. MWSt schon nahe an 1 Euro/kWh. Und das derzeit vorhandene Speichervolumen reicht auch grad mal für etwa 1 Monat.
Bis zum Jahr 2050 sollten also noch einige technische Wunderwerke erfunden werden um die jetzt schon bekannten Probleme zu bewältigen.
Peter
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06.11.14 @ 18:39
Die von dir beschriebene Regelenergie war bereits zu fossilen Zeiten teurer und wird auch in Zukunft teurer als Grundlast-Leistung sein. Sie macht aber nur einen Bruchteil des Energiebedarfs aus. Beispielsweise ist es an der Zeit das die Netzbetreiber Grundlagen schaffen um Lastzeiten geeigneter Verbraucher bedarfsorientiert zu verschieben. Intelligente Netze sind ein notwendiges wichtiges Werkzeug für eine gelungene Energiewende, denn sie reduzieren den Bedarf an teurer Regelenergie enorm, Berechnungen zufolge um bis zu 40%.
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Hallo Peter
Meine Beschreibung basierte nicht auf Regelenergie sondern betraf die Gesamtversorgung.
Um aber auf Ihre Anmerkung näher einzugehen muss ich etwas weiter ausholen. Die bisherige Leistungsverteilung der Kraftwerke war etwa 45 GWh Grundlastkraftwerke, etwa 30 GWh Mittellastkraftwerke und etwa 5 GWh Spitzenlastkraftwerke.
- Die Grundlastkraftwerke liefen rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr im optimalen Leistungsbereich (Treibstoffverbrauch, Materialverschleiss). Der durchschnittliche Preis je kWh Strom lag bei rund 5 Cent inkl. Kraftwerkskosten. Für diese Preiskalkulation musste so ein KW allerdings auch wenigstens 8000 Stunden/Jahr störungsfrei durchlaufen.
- Die Mittellastkraftwerke lieferten täglich nur von etwa 6 Uhr morgens bis 24 Uhr bedarfsangeglichen. Deshalb konnte natürlich in den Leerlaufzeiten auch kein Treibstoff eingespart werden, weil ja die Dampfturbinen permanent in Bereitschaft sein mussten. Durch das ständige rauf- und runterfahren war natürlich auch der Verschleiss entsprechend grösser. Man kann das mit einem Auto vergleichen das im reinen Stadtbetrieb nur 200.000 km durchhält, während es als reines Langstreckenfahrzeug locker 350.000 km vertragen würde. Die Preiskalkulation unter Berücksichtigung von höherem Verschleiss und weniger Betriebsstunden ergibt demnach einen kWh-Preis von 8-10 Cent.
- Die Spitzenlastkraftwerke sind sozusagen die schnell regelbaren “Turbomaschinen” in der Stromversorgung. Das sind zum einen die Gasturbinen (vergleichbar einem Düsenantrieb) und die Pumpspeicherkraftwerke. Deren feste Betriebskosten müssen auf wenige (4-5) tägliche Betriebsstunden verteilt werden. Daraus errechnet sich ein kWh-Preis von 11-14 Cent.
Der reine Strompreis (Treibstoff, Kraftwerk, Personal, Reparaturrückstellungen) für das Jahr 2013 lag laut meiner Abrechnung bei 7,8 Cent kWh.
Nun hat die Vorrangeinspeisung durch die “Erneuerbaren” die ganze Kalkulation arg durcheinander geschüttelt. Rein nach bereits installierter Leistung für Wind- und Sonnenstrom könnten wir alle anderen Kraftwerke schon heute abschalten. Leider hat aber die INSTALLIERTE Leistung nichts mit der tatsächlich gelieferten Leistung zu tun. Diese wechselt ständig im Bereich von 0-70%. Wobei die fast 0% (250-700MWh) sehr viel öfter erreicht werden als die optimalen Spitzen von 50.000-60.000MWh.
Das heisst, die konventionellen Kraftwerke oder entsprechende Speicher müssen ständig bereit sein, die volle Schwankungsbreite und den darüber hinausgehenden Rest auszugleichen. Durch diese Bereitschaft wird kaum Treibstoff eingespart, durch das ständige Rauf- und Runterfahren herhöht sich der Verschleiss, und die laufenden Kosten müssen auf weniger gelieferte kWh umgerechnet werden.
Wie wechselhaft Wind und Sonne sind, können Sie gut selbst beobachten. Betrachten Sie zum Beispiel einen Windpark in Ihrer Nähe. Wie oft drehen die Propeller schnell (Windstärke 8-10 = 100% Leistung), oder eher langsam, oder auch garnicht? Gleiches gilt für Fotovoltaik. Haben Sie selbst eine solche Anlage auf dem Dach? Dann schauen Sie mal an einem wolkigen (nicht bedeckten) Tag auf die Einspeiseleistung. Wenn sich eine Wolke vor die Sonne schiebt, bricht die Leistung innerhalb von 1 Minute um bis zu 50% ein. Gleiches passiert natürlich auch, wenn die Wolke wieder weg ist, dann schiesst die Einspeiseleistung wieder nach oben. Diese Schwankungen müssen sowohl vom Netz, als auch von den Regelkraftwerken abgefangen werden können. Da helfen mir Jahresdurchschnittswerte gar nichts. Hier handelt es sich um Stunden- und Minutenwerte die da abgefangen werden müssen.
Ich hoffe Ihnen mit meinem ellenlangen Monolog den derzeitigen Stand verständlich rüber gebracht zu haben. Wir sind noch weit von einer bezahlbaren Lösung der bereits bekannten Probleme entfernt. Und ich spreche/schreibe hier in erster Linie im Sinne unserer sozial schwachen Mitbürger. Das betrifft nicht nur Hartz-IV sondern auch Geringverdiener, also rund 10 Millionen Haushalte in unserem schönen Land.
mfg