Der geneigte Leser könnte leicht den Eindruck bekommen, hier und im Wiki geht nichts voran. Also ist wohl auch die Ankündigung zur Aufarbeitung dieses Themas nur "heiße Luft".
Ich gestehe, ich hatte mir das Ganze doch etwas sehr viel einfacher vorgestellt. Belastbares Zahlenmaterial für die Verbrauchswerte zu ermitteln war schon sehr mühsam. Jetzt, dachte ich, wird es einfacher. Ich muss ja nur die Leistungen der einzelnen "Erneuerbaren" (Wind, Sonne, Biomasse, Geothermie) zusammen zählen und schon habe ich den erforderlichen Installationsbedarf. Der Teufel liegt wie immer im Detail.
Wind und Sonne liefern ihre Energie wann und wo sie wollen, und das noch nicht einmal konstant oder irgendwie berechenbar. Die Tabellen der Leipziger Strombörse zeigen hierzu erschreckende Schwankungen im Viertelstundentakt. Mit Biomasse und Geothermie betriebene Kraftwerke müssten dementsprechend permanent mitlaufen um die Netzstabilität zu sichern. Schnelle Stromspeicher zum Ausgleich von Lastspitzen sind ebenfalls erforderlich. Und wieviel von allem brauchen wir? Der letzte Winter hat gezeigt, dass Photovoltaik so gut wie nichts geliefert hat. Die Windleistung stand ebenfalls mehrmals über einige Tage hinweg bei annähernd Null (Deutschlandweit). Biomassekraftwerke können den Ausfall von Wind und Sonne über mehrere Tage oder Wochen problemlos ausgleichen. Aber zur permanenten Netzstabilisierung fehlt uns ganz einfach die erforderliche landwirtschaftliche Nutzfläche um die benötigten Gasmengen bereit zu stellen. Hierzu werden auch gerne Blockheizkraftwerke erwähnt. Die werden zwar nicht mit Gas befeuert, die gigantischen Mengen an brennbarem Material müssen aber auch hierfür von irgendwo angeliefert werden.
Zuletzt noch Geothermie. Der Wärmeertrag aus Tiefenbohrungen bis 100 Meter reicht hierzulande gerade einmal zum Beheizen von einzelnen Wohnhäusern in ländlicher Umgebung. Bei ganzen Dörfern oder gar Städten wäre die Bohrlochdichte einfach zu groß. Die Wärme wird zwar nur punktuell entnommen, bedarf aber eines regional unterschiedlichen "Einzugsbereiches". Zum Betrieb von Kraftwerken sind allerdings ganz andere Temperaturen erforderlich. Und da redet man in Deutschland von Bohrtiefen in der Größenordnung von 4.000 bis 6.000 Metern. Wobei hier auch noch die ertragversprechendsten Gebiete (z.B. Oberrhaingraben) wegen tektonischer Probleme ausgeschloßen werden müssen. Eine Bohrung bei Basel auf 4.000 Meter Tiefe hat ein Erdbeben der Stärke 3,2 ausgelöst und somit die bekannten Einwände der Geologen bestätigt.
Noch ein Punkt. Speicher, egal welcher Art, müssen bei Bedarf gefüllt sein. Dementsprechend sind zum richtigen Zeitpunkt (Speicher leer) die passenden Überschüße in der Stromproduktion erforderlich.
Wie Sie sehen, habe ich mich hier nur mal mit dem Thema Strom etwas ausführlicher befasst. Die Antriebstechnik für unsere PKWs, LKWs, Schiffe, Flugzeuge kommt noch dazu. Und nicht zu vergessen, die Prozesswärme für unsere Stahl-, Kunststoff- und Chemie-Industrie. Von verschiedenen Kleinbetrieben in Be- und Verarbeitung mal ganz abgesehen.
Ich versichere Ihnen, ich bin noch dran am Thema. Auch wenn der Frust manchmal über groß ist, ob der eigenen oder an mich herangetragenen Einwände zur Machbarkeit von "100% Erneuerbare".
Grundsätzlich vertrete ich ja die Meinung: Machbar ist fast alles. Die Frage ist nur, rechnet sich der Aufwand?