Moin Rudi,
Dass jedoch jede Schuld durch die Hinterlegung von Eigentum abgesichert ist halte ich für wenig glaubhaft und der Realität widersprechend. Als Inhaber eines Bankkontos kann ich einen Überziehungskredit in Anspruch nehmen, ohne dass hierbei der Kreditbetrag durch einen Eigentumstitel, sprich die Hinterlegung eines Pfandes oder einer Grundschuld, gesichert wäre.
Dann versuche mal, als Hartzi (ohne Eigentum) oder Selbständiger (ohne Eigentum) mit schwankendem oder geringem Einkommen, einen Dispo zu bekommen. Geschweige denn einen Kredit! Keine Chance! Hast du zumindest ein regelmäßiges Einkommen in gewisser Höhe, sieht das ein bisschen anders aus (Lohnpfändung möglich). Etwas besser, wenn du ein abbezahltes Auto hast, noch besser, wenn eine abbezahlte Immobilie vorhanden (dann kannst du dich gar nicht retten, vor lauter Kreditangeboten ...).
Genau das ist doch der häufig diskutierte Streitpunkt (eigentlich nur ein Missverständnis) bei der Geldschöpfung "aus dem Nichts"!
Die einen meinen, diese gäbe es, denn sie meinen damit das Geld, das durch Kreditvergabe entsteht (gebucht wird).
Die anderen bestreiten es, weil der Kredit eben besichert ist (Pfand, "Monetisierung" von Eigentum).
Beide aber zweifeln nicht an dem Vorgang der Geldschöpfung durch Kredit.
Gehen wir doch zurück zu Marx (bzw. damalige Zeiten). Warum hat dann nicht einfach ein Arbeiter eines Tages gesagt: "Ich habe keinen Bock mehr, 12 oder 14 Stunden für einen Hungerlohn zu malochen." ? Und ist dann zur Bank gegangen, hat einen Kredit aufgenommen, hat einen Laden eröffnet oder noch besser eine Fabrik erstellt, Maschinen gekauft und sich gesagt: "Was der Kapitalist kann, kann ich schon lange!" ?
Oder noch viel besser: Ich eröffne eine Bank!
Weil das eben nicht geht! Hast du nichts, dann bleibt dir nur eine Möglichkeit: Deine Arbeit zu verpfänden. Und da spielt es keine Rolle, ob als Lohnarbeiter oder Selbständiger (die von manchen als esoterisch empfundene Sache mit der "Urschuld").
Das Zauberwort ist Eigentum. So sieht es in der Realität aus. Bis heute. Und der Ansatz, Geld ausgehend von Eigentum zu definieren, ist meiner Ansicht nach der bisher schlüssigste. Das ist Kapitalismus!
(Und wenn das auch eigentlich nicht hierher gehört: Darüber habe ich mich z.T. mit meinem Vater endlos "gefetzt". Wir hatten beide ein vollkommen unterschiedliches Verständnis von Freiheit ...)
Nun kann man auf die jüngere Geschichte verweisen und mit dem Finger über den großen Teich zeigen und sagen: Und warum haben in den USA so viele "Nichtkreditwürdige" einen Kredit bekommen (für Häuser, die sie in ihrem ganzen Leben nicht hätten abbezahlen können)?
Dann wird gerne das so plausible Märchen von der maßlosen Gier zur Sprache gebracht (Dummheit wäre sicher das passendere Wort). Das lenkt natürlich davon ab, was wirklich geschehen ist: Keine Bank der Welt hätte zuvor jemals diesen Menschen einen Kredit eingeräumt (ohne jegliche Sicherheiten). Plötzlich schon. Warum?
Weil mithilfe der Politik (weltweit !!!) "Finanzinnovationen" geschaffen wurden, die es ermöglichten, diesen Schrott zu verbriefen, und diese gebündelten "Kreditpakete" an andere zu verscherbeln, nachdem man Rating-Agenturen dafür bezahlte, diesen Schrott mit AAA zu bewerten.
Tatsächlich haben sich andere Banken und Anleger vom Rating blenden lassen und das Zeug gekauft. Dann haben die Banken, die genau wussten, was diese Kredite wirklich wert waren, auf den Ausfall (auch das nur möglich dank "Finanzinnovationen") derselben gewettet (Goldman Sachs > AIG) und nochmals eine Menge Geld damit verdient (ganz dick dabei die Deutsche Bank und der tüchtige Herr Ackermann). Und dann indirekt noch ein drittes Mal Geld vom Steuerzahler kassiert, weil unverständlicherweise diejenigen, die durch den Schrott plötzlich am Rande der Pleite waren, ihre Verbindlichkeiten nicht mehr bedienen konnten ...
Ohne diese Finanzinstrumente hätte es diese Kredite NIEMALS gegeben!
Das gehört auf den ersten Blick vielleicht nicht in eine Diskussion "Was ist Geld?". Aber eben nur auf den ersten Blick.
Geld ist Forderungen und Verbindlichkeiten. Geld ist mehr, als nur ein "Tauschdings". Das sehen die meisten Leute aber nicht. Ich lese das immer wieder in Kommentaren. Sie verstehen nicht, welche Sprengkraft Geld erzeugen und was man damit anrichten kann.
Gehen wir noch einen Schritt weiter vom Kleinen zum Großen. Kein Land der Welt bekommt einfach so einen Kredit. Da muss es schon etwas zu holen geben ... Und wenn es eben Rohstoffe sind, an die man ansonsten so leicht gar nicht ran gekommen wäre (ansonsten hätte man eben Krieg führen müssen). Und da sind wir an dem Punkt, den Bernd Senf so formulierte:
"Die zugrunde liegende Abfolge 'Kreditbedarf – Verschuldung und Enteignung' zieht sich wie ein roter Faden, wie ein Thema mit Variationen durch einige Tausend Jahre Geldgeschichte ..."Und zum Abschluss noch ein Wort zu dem grotesken Schauspiel, dessen Zeuge wir alle sind: Die einzig verbliebene Weltmacht (v.a. militärisch) ist in der gesamten Welt verschuldet. Vor allem aber bei den Chinesen. Werden sich die Chinesen einfach so damit abfinden, wenn ihnen eines Tages gesagt werden wird: Eure Forderungen können wir leider nicht bedienen ... ?
Wie mag das wohl ausgehen?
So, nun aber zurück zu Martin und dem Gelben:
Sollte Martin die Geldschöpfung der Banken tatsächlich leugnen, finde ich es echt lustig (oder eben nicht ?), dass mir das nicht irgendwann einmal aufgefallen ist, bei all dem Querlesen ...
Ich denke, wir beide müssen glücklicherweise über diesen Punkt nicht mehr streiten. Seitdem die BuBa das offiziell so schildert, dürfte es ein für allemal klar sein (die Änderung dieses Teils in der Broschüre soll aufgrund zahlreicher Zuschriften zustande gekommen sein. Zuvor wurde die Sache offenbar vollkommen anders dargestellt. Keine Ahnung, ob das stimmt ...).
Mich hat in letzter Zeit vor allem eins interessiert: Wie sieht das Ganze "von Anbeginn an" aus und "von Oben". D.h. wie verhält es sich mit Buchungen bei Staat, Zentralbank usw. bei einem Neustart. Denn die Geldschöpfung "aus dem Nichts" der Banken ist ja nur ein Teil der Geschichte. Wo kommt das Geld zu Beginn her, wenn man dem Ansatz von Geldschöpfung durch besichertes Eigentum folgt? Aber offen gestanden möchte ich manchmal aufgeben. Es ist so schwer, verlässliche Infos zu bekommen oder überhaupt durchzublicken.
Ich bin mir nicht sicher, ob uns hier die "Diskussionsfäden aus dem Gelben" weiterhelfen.
Dort sind massenweise gute Beiträge über Buchungspraxis der Banken, sowie andere Details zu finden. Hochinteressant!
Wenn du möchtest, kann ich dir entweder den einen oder anderen Link oder pdf's per email schicken ... (muss mich aber erst durchwühlen).
Wenn ich Diskussionen über das Geld verfolge, dann halte ich es für aussichtslos, das jemals komplett zu verstehen. Da beschäftigen sich Menschen jahrelang mit dem Thema, aber niemand schafft es, eine hieb- und stichfeste Definition hinzubekommen.
Es stellen sich mir jedenfalls die immer gleichen Fragen und es finden sich die immer gleichen Ungereimtheiten. Ich würde das gerne mal auf den Punkt bringen. Ich weiß aber nicht, ob mir das gelingt (so, dass es für andere nachvollziehbar ist).
Außerdem würde ich gerne meine Gedanken über die Rolle des Staates in diesem ganzen Spiel ausformulieren. Deine Meinung dazu würde mich sehr interessieren. Nun scheint mir hier nicht der geeignete Ort, vielleicht würde es in meinen kläglichen Versuch "Unser Geldsystem" passen? Könntest du es irgendwann nächste Woche einmal entsperren?
So, ich hätte noch eine ganze Menge zu sagen, aber keine Zeit. Darüber bist du wahrscheinlich nicht unglücklich.
Schöne Pfingstfeiertage dir und allen anderen,
Matthias
.....