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Das Geldrätsel / Können einzelne Banken Geld aus dem Nichts schöpfen?
« Letzter Beitrag von Mumken am 10. Mai 2015, 21:25:22 »
Die Aussagen von  Prof. Dr. Werner, halte ich nur bedingt für zutreffend. Aus Buchungssätzen auf eine unbegrenzte Geldschöpfungskapazität der Geschäftsbanken zu schließen, ist  eine vorschnelle Entscheidung. Mit einem Buchungssatz betrachte ich nur einen Teil des Bankgeschehens und kann daraus keine allgemeingültige Aussage treffen. Tatsächlich kann eine Bank in einem ersten Schritt jederzeit einen Kredit in X-beliebiger Höhe gewähren, die Prüfung der Bonität des Kreditnehmers vorausgesetzt.

Der zweite Schritt, von Werner nicht beachtet, folgt jedoch unmittelbar, und ist von der kreditgebenden Bank kaum zu beeinflussen. Das eingeräumte Sichtguthaben (Verbindlichkeiten gegenüber  Kunden) verlässt den Bereich der Volks- und Raiffeisenbanken. Eine Refinanzierung wird erforderlich. Bei den VR-Banken kein Problem, da genügend Kundeneinlagen vorhanden sind. Anderenfalls muss jedoch Zentralbankgeld oder aber Liquidität von anderen Banken beschafft werden.

Um wissenschaftlich korrekt vorzugehen müssen jedoch sämtliche, nicht erwähnten Faktoren gleich bleiben, d. h. ein Einlagenüberschuss darf nicht stillschweigend zur Deckung des Kredites verwendet werden. Was würde denn geschehen, wenn keine überschüssigen Kundeneinlagen vorhanden wären? Der Kredit könnte zwar ohne Probleme ausgereicht werden, jedoch würden bei  der Refinanzierung bereits Schwierigkeiten entstehen. Man wäre auf andere Banken bzw. die Zentralbank angewiesen.
Es könnten Liquiditätsprobleme entstehen. Um diese in einem vertretbaren Rahmen zu halten hat das Bundesministerium der Finanzen die Liquiditätsverordnung erlassen. Diese basiert auf der „goldenen Bankregel“, deren Forderungen von Otto Hübner 1854 formuliert wurden.
Zitat
„Der Credit, welchen eine Bank geben kann, ohne Gefahr zu laufen, ihre Verbindlichkeiten nicht erfüllen zu können, muß nicht nur im Betrage, sondern auch in der Qualität dem Credite entsprechen, welchen sie genießt."

Von dieser Maximalforderung wurden etliche Abstriche gemacht. Die verbliebenen Forderungen sind in der Liquiditätsverordnung nachzulesen.

Die Ausführungen Von Prof. Dr. Werner sind als mangelhaft anzusehen, da sie nur einen Teilaspekt des Bankbetriebes zum Thema haben. Wichtige und zwangsläufig auch erforderliche weitere Betrachtungen werden schlicht unterlassen.  Aber wenn schon die Bank of England die Geldschöpfung aus dem Nichts ebenso wie Prof. Dr. Werner beschreibt, befindet er sich immerhin in guter Gesellschaft.
Weiterführende Details zur Liquiditätsverordnung siehe Liquidität

Beste Grüße
Rudi
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Geldsystem / Buchgeldschöpfung / Buchgeldvernichtung
« Letzter Beitrag von Mumken am 21. Februar 2015, 12:33:17 »
Besonders von Vollgeldunterstützern wird die „ungehemmte Buchgeldschöpfung der Geschäftsbanken" angeprangert. Es wird der Eindruck vermittelt, dass die Geschäftsbanken damit Geldblasen/Inflation erzeugen. Anhand von Buchungssätzen wird „nachgewiesen“, dass mit jeder Krediterteilung auch neues Geschäftsbanken-Buchgeld aus dem Nichts geschöpft wird. Bei isolierter Betrachtung des Buchungsvorgangs in einer Bank kann man diese Aussage nachvollziehen. Einem Kreditkunden wird eine Kredit über 1.000 € gewährt und sein Kreditkonto mit diesem Betrag belastet. Gleichzeitig erhält er eine Gutschrift über 1.000 € auf seinem Girokonto.

Es stellt sich nun die Frage, ob die Buchgeldschöpfung mit dem Buchungssatz ausreichend beschrieben wird. Ich meine nein, da neben den Forderungen nach Eigenkapital, Liquidität und Sicherheiten ein sehr wichtiger Gesichtspunkt fehlt. Wie wird die Rückzahlung eines Kredits berücksichtigt?

Eine Bank erteilt jeden Monat einen Kredit über 10.000 € mit einer Laufzeit von 1 Jahr. Am Ende des ersten Jahres ist sie somit Buchgeld in Höhe von 120.000 € geschaffen worden. Im ersten Monat des Folgejahres erfolgt bereits eine Tilgung in Höhe von 10.000 €. Die Kreditnehmer verfügen jetzt nur noch über Buchgeld in Höhe von insgesamt 110.000 €. 
Ohne neue Kredite wäre dieser Buchgeldbestand nach einem weiteren Jahr auf 0 € gesunken. Nur um diesen Buchgeldbestand zu erhalten muss die Bank somit weiterhin jeden Monat je einen neuen Kredit über 10.000 €, mit einer Laufzeit von 1 Jahr erteilen. Im ersten Jahr hat die Bank tatsächlich neues Buchgeld geschaffen und zwar 120.000 €. In den Folgejahren hebt sich jedoch die Neukreditschöpfung von je 120.000 € durch die ebenfalls erfolgte Tilgung von jeweils 120.000 € auf. Es wird nur der ursprüngliche Buchgeldbestand vom Ende des ersten Jahres gehalten. 

Nun kann man einwenden, dass die o. g. Annahmen unrealistisch seien, da ja viele Kredite eine bedeutend längere Laufzeit haben. Belastbares Zahlenmaterial zur Neukreditvergabe ist nicht so ganz einfach zu finden. Die Österreichische Nationalbank veröffentlichte am 31. August 2010 einen Presseartikel :
http://www.oenb.at/dms/oenb/Presse/Pressearchiv/2010/_20100831.pdf

Kreditmonitor: Neukredite an Private erreichten im Juni neuen Höchstwert
Untertitel: Entwicklung der Kredite an inländische Nichtbanken im Juni 2010

In diesem Presseartikel sind Tabellen sowohl mit Bestandszahlen wie auch mit den  monatlichen Neukrediten aufgeführt. Der Bestand an Krediten betrug im Juni 2009 308,8 Mrd € und 1 Jahr später 315,5 Mrd €. Die Addition der in diesem Zeitraum ausgereichten Neukredite beläuft sich auf 112,6 Mrd €.

Hieraus lässt sich folgender Zusammenhang ableiten.

Zum Anfangskreditbestand von 308,8 Mrd € kamen Neukredite in Höhe von 112,6 Mrd € hinzu. Im gleichen Zeitraum wurden jedoch auch Kredite in Höhe von 105,9 Mrd € zurückgezahlt. Somit ergibt sich eine Kreditbestand zum Juni 2010 von 315,5 Mrd €. Der Kreditbestand  hat sich bei einer Neukreditaufnahme von 112,6 Mrd € nur um 6,7 Mrd € erhöht.

Daraus ergibt sich eine Netto-Kreditzunahme von 6 % auf jeden neu erteilten Kredit. Andersherum ausgedrückt, 94 % eines jeden Kredits dienen nur zur Aufrechterhaltung des vorhandenen Kreditbestandes. Der Nachweis, dass mit jeder Krediterteilung auch neues Geschäftsbanken-Buchgeld aus dem Nichts geschöpft wird, ist folglich misslungen, da wichtige Zusammenhänge schlicht "unterschlagen" wurden.

Anmerk.: Ähnliche Zahlen wie von der OeNB lassen sich auch aus der Statistik der Deutschen Bundesbank
„Zinssätze und Volumina für die Bestände und das Neugeschäft der deutschen Banken (MFIs)“
ermitteln. Dort sind die Zahlen jedoch über mehrere Tabellen verstreut und lassen sich nicht so einfach zusammenzählen.

Beste Grüße
Rudi
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Das Geldrätsel / Können einzelne Banken Geld aus dem Nichts schöpfen?
« Letzter Beitrag von Mumken am 10. Februar 2015, 06:33:00 »
"Can banks individually create money out of nothing? — The theories and the empirical evidence"
http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1057521914001070
lautet der Titel einer Schrift von Richard A. Werner( Wirtschaftswissenschaftler, in Landau an der Isar geboren), tätig im
Centre for Banking, Finance and Sustainable Development, University of Southampton, United Kingdom

In der Zusammenfassung zu seinem Werk heißt es:
In seinem Werk unterbreitet er den "ersten, auf einer methodischen Sammlung von Daten basierenden Beweis" zur Frage, ob Banken Geld aus dem Nichts schöpfen können.
Ob sein Werk diesem Anspruch gerecht wird, ist noch herauszufinden.
(Anmerkung: Textpassagen aus dem Ursprungswerk sind sehr frei selbst übersetzt worden)
Zitat
In der Einleitung beanstandet er, das die weit verbreiteten volkswirtschaftlichen Modelle und Theorien keine kritischen Eigenschaften unserer Wirtschaft und unseres Finanzsystems beleuchten und besonders bemerkenswert, keine Banken enthalten. Dieses Werk soll zu einem besseren Verständnis von wichtigen Eigenschaften der Banken beitragen und deren geeignete Einbindung in volkswirtschaftliche Modelle erleichtern.


Untersuchungsgegenstand sind drei Theorien.
  • Geldschöpfungstheorie der Geschäftsbanken (Credit Creation Theory of Banking) Jede einzelne Bank  schöpft den gesamten Kreditbetrag aus dem Nichts.  Sie ist nicht Vermittler von Kapital, d. h. sie leitet keine Einlagen der Bankkunden und auch kein Zentralbank-Buchgeld weiter.
  • Die Teilreserve-Theorie (The Fractional Reserve Theory) Mit dieser Theorie beschreibt Werner die einzigartige Fähigkeit des Bankensystems, im Zusammenwirken von allen Banken des Systems, Geld auf der Basis des Teil-Reservesystems zu schöpfen. Nach dieser Vorstellung kann eine einzelne Bank lediglich Kapital vermitteln, besitzt jedoch die Fähigkeit zur Geldschöpfung nicht.
  • Die Kapital-Vermittlungs-Theorie (The Financal Intermediation Theory) Banken können kein Geld schöpfen sondern nur das verleihen, was sie zuvor erhalten haben. Damit verhalten sie sich wie andere Kapitalvermittlungsinstitute, welche keine Banken sind. Die Erwähnung von Banken nach dieser Theorie erübrigt sich deshalb in volkswirtschaftlichen Modellen.

Es folgt eine Aufbereitung von historischen und gegenwärtigen Literaturstellen zu den einzelnen Theorien, welche hier nicht wiederholt werden. Bei Bedarf bitte auf den o. g. Link zugreifen.

Im Abschnitt 3 folgt dann der Lösungsvorschlag für das Theorientrilemma. The Empirical Test
Zitat
Die einfachste Testvorrichtung besteht darin, die interne Rechnungslegung der Bank während des Prozesses der Gewährung eines Bankkredits zu untersuchen. Wenn alle notwendigen Verfahren zur Gewährung eines Bankkredites durchgeführt (beginnend mit der Prüfung des Kreditkunden, Einhaltung der Geldwäsche-Vorschriften bis zur Kreditanalyse, Risikobewertung und Ausarbeitung der einzelnen Vertragsdetails) und beidseitige Unterschriften geleistet wurden, wird das Girokonto des Kreditnehmers um den Darlehensbetrag erhöht. Die entscheidende Frage ist, ob als Voraussetzung für die Buchung der Kreditsumme des Darlehensempfängers auf ihrem Konto die Bank tatsächlich diesen Betrag von einem anderen Konto abzieht, welches zur Verringerung von gleichem Wert in einer anderen Position führt - entweder durch Verringerung des Zentralbankguthabens (wie es die Mindestreserve-Theorie verlangt)  oder andere Mittel (wie es die Finanzintermediation- Theorie verlangt). Stellt sich heraus, dass die Bank in der Lage ist, das Konto des Darlehensempfängers um den Kreditbetrag zu erhöhen, ohne Geld von einem anderen internen oder externen Konto abgehoben zu haben oder ohne das Geld von einer anderen internen oder externen Quelle zu überweisen, würde dies den Anscheinsbeweis begründen, dass die Bank fähig war, das Darlehen aus dem Nichts zu schöpfen. In diesem Fall würde die Geldschöpfungs-Theorie unterstützt und die Theorie, dass die einzelne Bank als Vermittler auftritt, die zuerst Spargeld oder Fonds erhalten muss, bevor sie in der Lage ist, Kredite zu vergeben (sei es in Übereinstimmung mit der Mindestreserve-Theorie oder der Finanzintermediation-Theorie), abgelehnt.


Diese Aufgabenbeschreibung der Untersuchung lässt bereits das gewünschte Ergebnis vermuten. Es werden nur Bilanzzahlen untersucht, welche zu dem Ergebnis führen, dass auch eine einzelne Bank in der Lage ist, Geld aus dem Nichts zu schöpfen. Damit wäre dann die „fraktional reserve theory“ als auch die „financal intermediation theory“ widerlegt.

Bei der Beweisführung, sowie besonders bei den Annahmen zu den zu untersuchenden Theorien, sind Werner m. E. einige eklatante Fehler unterlaufen, welche das Ergebnis seiner Untersuchung in Frage stellen. Auf einzelne Fehler wird nachfolgend eingegangen.

1.)   „Multiple Geldschöpfung“
Werner geht von einer multiplen Geldschöpfung nach Phillips aus. Bereits 1970 führte Friedrich A. Lutz im "Weltwirtschaftlichen Archiv", der "Zeitschrift des Instituts für Weltwirtschaft an der Universität Kiel", Band 104, Seite 3-19, in einen Aufsatz zum Thema "Geldschaffung durch die Banken" den Mangel der multiplen Geldschöpfung nach Phillips auf. Im Wikibeitrag „Multiplikatormodell“ werden die Fehler, basierend auf Phillips Werk dargelegt. Details zu seinem Werk sind unter „Chester Arthur Phillips“ nachzulesen. Jedoch wird noch heute in Vorlesungen an Hochschulen die „multiple Geldschöpfung“ gelehrt.
Werner benutzt nun diese unhaltbare Theorie als Grundlage für seinen Gegenbeweis. Mit dem Wegfall der irrigen Grundlage werden auch Werners Aussagen zur „fraktional reserve theory“ hinfällig.

2.)   „fraktional reserve theory“
Unter der Beschreibung der „fraktional reserve theory“ setzt Werner die Unfähigkeit der einzelnen Bank zur Geschäftsbanken-Buchgeldschöpfung voraus. Diese kann demnach nur als Vermittler tätig werden. Eine, in der neueren Fachliteratur kaum noch anzutreffende Annahme. Wie unter Punkt 1 bereits dargelegt und mit Hilfe der weiterführenden Literaturquellen logisch nachgewiesen, basiert diese Aussage Werners auf einer fehlerhaften Grundannahme. Eine Bank im „fraktional reserve system“ kann sehr wohl Geschäftsbanken-Buchgeld schöpfen, wie dies auch das gesamte Bankensystem kann. Die entsprechenden Grundlagen sind von Werner offensichtlich nicht untersucht, sondern nur ungeprüft aus der älteren Literatur übernommen worden.
 
3.)   „financal intermediation theory“
Werner interpretiert die „financal intermediation theory“ als einfache Annahme und Weitergabe von Geld. Die Geschäftsbank nimmt 100 € entgegen und kann diese 100 € dann weiter verleihen. Seiner Meinung nach muss in der Bankbilanz dann eine Bilanzposition um 100 € gemindert werden, während das Sichtguthaben des Darlehensnehmers, und damit eine andere Bilanzposition, um 100 € ansteigt. Mit den Geldmengenaggregaten (M1 bis M3) hat sich Werner offensichtlich bisher nicht näher beschäftigt. Auch die „goldene Bankregel“, basierend auf Otto Hübners Regel:
Zitat
„Der Credit, welchen eine Bank geben kann, ohne Gefahr zu laufen, ihre Verbindlichkeiten nicht erfüllen zu können, muß nicht nur im Betrage, sondern auch in der Qualität dem Credite entsprechen, welchen sie genießt.
[…] Die Bank kann, wenn sie auf drei Monate Gelder deponiert erhält, ohne Gefahr dieselben nicht auf sechs Monate ausborgen.“(Seite 28 ff)
scheint ihm nicht bekannt zu sein. Wenn ein Kunde der Bank sein Sichtguthaben längerfristig zur Verfügung stellt, also spart, so kann dieser Betrag von der Bank als neuer Kredit ausgereicht werden, ohne dass dies Einfluss auf die Zahlungsfähigkeit der Bank hätte. Die goldene Bankregel wäre damit eingehalten. Das Kunden-Sparkonto muss also auch bei der Geldvermittlung nicht um den Darlehensbetrag verringert werden.


Weitere Anmerkungen sowie eine Schlussfolgerung werden im nächsten Beitrag eingestellt.

Beste Grüße
Rudi
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Geldsystem / Re: Geldschöpfung 2.0
« Letzter Beitrag von Mumken am 02. Februar 2015, 14:47:56 »
Hallo Markus,

gehe davon aus, dass die komplizierte Erklärung nicht bewusst gewählt wurde, sondern weil man überzeugt war, die einzig richtige mathematische Herleitung anbieten zu können.

Meine Excel-Lösung ist hingegen eine Mathematik für Dummies. Jeder versteht sie zwar, aber dennoch fehlt ihr die Eleganz und das Staunen einer nichtverstehenden Leserschaft. "Liated mi Lefuet" vom Gelben Forum führte hierzu aus, dass diese Erklärung von einer Münchener Hochschule stamme. Nur was mathematisch gut verkleidet wird wirkt auch seriös.

Beste Grüße
Rudi
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Geldsystem / Re: Geldschöpfung 2.0
« Letzter Beitrag von HannsGschaft am 09. November 2014, 15:25:48 »
Hallo Rudi

Du fragst: "Die Zusammenhänge  kann man natürlich auch noch viel komplizierter darstellen, nur weshalb?"

Es liegt wohl an der häufig anzutreffenden menschlichen Schwäche, das Wichtige einer Aussage in wenige Worte/Gedanken zusammen zu fassen. Das dürfte zumindest für den "Normalbürger" zutreffen.
Darüber hinaus gibt es allerdings auch eine Spezies, die gezielt mit einem Wortschwall das Wesentliche so umschreiben, dass es nur mehr mit Mühe verstanden wird. Das nennt man wohl "Intelektuell".

Salut
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Nachhaltige Energie / Re: Anmerkungen zu Beiträgen "Nachhaltige Energie"
« Letzter Beitrag von HannsGschaft am 09. November 2014, 14:39:40 »
Es wird Zeit hier mal wieder etwas zu schreiben. Das Thema Energiewende ist ja schliesslich immer noch sehr aktiv am laufen. Im Blog campact.de unter dem Titel "Endlich: Der Weltklimarat traut sich was!" wird in den Kommentaren auch unsere Energiewende angesprochen. Ich konnte es mir nicht verkneifen, ebenfalls meinen Senf dazu beizutragen.
http://blog.campact.de/2014/11/endlich-der-weltklimarat-traut-sich-was/comment-page-1/#comment-32658

Naja. Sonne und Wind liefern zusammen im Durchschnitt 1300 Vollaststunden Strom im Jahr. Die restlichen 7400 Stunden müssen irgendwie mit Speichern überbrückt werden. Und falls wir diese irgendwann mal haben, müssen sie auch regelmässig mit überschüssigem Strom gefüllt werden. Das beste Leistungsverhältnis (input/output) haben haben derzeit Pumpspeicherkraftwerke mit einem Verlust von 20-25%. Wenn ich als Beispiel das PSW Goldisthal nehme, brauche ich zum Füllen des Oberbeckens über 10-11 Stunden Pumpdauerleistung je 1 MWh Strom (gesamt allso 10-11 MWh). Wenn das Dingens voll ist, kann ich 8 Stunden lang je 1 MWh (gesamt 8 MWh) wieder zurück bekommen. Kann sich ja jeder mal selbst ausrechnen wieviel Goldisthal’s wir bei einem Jahresstrombedarf von rund 650 TWh (650.000.000 MWh) brauchen.
Mit Biogas sieht es auch nicht recht viel besser aus. Ein Blockheizkraftwerk mit 300 MWh Leistung verbraucht bei 4000 Betriebstunden/Jahr (Oktober bis März) den Ertrag von 400-600 Hektar aus Land- und Forstwirtschaft. Wäre Deutschland so gross und dünnbesiedelt wie Kanada könnte man damit eventuell wenigstens für die Wintermonate spekulieren. Aber auch nur in ländlicher Umgebung.
P2G (Power to Gas) ist ja auch seit einiger Zeit im Gespräch. Bei Umwandlungsverlusten von 70-80% wird es aber richtig teuer. Nehmen wir Windstrom mit rund 10 cent/kWh müsste der daraus hergestellte Strom schon mal 40-50 cent/kWh zuzüglich der Kraftwerks- und Netzkosten plus Steuern kosten. Damit wären wir incl. MWSt schon nahe an 1 Euro/kWh. Und das derzeit vorhandene Speichervolumen reicht auch grad mal für etwa 1 Monat.

Bis zum Jahr 2050 sollten also noch einige technische Wunderwerke erfunden werden um die jetzt schon bekannten Probleme zu bewältigen.



    Peter
    Antworten
    06.11.14 @ 18:39

Die von dir beschriebene Regelenergie war bereits zu fossilen Zeiten teurer und wird auch in Zukunft teurer als Grundlast-Leistung sein. Sie macht aber nur einen Bruchteil des Energiebedarfs aus. Beispielsweise ist es an der Zeit das die Netzbetreiber Grundlagen schaffen um Lastzeiten geeigneter Verbraucher bedarfsorientiert zu verschieben. Intelligente Netze sind ein notwendiges wichtiges Werkzeug für eine gelungene Energiewende, denn sie reduzieren den Bedarf an teurer Regelenergie enorm, Berechnungen zufolge um bis zu 40%.


Meine folgende Antwort von heute ist noch nicht freigeschaltet

Hallo Peter

Meine Beschreibung basierte nicht auf Regelenergie sondern betraf die Gesamtversorgung.
Um aber auf Ihre Anmerkung näher einzugehen muss ich etwas weiter ausholen. Die bisherige Leistungsverteilung der Kraftwerke war etwa 45 GWh Grundlastkraftwerke, etwa 30 GWh Mittellastkraftwerke und etwa 5 GWh Spitzenlastkraftwerke.
- Die Grundlastkraftwerke liefen rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr im optimalen Leistungsbereich (Treibstoffverbrauch, Materialverschleiss). Der durchschnittliche Preis je kWh Strom lag bei rund 5 Cent inkl. Kraftwerkskosten. Für diese Preiskalkulation musste so ein KW allerdings auch wenigstens 8000 Stunden/Jahr störungsfrei durchlaufen.
- Die Mittellastkraftwerke lieferten täglich nur von etwa 6 Uhr morgens bis 24 Uhr bedarfsangeglichen. Deshalb konnte natürlich in den Leerlaufzeiten auch kein Treibstoff eingespart werden, weil ja die Dampfturbinen permanent in Bereitschaft sein mussten. Durch das ständige rauf- und runterfahren war natürlich auch der Verschleiss entsprechend grösser. Man kann das mit einem Auto vergleichen das im reinen Stadtbetrieb nur 200.000 km durchhält, während es als reines Langstreckenfahrzeug locker 350.000 km vertragen würde. Die Preiskalkulation unter Berücksichtigung von höherem Verschleiss und weniger Betriebsstunden ergibt demnach einen kWh-Preis von 8-10 Cent.
- Die Spitzenlastkraftwerke sind sozusagen die schnell regelbaren “Turbomaschinen” in der Stromversorgung. Das sind zum einen die Gasturbinen (vergleichbar einem Düsenantrieb) und die Pumpspeicherkraftwerke. Deren feste Betriebskosten müssen auf wenige (4-5) tägliche Betriebsstunden verteilt werden. Daraus errechnet sich ein kWh-Preis von 11-14 Cent.

Der reine Strompreis (Treibstoff, Kraftwerk, Personal, Reparaturrückstellungen) für das Jahr 2013 lag laut meiner Abrechnung bei 7,8 Cent kWh.

Nun hat die Vorrangeinspeisung durch die “Erneuerbaren” die ganze Kalkulation arg durcheinander geschüttelt. Rein nach bereits installierter Leistung für Wind- und Sonnenstrom könnten wir alle anderen Kraftwerke schon heute abschalten. Leider hat aber die INSTALLIERTE Leistung nichts mit der tatsächlich gelieferten Leistung zu tun. Diese wechselt ständig im Bereich von 0-70%. Wobei die fast 0% (250-700MWh) sehr viel öfter erreicht werden als die optimalen Spitzen von 50.000-60.000MWh.
Das heisst, die konventionellen Kraftwerke oder entsprechende Speicher müssen ständig bereit sein, die volle Schwankungsbreite und den darüber hinausgehenden Rest auszugleichen. Durch diese Bereitschaft wird kaum Treibstoff eingespart, durch das ständige Rauf- und Runterfahren herhöht sich der Verschleiss, und die laufenden Kosten müssen auf weniger gelieferte kWh umgerechnet werden.

Wie wechselhaft Wind und Sonne sind, können Sie gut selbst beobachten. Betrachten Sie zum Beispiel einen Windpark in Ihrer Nähe. Wie oft drehen die Propeller schnell (Windstärke 8-10 = 100% Leistung), oder eher langsam, oder auch garnicht? Gleiches gilt für Fotovoltaik. Haben Sie selbst eine solche Anlage auf dem Dach? Dann schauen Sie mal an einem wolkigen (nicht bedeckten) Tag auf die Einspeiseleistung. Wenn sich eine Wolke vor die Sonne schiebt, bricht die Leistung innerhalb von 1 Minute um bis zu 50% ein. Gleiches passiert natürlich auch, wenn die Wolke wieder weg ist, dann schiesst die Einspeiseleistung wieder nach oben. Diese Schwankungen müssen sowohl vom Netz, als auch von den Regelkraftwerken abgefangen werden können. Da helfen mir Jahresdurchschnittswerte gar nichts. Hier handelt es sich um Stunden- und Minutenwerte die da abgefangen werden müssen.

Ich hoffe Ihnen mit meinem ellenlangen Monolog den derzeitigen Stand verständlich rüber gebracht zu haben. Wir sind noch weit von einer bezahlbaren Lösung der bereits bekannten Probleme entfernt. Und ich spreche/schreibe hier in erster Linie im Sinne unserer sozial schwachen Mitbürger. Das betrifft nicht nur Hartz-IV sondern auch Geringverdiener, also rund 10 Millionen Haushalte in unserem schönen Land.

mfg


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Geldsystem / Clearing
« Letzter Beitrag von Mumken am 17. Oktober 2014, 15:49:59 »
Zum Thema Geldschöpfung passt auch eine Erklärung des Clearings. Im "Gelben Forum"
http://www.dasgelbeforum.net/forum_entry.php?id=325608
führt "Liated mi Lefuet" hierzu aus: (Inhalt etwas verkürzt wiedergegeben)





Die Funktionsweise der Matrix mit ZB wird im gelben Forum umfangreich erklärt, obwohl mir Sinn und Zweck dieser Übung nicht einleuchten.

Die Zahlen in eine einfache Excel-Tabelle eintragen und ich habe gleich alle erforderlichen Ergebnisse.



C zahlt 8 GE  und  B erhält 7 GE sowie A 1 GE.

An einem ausführlicheren Beispiel wird dies unter Bargeldlose Zahlungen dargestellt
Die Zusammenhänge  kann man natürlich auch noch viel komplizierter darstellen, nur weshalb?

Beste Grüße
Rudi
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Geldsystem / Geld und Geldversprechen
« Letzter Beitrag von Mumken am 07. September 2014, 11:38:58 »
Nach Georg Friedrich Knapp ist Geld ein Geschöpf der Rechtsordnung, wie er in seinem Werk "Staatliche Theorie des Geldes" feststellt.
Offensichtlich basiert auch der Auszug im nachfolgende Beitrag von Renée Menéndez, in einem Beitrag auf "Geld mit System" auf dieser Auffassung. (siehe auch soffisticated, die Blogseite von Renée Menéndez)

Zitat

Der Grund ist einfach der, daß eine Zentralbank, die einer Geschäftsbank einen Kredit erteilt die Verpflichtung übernimmt, auf erste Anforderung Banknoten an die Bank zu liefern (im wahrsten Sinne des Wortes). Mit dieser Lieferung von Banknoten (die für eine Zentralbank keinen Wert aufweisen) reduziert sich sofort die Schuld der Zentralbank, während die entsprechende Forderung unverändert bestehen bleibt. Die Geschäftsbank bucht einen Aktivtausch (Zugang Bargeld / Abgang Forderungen an Zentralbank), während die Zentralbank einen Passivtausch vornimmt (Abgang Verbindlichkeit gegen Geschäftsbank / Zugang Banknotenumlauf). Das Entscheidende dabei ist, daß die Lieferung von Banknoten für die Zentralbank eine schuldbefreiende Übergabe der geschuldeten Sache "Banknoten" ist und die Zentralbank demzufolge nach Banknotenausgabe weniger Schulden hat als vorher. Dabei ist zu beachten, daß die übergebenen Banknoten als Erfüllung einer Verbindlichkeit selbst eine Sache sind und keine Verbindlichkeit, denn eine Verbindlichkeit kann nicht mit einer Verbindlichkeit getilgt werden, sondern nur mit der Übergabe der geschuldeten Sache.

Aus diesem Grund ist entgegen einem weitverbreiteten Irrtum eine Banknote eine Sache (mit Registriernummer), und weder eine Forderung noch eine Verbindlichkeit. (Daß man die Forderung gegen eine Zentralbank, die ihr eigenes Geld betrifft so behandeln kann, als wäre es eine Sache, hatte ich ja schon angedeutet.) Die auch häufig anzutreffende Interpretation, der Banknotenumlauf wäre eine Verbindlichkeit der Zentralbank weil der ja schließlich "auf der Passivseite steht", stellt eine elementare Verwechslung der Kategorien Schuldrecht und Sachenrecht dar. Der Banknotenumlauf ist so gesehen nichts weiter als ein Merkposten über das Volumen der ausgelieferten (emittierten) Banknoten - und eben keine Schuld, weil er Ausdruck von beglichenen Schulden ist.



Meine Antwort dazu, teilweise gekürzt und ergänzt:

Dein Modell der Beschreibung der Banknote als eine Sache kann ich zwar nachvollziehen, halte die Erklärung aber für wenig geeignet, die Funktion der Banknote in unserem heutigen Geldsystem wiederzugeben. Unser Rechtssystem arbeitet vielfach noch mit Begriffen aus den vorigen Jahrhunderten.

So spricht § 488 BGB - Vertragstypische Pflichten beim Darlehensvertrag von einem Darlehen wenn ein Kredit gemeint ist. Dem Darlehensnehmer wird ein "Geldbetrag" zur Verfügung gestellt. Er erhält ein "Lehen", hat sich etwas geliehen. Zu Zeiten von Warengeld oder einer goldgedeckten Währung sicher eine zutreffende Beschreibung. Für unser heutiges Geldsystem ist mE diese Beschreibung eher irreführend. Es wird nichts mehr verliehen.

Bereits 1889 sagte Henry Dunning Macleod, ein schottischer Nationalökonom in seinem Buch "The Theory of Credit":

"A Bank is, therefore, not an office for ,borrowing' and ,lending' money: but it is a Manufactory of Credit: as Bishop Berkeley said, ,a Bank is a Gold Mine'."

Korrekt ist, das Bargeld das einzige "gesetzliche Zahlungsmittel" ist und die Übergabe von Bargeld eine schuldbefreiende Wirkung hat.  Das Buchgeld der Geschäftsbanken ist kein gesetzliches Zahlungsmittel sondern nur ein Versprechen der Geschäftsbank, dieses auf Anforderung in Bargeld umzutauschen. Da der Staat aber dieses Buchgeld zur Zahlung von Steuern akzeptiert, ja sogar eine direkte Barzahlung mittlerweile ablehnt, ist auch das Buchgeld der Geschäftsbanken dem Bargeld faktisch gleichgestellt, (s. a. Geldarten).

Das Buchgeld der Geschäftsbanken kann man aber auch als Verbindlichkeit der Geschäftsbank gegenüber dem Kunden ansehen. Die Geschäftsbank verleiht das Vertrauen, welches sie allgemein genießt, an den Kreditnehmer. Sie stellt ihm auf seinem Girokonto den Kreditbetrag zur Verfügung. Mit diesem kann er "wie mit Geld" bezahlen. Als Verrechnungseinheit wird die gegenwärtige Währung genommen. Werden heute 97% der Zahlungsströme mit Buchgeld abgewickelt und nur 3 % mit Bargeld, so ist der Stellenwert von Bargeld in unserem Geldsystem doch leicht ersichtlich. Dies macht mE deutlich, dass die Fixierung auf das Bargeld als einzigem "gesetzlichem Zahlungsmittel mit Annahmezwang und Schuldbefreiung" an der heutigen Realität vorbeigeht.

Eine ähnliche Diskussion erfolgte auf die Aussage in einer Mailingliste:
Zitat
"GBs schaffen Kredite (wobei die Forderungen zirkulieren=als Geld fungieren; sie sind aber niemals endgültiges Zahlungsmittel)"


Woher stammt die Erkenntnis, dass Geschäftsbanken-Buchgeld "niemals endgültiges Zahlungsmittel ist"? Die Zusammenhänge zwischen "gesetzlichem Zahlungsmittel" und Geschäftsbanken-Buchgeld sind bekannt. Wenn durch eine Überweisung eine Forderung beglichen wird, ist dieser Vorgang endgültig. ZBG steht zwar als Referenzgröße im Hintergrund, ist aber selbst nicht zwingend zur Begleichung der Forderung erforderlich. Die Überweisungsverfahren im frühen Bankwesen habe ich einmal an einem einfachen Beispiel aufgeführt.
Depositen- und Girobanken
Es handelte sich zwar um Goldmünzen, die als Referenz im Tresor einer Bank deponiert waren, aber ansonsten sind die Verhältnisse zur Klärung der Referenz vergleichbar. Die Gulden (Goldmünzen) wurden eingelagert und dienten bei der Girobank fortan vorwiegend nur noch als Referenz. Auf den Kontenblättern der Bank wurden Guthaben notiert und als Maßeinheit wurde der Gulden genommen. Zahlungsvorgänge wurden nur noch durch "Umschreibungen" auf den Kontenblättern vorgenommen. Auch hier könnte man die tatsächliche Goldmünze als endgültiges Zahlungsmittel bezeichnen, auch wenn sie im Tagesgeschäft bei Überweisungen überhaupt nicht mehr in Erscheinung trat. Die Gulden im Tresor waren zweitrangig geworden. Außer für Auflösungen oder Barabhebungen von Konten wurden sie nicht mehr benötigt. Alle Überweisungen konnten auch "endgültig" mit Buchgeld erfolgen. Der Zahlungsverkehr der Bank wäre auch weitergelaufen, wenn im Tresor überhaupt keine Gulden mehr vorhanden gewesen wären.  Der Bankbesitzer hätte sie ja unrechtmäßigerweise heimlich entwendet haben können. Dies geschah ähnlich mit der Bank von Amsterdam, nur dass die Bank das Bargeld an die "Niederländische Ostindien-Kompanie" ausgeliehen hatte. Der Bankbetrieb lief weiter. Erst als bekannt wurde, dass im Tresor nur noch ein Teil des eingelegten Geldes vorhanden war, kam es zu einem Bank Run. Ohne den Verrat dieser Internas wäre es zu keiner Krise gekommen.
Amsterdamer Wechselbank

Mit dem Beispiel möchte ich nur erläutern, dass der Referenzwert zwar für den Überweisungsverkehr von Bedeutung ist, dass tatsächliche Vorhandensein dieser Werte in entsprechendem Volumen jedoch nicht zwingend erforderlich ist. 


Obwohl die Sesterzen alsbald nicht mehr geprägt wurden und erst später als Messing- oder Bronzemünzen wiederauftauchten, bestanden sie gemäß Mitchell-Innes noch Jahrhunderte später weiter als körperlose Recheneinheit. (Theorie des Geldes - Geld als Kredit)  Es ginge theoretisch also auch ohne dass Vorhandensein von ZBG. Wird das Bargeld abgeschafft und die Mindestreserve auf Null gesetzt, wird ZBG nur noch als Währungseinheit benötigt (wenn die Banken sich entsprechend vertrauen und den Ausgleich von Überweisungen via Bankenkontokorrent bewerkstelligen).

Den Vorgang der Auslieferung von Bargeld durch die Bundesbank sehe ich etwas anders als von Dir dargestellt. Die Banknoten stellen mE einen Schuldschein der Bundesbank dar. Die Bundesbank erwirbt Aktiva von der Geschäftsbank und bezahlt diese mit Forderungen auf sich selbst. Diese Forderungen können aus Zentralbank-Buchgeld oder aber Bargeld bestehen. Das Aktivum besteht aus einer Forderung gegen die Geschäftsbank, besichert mit zentralbankfähigen Wertpapieren. Zahlt die Geschäftsbank nun den Kreditbetrag mit Bargeld (oder aber auch mit Zentralbank-Buchgeld) zurück, erlischt auch das Aktivum und die Zentralbank muss die als Sicherheit hinterlegten Wertpapiere freigeben. Ich sehe hier nicht, wie die Zentralbank im ersten Schritt durch Ausgabe von Bargeld ihre Schuld gegenüber der Geschäftsbank endgültig abgegolten hätte. Wie auch das Zentralbank-Buchgeld stellt das Bargeld eine Schuld der Zentralbank dar. Unser Rechtssystem in der von Dir vorgenommen Weise in die Erklärung unseres Geldsystems einzuflechten, halte ich nicht für besonders zweckmäßig. 
---Ende des ursprünglichen Beitrages---
Renée Menéndez hat auf meinen Einwand bis heute nicht geantwortet.

Die vorgenannte Auffassung von Renée Menéndez kann zwar als extrem angesehen werden, jedoch ist die Vorstellung von Bargeld als einzigem legitimem "Geld" auch sonst weit verbreitet. Danach existiert "Geld" und ein "Anspruch auf dieses Geld". Das uns bekannte Geschäftsbanken-Buchgeld ist solch ein "Anspruch auf Geld". Das Bargeld, als Produkt der Zentralbank, wird zwar von allen Teilnehmern am Wirtschaftsleben eines Staates meist ohne Widerspruch als Zahlungsmittel akzeptiert, jedoch erfüllt auch das Buchgeld der Geschäftsbanken diese Zahlungsmittelfunktion ebenso.

Beste Grüße
Rudi
19
Geldsystem / Geldschöpfung 2.0
« Letzter Beitrag von Mumken am 26. Mai 2014, 10:13:53 »
Mit Geldschöpfung 2.0 soll ein Versuch unternommen werden, die vielen Erklärungsversuche im Netz mit Pro und Kontra zur Schöpfung von Geld aus dem Nichts gegenüber zu stellen, sowie zu einer sachlichen Auseinandersetzung mit dem Thema zu gelangen. Polarisierungen bringen absolut nichts, sondern kosten nur Zeit und führen zu falschen Schlussfolgerungen.

Das Thema Geldschöpfung der Geschäftsbanken wird immer wieder andiskutiert, findet jedoch nie zu einem befriedigenden Ergebnis. In vielen Foren werden dazu Diskussionen geführt, die teilweise bis zu persönlichen Beleidigungen führen, ohne zu einer allgemein akzeptablen Schlussfolgerung zu gelangen. Auch eine Gegenüberstellung von herausgearbeiteten gegensätzlichen Standpunkten erfolgt nicht. Die Situation in einschlägigen Mailinglisten zum Geldsystem ist ähnlich.

Geldbegriff
Wenn von Geldschöpfung gesprochen wird, ist zuerst die Einigung auf einen gemeinsamen Begriff von Geld bzw. der vorhandenen Geldmenge erforderlich. Hierzu die Bundesbank in ihrem „Schülerbuch, Geld und Geldpolitik, 2012, Seite 69“

Zitat
Die Geldmenge lässt sich nicht eindeutig definieren
Da die Übergänge zwischen den unterschiedlichen Einlegearten und kurzfristigen Finanzinstrumenten fließend sind, lässt sich die Geldmenge nicht eindeutig definieren. Letztlich hängt es beispielsweise von der Fragestellung der Untersuchung ab, welche Einlegearten man zum Geld rechnet und welche nicht bzw. welche Geldmenge man in der Untersuchung verwendet. Vor diesem Hintergrund haben andere Länder ihre Geldmengen nach anderen Kriterien definiert, beispielsweise die Schweiz und die USA.

In der praktischen Geldpolitik steht in der Regel derjenige Geldmengenbegriff im Vordergrund, der zur Erfüllung der geldpolitischen Ziele am besten geeignet erscheint. Für das auf Preisstabilität verpflichtete Eurosystem steht die weit abgegrenzte Geldmenge M3 im Vordergrund seiner monetären Lageeinschätzung.

Eine allgemeingültige Definition existiert also nicht und die Geldmengenbegriffe der EZB dienen vordergründig geldpolitischen Zielen.

Bankbetrieb
Das Stichwort Geldmenge suchte ich in einem führenden Fachbuch der Bankbetriebslehre „Wirtschaftslehre des Kreditwesens, Grill/Perczynski, 47. Auflage“ vergebens. Ein anderes Fachbuch, Bankbetriebslehre, Becker/Peppmeyer, 8. Auflage,  widmet diesem Thema genau eine halbe Buchseite (Seit 74 unten) und wiederholt im Wesentlichen die o.g. Aussage der Bundesbank. Die Geldmengendefinition ist also für den Bankbetrieb ohne Belang, d. h. diese Begriffe sind nur in der Volkswirtschaft von Bedeutung. Bei der Frage der Geldschöpfung muss man demnach auch unterscheiden, ob im betriebswirtschaftlichen Sinn die Geldschöpfung einer Geschäftsbank untersucht werden soll oder aber im volkswirtschaftlichen Sinn die Geldschöpfung des gesamten Bankensystems, bezogen auf die Geldmengenbegriffe der EZB.

Geschäftsbanken können Buchgeld auf zwei Wegen schöpfen und zwar
  • durch Kreditgewährung der Bank an einen Kunden
  • durch Ankauf von Aktiva durch die Bank, z. B. Gebäude, Wertpapiere oder andere Güter

Betrachtet man nur die direkt kaufkraftfähige Geldmenge M1 als Geld, entsteht eine dritte Möglichkeit durch die Umwandlung von Spar- und Termineinlagen in Sichteinlagen. Bei der Beschränkung auf M1 entsteht Geld durch Umschichten von längerfristig angelegtem Geld in sofort verfügbares Geld. Mit dieser Funktion kann nun aber keine sinnvolle Aussage über die Geldschöpfungsmöglichkeit einer Geschäftsbank getroffen werden. Auch hat die Bank wenig Einflussmöglichkeiten auf das Handeln der Kunden, welche mit einer Umwandlung ja „Geld“ schöpfen können. Es erscheint deshalb zweckmäßig, die Möglichkeit der Umwandlung unberücksichtigt zu lassen, d. h. davon auszugehen, dass Geldschöpfung für diese Untersuchung nur durch die beiden o. g. Vorgänge entsteht. Bei beiden Vorgängen verschuldet sich die Bank gegenüber ihrem Kunden, jedoch tritt eine Verschuldung des Kunden gegenüber der Bank nur bei einer Kreditgewährung ein.

Der buchungstechnische Vorgang der Geldschöpfung dürfte hier allgemein bekannt sein. Betrachtet man diesen Vorgang isoliert von anderen, könnte man von einer Geldschöpfung aus dem Nichts sprechen. Mit der Geldschöpfung werden zwangsläufig aber noch andere Ereignisse innerhalb der Bank ausgelöst.

Als Reaktion auf die Geldschöpfung wird der betroffene Kunde höchstwahrscheinlich
  • eine Bargeldabhebung vornehmen,
  • eine Überweisung zu einem Kunden bei einer anderen Bank tätigen,
  • eine Überweisung zu einem Kunden bei der eigenen Bank vornehmen.
Abhängig vom Kundenhandeln muss die Bank reagieren.
Im ersten Fall muss sie sich Bargeld besorgen. Dies kann über die Zentralbank oder aber durch Hereinnahme von Bargeld durch Kunden geschehen.

Wird eine Überweisung an eine andere Bank getätigt, so ist grundsätzlich entweder Zentralbank-Buchgeld erforderlich, falls sich im Wege von Clearing und Settlement nicht ein Ausgleich schaffen lässt, oder aber es muss bei der anderen Bank ein Kredit aufgenommen werden. Wie aus den konsolidierten Bilanzen der Bundesbank/EZB ablesbar, hat der Handel unter Banken eine erstaunliche Größenordnung angenommen. Bei einer Bilanzsumme der MFIs in Deutschland von 7,5 Billionen € beträgt der Interbankenhandel (ohne Bundesbank) 2,1 Billionen €. Dieser besteht zu ¾ aus Buchkrediten und ¼ an Wertpapieren (Stand März 2014, Monatsberichte der Deutschen Bundesbank).

Benutzt der Kunde sein Giroguthaben zur Überweisung an einen Kunden bei derselben Bank, muss die Bank lediglich eine Umbuchung von "Verbindlichkeiten gegenüber Kunden" vornehmen.

Da die Kunden der Bank unterschiedliche Möglichkeiten besitzen ihre Sichtguthaben in Anspruch zu nehmen, kann m. E. keine seriöse Aussage über die Geldschöpfungskapazität der Banken getroffen werden, da sie das Vorgehen des Kunden kaum beeinflussen kann. Jede dieser Möglichkeiten müsste einzeln untersucht und quantitativ bewertet werden. In den Bilanzen der Banken sind hierzu jedoch keine verwendbaren Zahlen enthalten, so dass eine Untersuchung bereits an dieser Stelle scheitert.

Kann man aus den konsolidierten Bilanzen der MFIs noch auf anderem Wege zu einer Aussage über die Geldschöpfung des gesamten Bankensystems kommen? Aus den Zeitreihen der Bundesbank lässt sich die Entwicklung der Geldmengen wie auch der einzelnen konsolidierten Bilanzpositionen der MFIs entnehmen. (Fortsetzung folgt)

Beste Grüße
Rudi
20
Gesellschaft / Zuviel war nicht genug
« Letzter Beitrag von Mumken am 20. Mai 2014, 20:05:06 »
Zuviel war nicht genug,

so wird es auf dem Grabstein des Kapitalismus stehen. (Volker Pispers, 2010)

Volker Pispers Bis neulich 2010 1 3 Wir haben von allem zuviel, aber wir brauchen Wachstum Small | Large


Zu dem Mythos des fleißigen Deutschen sollte man sich mal den Beitrag der ARD,
veröffentlicht am 20.07.2013,
Sendung "Geschichte im Ersten: Unser Wirtschaftswunder - Die wahre Geschichte" von Christoph Weber,
ansehen.

Geschichte im Ersten: Unser Wirtschaftswunder - Die wahre Geschichte


Einige Abstriche an unserem Deutschlandbild werden wir wohl vornehmen müssen und auch anerkennen, dass die USA das Handwerk der Massenmanipulation meisterlich beherrschten.
 
Gruß
Rudi

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