Das Geldrätsel: Mindestreserve
Bei der Mindestreserve handelt es sich um Reserven, die ein Kreditinstitut laut Gesetz bei der Zentralbank unterhalten muss. Abhängig von den Kundeneinlagen ist ein Reservebetrag auf dem Zentralbankkonto der jeweiligen Bank erforderlich. Dieser Betrag entspricht einem gewissen Prozentsatz der Kundeneinlagen einer Bank[1].
Diente die Mindestreserve ursprünglich nur als Reserve zur Absicherung der Einlagen bei Geschäftsbanken, so entwickelte sie sich alsbald zu einer Einflussmöglichkeit der Zentralbank auf die Geldmenge.[2]
Lag der Mindestreservesatz in der Bundesrepublik Deutschland bis in die 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts noch im Bereich von 5 - 20 %, ist er mit Einrichtung des Euroraumes auf 2 % und seit dem 18.01.2012 sogar auf 1 % gesenkt worden. Die geldpolitische Steuerungsmöglichkeit der Zentralbank über die Mindestreserve auf die Geldmenge ist damit praktisch nicht mehr vorhanden.[3]
Geblieben sind indes die Inhalte mancher Hochschulvorlesungen, welche die Multiplikatorfunktion des Zentralbankgeldes immer noch lehren.
Auch die Aussage im Schülerbuch der Bundesbank wirkt verwirrend. Hier heißt es:
"Mit der Mindestreserve kann die Zentralbank das Ausmaß der Geldschöpfung beeinflussen."[4]
Es wird jedoch nicht erwähnt, dass bei dem heutigen Reservesatz von 1 % diese Funktion faktisch nicht mehr vorhanden ist.
Funktion heute
Geblieben ist die Funktion der Mindestreserve als Mittel des Zahlungsausgleichs[5][6]. Von den Kundeneinlagen (Bilanzposition:Verbindlichkeit gegenüber Kunden) müssen Reserven gemäß dem Mindestreservesatz während einer Mindesreserveperiode (ca. 28 Tage) an Zentralbankgeld vorgehalten werden. Diese Reserven müssen jedoch nur im Mittel vorhanden sein. Dies ist vergleichbar mit einer Geldbörse, in welcher im Monatsdurchschnitt immer ein bestimmter Betrag, beispielsweise 50 €, vorhanden sein muss. Nun kann an einem Tag der Börseninhalt auf 30 € sinken, während er an einem anderen Tag aber 80 € beträgt. Das Mittel von 50 € wäre damit eingehalten. Die Geschäftsbanken können sich bei ihren Überweisungen aus dieser "Mindestreserve-Börse" bedienen. Erst am Ende der Mindestreserveperiode muss für die Einhaltung des Mittelwertes gesorgt werden.[7] Durch die Funktion des Zahlungsausgleichs wirkt sich die Mindestreserve stabilisierend auf die Geldmarktsätze aus. Als weitere Funktion wird von der EZB die "Vergrößerung der strukturellen Liquiditätsknappheit" genannt. Etwas verständlicher wird dies mit der "Anbindungsfunktion" beschrieben. Die Banken sind verpflichtet, für die Mindestreserve eine bestimmten Menge Zentralbankgeld zu erwerben. Die Zentralbank bindet somit die Geschäftsbanken an sich. Damit wird dann auch die "Knappheit" des Zentralbankgeldes erhöht. Eine angesichts der heutigen Flutung der Banken mit Zentralbankgeld doch fragwürdige Aussage.
Zusammenfassung
Die Mindestreserve in ihrer heutigen Form mit einem Reservesatz von nur 1 % hat keine Auswirkungen auf die Kreditschöpfungsmöglichkeit der Geschäftsbanken mehr. Die, in der Literatur noch oft vorzufindende Steuerungsfunktion auf die Geldmenge existiert bei einem Satz von 1 % heute nicht mehr. Die Mindestreserve dient lediglich noch einer Reduzierung der erforderlichen Zentralbankmittel beim Zahlungsverkehr im Bankensystem und wirkt deshalb auch indirekt beruhigend auf das Auf und Ab der Zentralbankzinsen.[8]
Einzelnachweise
<references >
- ↑ Laut Fußnote 1 auf Seite 23 im Monatsbericht Mai 2012 der Deutschen Bundesbank "Die Verbindlichkeiten der Kreditinstitute, die der Mindestreservepflicht unterliegen, decken sich weitgehend mit den Verbindlichkeiten in der weit gefassten Geldmenge M3 und umfassen täglich fällige Einlagen, Einlagen mit einer vereinbarten Laufzeit von bis zu zwei Jahren, Einlagen mit einer vereinbarten Kündigungsfrist von bis zu zwei Jahren und MFI-Schuldverschreibungen mit einer Ursprungslaufzeit von bis zu zwei Jahren."
- ↑ Angelika Müller: Die Mindestreserve: Ausgestaltung und Wandlungen eines Instrumentes der deutschen Zentralbank seit 1948. Duncker & Humblot, Berlin 1992, ISBN 3-428-07348-7.
- ↑ Gischer, Herz, Menkhoff: Kredit, Geld und Banken. 2 Auflage. Springer, Berlin Heidelberg 2005, ISBN 3-540-24169-8, S. 195.
- ↑ Schülerbuch "Geld und Geldpolitik" Ausgabe Januar 2014, Seite 77
- ↑ MindestreservenDeutsche Bundesbank, Abruf 27.10.2014, Link funktioniert nicht mehr 19.05.2019
- ↑ Schülerbuch "Geld und Geldpolitik" Stand 2017, Seite 195, Abruf 19.05.2019,
- ↑ Seite 23 im Monatsbericht Mai 2012 der Deutschen Bundesbank: "Das Mindestreserve-Soll der EZB ist vergangenheitsorientiert und richtet sich nach den in der vorangegangenen Erfüllungsperiode beobachteten Beständen an mindestreservepflichtigen Einlagen (und anderen Verbindlichkeiten der Kreditinstitute). Es wird also festgelegt, nachdem die Banken die Kreditnachfrage ihrer Kunden befriedigt haben."
- ↑ Frage an die Bundesbank zur Mindestreservepflicht.