Das Geldrätsel: Gewinn der Zentralbank
Der Geldschöpfungsgewinn durch die Herstellung von Münzen durch den Staat kommt, wie im letzten Kapitel beschrieben, diesem direkt selbst zugute.
Welchen Gewinn aber kann die Zentralbank erzielen und was geschieht mit diesem Gewinn?
Um den Geldschöpfungsgewinn einer Zentralbank zu untersuchen erscheint es sinnvoll, unterschiedliche Währungssysteme näher zu betrachten. Auch wenn die Anmerkungen zu vergangenen Systemen teilweise nur noch theoretischer Natur sind, helfen sie doch, die aktuellen Systeme besser zu verstehen.
Goldwährung
Bei der reinen Goldwährung werden als Zahlungsmittel nur vollwertige Goldmünzen (Kurantmünzen) verwendet. Damit ist nur eine Prägeanstalt mit "freiem Prägerecht" erforderlich, um ein Währungssystem zu installieren. Jeder private Goldbesitzer kann Gold in unbeschränktem Umfang zur Umwandlung in Goldmünzen bei der staatlichen Prägeanstalt abliefern. Diese prägt unentgeltlich oder gegen Erstattung der geringen Prägekosten das abgelieferte Gold zu Goldmünzen. Ein Gewinn des Staates aus der Münzprägung ist nicht vorgesehen.[1][2] Vor der Goldwährung bestand die Währung in vielen Staaten der Welt aus Silber. Auch für Silber existierte vielfach bereits ein freies Prägerecht.
Goldkernwährung
Werden neben den Goldmünzen auch in Gold einlösbare Banknoten, Schecks oder Buchgeld als Zahlungsmittel verwendet, spricht man von einer Goldkernwährung. Das "echte Geld" in Form von vollwertigen Goldmünzen stellt nur noch einen Teil der gesamten Geldmenge dar.
Im Deutschen Reich galt zum Beispiel ab 1875 die Dritteldeckung, dass heißt, die umlaufende Geldmenge durfte maximal dreimal so groß sein wie der Goldbestand der Notenbank.[3] Gold war der "Kern", der Anker dieses Geldsystems.
Wurde ein nahezu vollgedecktes System angestrebt, wie dies in der "Peelschen Bankakte" von 1844 geschah, näherte sich die Goldkernwährung dem System der Goldwährung. Jede Banknote sollte durch Gold gedeckt sein und nur eine bestimmte Anzahl an ungedeckten Banknoten durfte in Umlauf gebracht werden. Die Goldkernwährung endete 1971, als Nixon die Zusage Amerikas von "Bretton Woods" zurückzog, jederzeit Gold gegen US-Dollar einzutauschen.
Geldschöpfung
Wie kann man sich die Dritteldeckung im Deutschen Reich vorstellen? Existierten drei Banknoten gleichen Wertes in der Wirtschaft, so war nur eine dieser Banknoten durch den Goldvorrat im Bankensystem gedeckt. Dies legt den Verdacht nahe, dass es sich bei den beiden anderen Banknoten um Falschgeld handeln müsse oder um eine Schöpfung von Geld aus dem "Nichts". An den Banknoten selbst konnte man dies nicht erkennen, da es sich um gesetzlich einwandfreie Noten handelte. Der Bankkunde musste davon ausgehen, dass er bei Vorlage der drei Banknoten auch den tatsächlichen Gegenwert in Goldmünzen ausgehändigt bekam. Wenn nur einzelne Bankkunden ihre Banknoten umtauschen wollten, so stellte dies für die Bank kein Problem dar. Hätten aber sämtliche Bankkunden einer Bank ihre Banknoten gleichzeitig umtauschen wollen, so wäre die Bank zahlungsunfähig gewesen. Sie hätte den berechtigten Zahlungswünschen ihrer Kunden nicht mehr nachkommen können.
Inhaber-Schuldverschreibung
Wie
lässt sich dieses ungesetzlich erscheinende Verhalten der Banken erklären? Ungesetzlich deshalb, da die Bank offensichtlich Banknoten für nicht vorhandenes Gold ausstellte. Der genaue Wortlaut auf den Banknoten definierte diese als Inhaber-Schuldverschreibungen, ausgestellt von der Bank. Dem Besitzer der Banknote verspricht die Bank die Auszahlung von werthaltigen Goldmünzen, gegen Rückgabe der Banknote.[4]
Die Hintergründe dieser ungesetzlich erscheinenden Geldschöpfung erschließen sich erst, wenn auch die bankinternen Abläufe beachtet werden. Wird die Bank die beiden zusätzlichen Banknoten nur einfach ohne Gegenleistung an nachfragende Kunden verteilen? In der Regel wird sie diese Banknoten nur auf dem Wege einer vertraglich festgelegten Kreditvergabe ausreichen. Der Kreditnehmer verpflichtet sich, die Banknoten nach der im Kreditvertrag vereinbarten Zeit wieder an die Bank zurückzugeben. Als Sicherheit für die Einhaltung dieses Vertrages verlangt die Bank vielfach ein Pfand. Dieses kann aus einer Grundschuldeintragung bestehen.
Wurde die erste Banknote als Gegenwert für eine Goldmünze ausgegeben, so kann man bei den beiden anderen Banknoten den Gegenwert in der Forderung aus dem Kreditvertrag gegen den Kreditnehmer sehen, diese wiederum besichert durch die Grundschuldeintragung. Dass diese beiden Banknoten ohne Gegenwert, also aus dem "Nichts" geschaffen wurden, ist somit nicht nachvollziehbar. Kommt der Kreditnehmer seiner vertraglichen Rückzahlungsverpflichtung trotz Aufforderung nicht nach, kann die Bank das Pfand monetisieren, dass heißt zu Geld machen. Sie versteigert den Pfandgegenstand. Irreführend bleibt in jedem Fall die ursprüngliche Anweisung auf der Banknote, in Gold zu zahlen. Gold existierte nur für einen Teil der ausgegebenen Banknoten.
Wesentlich bleibt zu erkennen, dass der Kreditnehmer sich gegenüber der Bank verschuldete und diese sich im Gegenzug durch die Ausgabe der beiden zusätzlichen Banknoten gegenüber dem Besitzer dieser Noten verschuldete. Auch die erste Banknote stellte einen Schuldschein der Bank dar jedoch mit dem Unterschied, dass für diese Banknote tatsächlich Gold im Tresor der Bank vorhanden ist. Für diese Banknote bestand jedoch keine Kreditforderung gegen eine Nichtbank. Die Bank hatte die Goldmünze gekauft und mit einem Schuldschein, einer "Forderung gegen sich selbst" bezahlt. Banknoten sind also Schuldscheine der Bank. Heute muss diese Aussage auf die Zentralbank beschränkt werden, da Geschäftsbanken keine Banknoten mehr herausgeben dürfen.
Zentralbank-Buchgeld
Die Zentralbank kann, wie im letzten Artikel „Geldschöpfungsgewinn“ beschrieben, durch die Kreditvergabe an Geschäftsbanken und den Ankauf von Aktiva Zentralbank-Buchgeld schöpfen. Besteht in einem ersten Schritt das Zentralbankgeld nur aus Buchgeld, einer beleglosen Schuld der Zentralbank gegenüber den Geschäftsbanken, kann es in einem zweiten Schritt in Banknoten umgetauscht werden. Während Zentralbank-Buchgeld die Konten bei der Zentralbank nicht verlassen kann, ist die Weitergabe von Banknoten (Inhaber-Schuldverschreibungen der Zentralbank) auch an Nichtbanken möglich.
Zentralbank-Buchgeld wird von den Geschäftsbanken desweiteren für die Erfüllung der Mindestreserve sowie auch teilweise für den Zahlungsverkehr benötigt[5]. Erwirbt die Zentralbank Vermögenswerte wie Wertpapiere, Staatsanleihen oder ähnliche, so bezahlt sie auch diese mit Zentralbank-Buchgeld. Gleiches gilt für die Zahlung von Dienstleistungen.
Erlöse
Die Geschäftsbanken müssen der Zentralbank Zinsen für aufgenommene Kredite zahlen. Benötigt die Geschäftsbank für 1 Million € Banknoten, muss sie zuerst einen Kredit über diese Summe bei der Zentralbank aufnehmen. Hierfür werden bei einem angenommenen Zinssatz von 3 % in einem Jahr 30.000 € an Zinsen fällig. Den Kredit lässt sich die Geschäftsbank nun in Banknoten auszahlen. Da die Zentralbank die Banknoten selbst herstellt, muss sie niemandem Zinsen für dieses "selbstgeschöpfte Geld" zahlen. Aus der Kredit- Bargeldschöpfung erzielt die Zentralbank einen Gewinn in Höhe von 30.000 € in einem Jahr (abzüglich anteiliger Kosten für Personal, Gebäude, Herstellungskosten für die Banknoten, Transport ...).
Zur Zeit, Juli 2015, beträgt der Zinssatz für Kredite an Geschäftsbanken jedoch nur 0.05 % (kein Schreibfehler!), d. h. bei 1 Mio € Kredit und einem Zinssatz von 0,05 % fallen in einem Jahr nur 500 € Zinsen an. Dieser Zinssatz erzeugt bei diesen Krediten jedoch keinen Gewinn mehr. Bei Herstellungskosten von 16 Eurocent für eine 100 € Banknote entstehen bei einem Volumen von 1 Million € Bargeld bereits Kosten in Höhe von 1.600 €. Erst nach ca. 3 Jahren können somit zumindest die Herstellungskosten erwirtschaftet werden.
Wie zuvor erwähnt kauft die Zentralbank auch andere zinsbringende Aktiva und bezahlt diese mit Zentralbank-Buchgeld, d. h. mit Forderungen auf sich selbst. Da sie für Zentralbank-Buchgeld keine Zinsen zahlen muss, entstehen ihr aus diesen Geschäften Zinsgewinne, welche zur Zeit jedoch wegen des allgemein niedrigen Zinsniveaus recht mager ausfallen.
Zentralbankbilanz
Die oben erwähnte Systematik von Guthaben und Schulden lässt sich in der nebenstehenden vereinfachten Bilanz einer Zentralbank gut wiederfinden. Wie bei jeder Bilanz zeigt die linke Seite (Aktiva) das Vermögen und die rechte Seite (Passiva) die Schulden und das Eigenkapital auf.
Aktiva
- An erster Stelle auf der Aktivaseite werden die Devisen und der Goldbesitz aufgeführt. Bei den Devisen handelt es sich um Zahlungsmittel von Staaten außerhalb des Euroraums. Devisen und auch der Goldbesitz erzielen keinen Zinsertrag.
- Die Forderungen an Geschäftsbanken enthalten die Kredite an Geschäftsbanken, mit unterschiedlichen Laufzeiten und Zinssätzen. Die Zinsen tragen zum Ertrag der Zentralbank bei.
- Von der Zentralbank gekaufte Wertpapiere werden unter Punkt 3 genannt. Dies können Staatsanleihen sowie auch von der Zentralbank akzeptierte Anleihen von Unternehmen sein. Auch diese Wertpapiere tragen mit einem Zinserlös zum Ertrag der Zentralbank bei.
Passiva
- Die Passivseite beginnt mit der Position Bargeld. Damit sind die Banknoten gemeint, die sich nicht im Besitz der Zentralbank befindet. Da Bargeld von der Zentralbank nur an die Geschäftsbanken ausgegeben wird, sind es somit Schulden der Zentralbank gegenüber den Geschäftsbanken. Die Zentralbank muss für diese "Inhaber- Schuldverschreibungen" keine Zinsen zahlen.
- Unter Punkt 2 sind die Verbindlichkeiten der Zentralbank gegenüber den Geschäftsbanken aufgeführt. Dies sind die Buchgeldkonten der Geschäftsbanken. Für die in diesem Posten enthaltene Mindestreserve zahlt die Zentralbank Zinsen gemäß dem durchschnittlichen marginalen Zinssatz der Hauptrefinanzierungsgeschäfte[6] . Die Geschäftsbank muss für die Mindestreserve einen Kredit bei der Zentralbank aufnehmen und Zinsen für diesen Kredit zahlen. Guthaben der Geschäftsbank, die über das Mindestreserve-Soll hinausgehen, werden mit null Prozent oder zum Einlagesatz verzinst, je nachdem, welcher dieser Zinssätze niedriger ist. Zur Zeit (6.7.2015) beträgt der Einlagezinssatz -0,3 %, dass heißt, Geschäftsbanken werden dafür bestraft, dass sie über Nacht Geld bei der Zentralbank parken.
- Das Eigenkapital ergibt sich, wenn vom Vermögen (Aktiva 1-3) die Schulden (Passiva 1-2) abgezogen werden. Aufwendungen für Zinsen vermindern das Eigenkapital während Zinserträge das Eigenkapital erhöhen.
Gewinnausschüttung
Das Ziel der Bundesbank ist nicht die Gewinnerzielung sondern die Verfolgung geldpolitischer Ziele wie die Sicherstellung einer stabilen Währung und Aufrechterhaltung des Zahlungsverkehrs. Dennoch kann sie auch Gewinne erzielen. Aus sämtlichen Erträgen, hier kommen noch gegebenenfalls Gewinne aus Devisengeschäften, Goldverkäufen und weitere hinzu, muss die Zentralbank ihre gesamten Aufwendungen zahlen. Entsteht danach noch ein Überschussbetrag so führt sie diesen, nach Abzug von Rücklagen, als "Bundesbankgewinn" an das Bundesfinanzministerium ab. Damit kommen diese Gewinne allen Staatsbürgern zugute.
In dem Diagramm "Gewinn- und Verlustrechnung der Deutschen Bundesbank" sind einige Zahlen aus den Jahresabschlüssen der Deutschen Bundesbank dargestellt. [7] Die eingerechneten Risiko-Rückstellungen sowie sonstige Erträge und Aufwendungen stellen den Differenzbetrag zwischen Nettozinsertrag und Bundesbankgewinn dar. So wurde im Jahr 2012 trotz eines Nettozinsertrages von 8,3 Mrd. €, bedingt durch Rückstellungen in Höhe von 6,7 Mrd. € und sonstige Aufwendungen, nur ein Bundesbankgewinn von 0,7 Mrd. € ausgewiesen. Umgekehrt wurde in 2001 durch Auflösung von Rückstellungen und realisierte Gewinne bei Fremdwährungen und Wertpapieren ein Bundesbankgewinn von 11,2 Mrd. € bei einem Nettozinsertrag von nur 7,2 Mrd. € erzielt. Eine Abhängigkeit zwischen Bundesbankgewinn und Nettozinsertrag ist vorhanden, jedoch kann keineswegs aus der Höhe des Gewinns auf den Anteil des Nettozinsertrages geschlossen werden.
Alternative Berechnungskonzepte
Die bisherigen Ausführungen orientierten sich streng an den Bankbilanzen sowie an der zugrunde liegenden Bankbuchführung. Die Gewinnermittlung einer Bank unterscheidet sich danach nicht grundsätzlich von der Gewinnermittlung eines Unternehmens nach dem Handelsgesetzbuch.
Zu etwas anderen Sichtweisen gelangen Wirtschaftswissenschaftler,[8] wenn die besonderen Reglungen, Eigenschaften und Funktionen einer Zentralbank innerhalb einer Volkswirtschaft mit einbezogen werden. Einheitliche Definitionen dieser alternativen Konzepte bestehen jedoch nicht. Mit dem Ursprung der Seigniorage, dem Münzgewinn des Seigneurs bei der Münzherstellung, haben diese Berechnungskonzepte nur noch sehr wenig zu tun. An bekannten alternativen Modellen wären zu nennen:
- Monetäre Seigniorage
- Opportunitätskosten Seigniorage
- Fiskalische Seigniorage
Monetäre Seigniorage
Die Zunahme von Basisgeld, verringert um einen Inflationsabschlag, wird als monetäre Seigniorage bezeichnet. Basisgeld besteht aus dem in Umlauf befindlichen Bargeld sowie den Guthaben der Geschäftsbanken bei der Zentralbank, d. h. den Positionen 1 und 2 der Passivseite, der im vorletzten Absatz dargestellten Zentralbankbilanz. [9]
Das Konzept der monetären Seniorage geht davon aus, dass es sich beim Zentralbankgeld um unverzinsliches und ungedecktes Kreditgeld handelt. Weiterhin wird vorausgesetzt, dass sich die Basisgeldmenge stets vergrößert.
Unverzinsliches Kreditgeld
Im 19. Jahrhundert wurde „Papiergeld“ sowohl von Banken wie auch von einzelnen Staaten herausgegeben. Banknoten waren das Papiergeld der Banken während die Staaten Kassenanweisungen, Kassenscheine oder einfach "Papiergeld" herausgaben. Das Papiergeld der Staaten war teilweise mit Kuponscheinen gekoppelt, die für den Besitzer eine Zinseinnahme garantierten. Obwohl dieses Papiergeld eher als Staatsanleihe zu bezeichnen wäre, zirkulierte es wie Bargeld in der Wirtschaft. Vergleicht man dieses Papiergeld mit unseren heutigen Banknoten, so fehlt letzteren der Zinskupon, es ist also unverzinsliches Geld.
Ungedecktes Kreditgeld
Zu Zeiten der Goldkernwährung konnte eine Geschäftsbank von der Zentralbank den Tausch von Zentralbankgeld gegen deren Gold verlangen. Das Zentralbankgeld war, zumindest teilweise, durch das Gold der Zentralbank gedeckt. Bringt eine Geschäftsbank heute Bargeld zur Zentralbank, so kann sie dafür nur ihr Guthaben bei der Zentralbank erhöhen oder aber das Bargeld gegen neue Scheine tauschen. Ein Anspruch, auf das immer noch im Eigentum der Zentralbank befindliche Gold, besteht nicht mehr. Die Zentralbank könnte also theoretisch Gold kaufen und dieses mit selbstgeschöpftem Geld bezahlen. Zum umgekehrten Vorgang, dem Verkauf von Gold, kann niemand die Zentralbank zwingen. So wie sie Gold kaufen könnte, kann sie auch andere Aktiva in beliebiger Höhe mit Zentralbankgeld ankaufen oder auch entstandene Kosten für Personal und Sachgüter mit selbst geschöpftem Geld bezahlen. Sie kann gegenüber ihrem Währungsraum nie zahlungsunfähig werden.
Bargeldbesitzer haben somit zwar Schuldscheine der Zentralbank in der Hand, können daraus jedoch keinen gesetzlichen Anspruch auf die Aktiva der Zentralbank ableiten. Das Konzept der "monetären Seigniorage" sieht darin die fehlende Deckung.
Stetige Zunahme
Betrachtet man die Entwicklung des Basisgeldes in der „Europäischen Währungsunion“, stellt man nur streckenweise eine stetige Zunahme fest. Der unstetige Verlauf vor 2002 ist auf die Einführung des Euro zum 1.1.2002 zurückzuführen. Nach 2008, Der Lehmann-Pleite, schwand das Vertrauen der Geschäftsbanken untereinander teilweise so stark, dass diese sich zum Erhalt ihrer Liquidität ein Polster in Zentralbankgeld zulegten. Ein Mitte 2012 erreichter Maximalwert von über 1,7 Billionen € ist jedoch wieder auf einen Betrag von 1,3 Billionen € geschrumpft. Hierzu hat auch die EZB mit dem negativen Zinssatz von - 0,2 % auf Zentralbank-Buchgeld seit 10.09.2014 beigetragen.
Weiterhin ist zu beachten, dass ein Teil der Zentralbank-Aktiva aus Wertpapieren oder Kreditverträgen mit Laufzeitvereinbarungen besteht. Zum Ende der Laufzeit dieser Papiere muss die Zentralbank diese Aktiva, gegen Rückzahlung von Zentralbankgeld, auch wieder zurückgeben. Werden nicht gleichzeitig ähnliche neue Aktiva durch die Zentralbank gekauft, wird die Basisgeldmenge dadurch vermindert.
Die Zunahme der Basisgeldmenge als monetären Geldschöpfungsgewinn der Zentralbank zu definieren erscheint deshalb nach einem Blick auf die Basisgeldentwicklung wenig sinnvoll, da die Basisgeldmenge nur ab 2002 bis 2008 einen annähernd stetigen Verlauf aufzeigt.
Opportunitätskosten-Seigniorage
Bei der Opportunitätskosten-Seigniorage wird ermittelt, welche Zinskosten entstanden wären, hätte die Zentralbank nicht selbst Geld geschöpft sondern dieses auf dem Geld- und Kapitalmarkt verzinst aufgenommen. Dies kann mit der Aufbewahrung von Bargeld unter dem Kopfkissen verglichen werden und der anschließenden Frage, auf welchen Zinsgewinn durch die Nichtanlage dieses Geldes auf dem Geldmarkt verzichtet wird. Während bei der monetären Seigniorage nur die Zunahme der Basisgeldmenge herangezogen wird, bezieht sich die Opportunitätskosten-Seigniorage auf die gesamte Menge an Basisgeld.
Fiskalische Seigniorage
Die tatsächlich dem Staat zufließenden Mittel aus dem Geldschöpfungsgewinn werden als "Fiskalische Seigniorage" bezeichnet. Hierzu existieren wiederum unterschiedliche Berechnungsmethoden, deren Ergebnisse jedoch mit dem tatsächlich an den Staat überwiesenen Zentralbankgewinn wenig zu tun haben.
Anwendung der alternativen Berechnungskonzepte
Allen hier vorgestellten alternativen Berechnungskonzepten liegen rein theoretische Modellvorstellungen zugrunde. Verwandt werden diese Berechnungen für volkswirtschaftliche Untersuchungen. So zum Beispiel zur Untersuchung über die Aufteilung der Seigniorage bei der Gründung des gemeinsamen Europäischen Währungsraumes. Hierzu wurden die beiden Sektoren "Staat" und "Zentralbank" zusammengefasst und die Aufteilung der Geldschöpfungsgewinne der Europäischen Zentralbank auf die einzelnen Länder betrachtet. Im Endeffekt ging es um die Frage, welche finanziellen Vor- oder Nachteile Deutschland hieraus erwachsen.[10].
Einzelnachweise
<references >
- ↑ Karl Helfferich: Das Geld. 4 Auflage. Hirschfeld, Leipzig 1919. Seite 395
- ↑ Free coinage Act, 1666 Abgerufen 24.06.2015
- ↑ Gerhard Rübel: Grundlagen der monetären Außenwirtschaft, Oldenbourg Wissenschaftsverlag, 2009, ISBN 978-3-486-59081-4, S.157 ff
- ↑ Die Banknote lautete hier noch auf 10 Pfund Sterling, ursprünglich ein Silbergewicht. Bei der Umstellung auf die Goldwährung wurde diese Bezeichnung jedoch beibehalten.
- ↑ Wird im Englischen als „reserve“ bezeichnet und wurde auch vielfach in der deutschen Fachliteratur mit „Reserve“ übernommen.
- ↑ Beschluss der europäischen Zentralbank vom 5. Juni 2014 über die Verzinsung von Einlagen, Guthaben und Überschussreserven
- ↑ Aus jeweiligem "Jahresabschluss der Deutschen Bundesbank", Abschnitt "Gewinn- und Verlustrechnung"
- ↑ Hans Werner Sinn, Carsten Lange,
- ↑ Carsten Lange: Seigniorage. Duncker & Humblot, Berlin 1995, ISBN 342848441X, 9783428484416. Seite 16, “Der monetäre Seigniorage ist als der reale Gegenwert des in einer Periode emittierten Zentralbankgeldes definiert. Bei Zentralbankgeld handelt es sich in fast allen entwickelten Volkswirtschaften um ungedecktes und unverzinsliches Kreditgeld. De jure stellt es für den Besitzer zwar eine Forderung dar, doch erwachsen dem Staat aus der Zentralbankgeldmenge weder Zins noch Rückzahlungsverpflichtungen. Eine Erhöhung der Zentralbankgeldmenge gibt brutto, d. h. vor Abzug der Geldschöpfungskosten, den nominalen Geldschöpfungsgewinn des Staates wieder, dessen Realwert dem monetären Seigniorage entspricht.“
- ↑ Carsten Lange, Florian Nolte, "Geldschöpfungsgewinne in einer Europäischen Währungsunion" Diskussionspapier Nr. 205 Juli 1997, Abgerufen 31.7.2015