Das Geldrätsel: Bilanzen der Geschäftspartner
Wie aus der Bilanz der Sparda-Bank ablesbar, unterhält eine Geschäftsbank zu unterschiedlichen Partnern geschäftliche Beziehungen. Diese Partner können unterschieden werden in
- Nichtbanken,
- andere Geschäftsbanken und
- in die Zentralbank.
Nichtbank und Geschäftsbank
Bisher wurden die Geschäftsfälle nur aus Sicht der Geschäftsbanken betrachtet. Wie wirken sich jetzt einzelne Vorgänge auf die Bilanzen der beteiligten Partner aus? Hierzu benutzen wir wieder das Beispiel der Bilanzverlängerung aus dem letzten Abschnitt. Durch die Kreditvergabe von 5.000 € an Anton tritt bei der Kreditbank eine Bilanzverlängerung ein. Die Erhöhung der Verbindlichkeiten gegenüber dem Kunden Anton auf der Passivseite erhöht dessen Bankguthaben. In Antons Bilanz wirkt sich dies auf der Aktivseite auf die Position "Forderungen an die Kreditbank" aus. Die Erhöhung der Bank-Passiva geht also mit einer Erhöhung von Antons Aktiva einher. In der obenstehenden Abbildung wird dies durch die blaue Linie verdeutlicht. Sämtliche, durch die Kreditvergabe erfolgten Änderungen werden durch die Ziffer 2.) gekennzeichnet. Die entsprechenden Änderungen der Bilanzwerte sind gelb hinterlegt.
Auch die gleichzeitige Erhöhung der Bank-Aktiva, um die zusätzliche Forderung an den Kunden Anton, findet einen Gegenpol in Antons Bilanz. Diese Verbindung ist in der Abbildung mit einer roten Linie markiert. Seine Verbindlichkeit, seine Schuld, gegenüber der Bank steigt ebenfalls um den Betrag der Krediterhöhung an. Auch hier erfolgen die Eintragungen auf unterschiedlichen Bilanzseiten. Die Erhöhung der Bank-Aktiva bewirkt auch eine Erhöhung der Passiva in Antons Bilanz. Umgekehrt erhöht eine Zunahme der Verbindlichkeit der Bank auf der Passivseite eine Erhöhung von Antons Aktiva unter der Position „Forderungen an die Kreditbank“ , sein „Bankguthaben“.
Des einen Schulden sind immer des anderen Guthaben und umgekehrt.
Anton möchte nach erfolgter Kreditaufnahme 4.500 € an Benno, der sein Konto ebenfalls bei der Kreditbank hat, überweisen. Die Überweisung kann recht einfach erfolgen indem Antons Kontostand um 4.500 € gemindert wird und im Gegenzug Bennos Konto eine Erhöhung um 4.500 € erfährt. Danach besitzt Anton noch ein Bankguthaben von 1.500 € und Benno ein Bankguthaben von 8.500 €. Hier handelt es sich um einen Passivtausch bei der Kreditbank.
Zwei Geschäftsbanken
Auch wenn Benno nun Kunde der Handelsbank geworden ist, sieht der Überweisungsvorgang für Anton und Benno immer noch gleich aus. Antons Konto bei der Kreditbank wird um 4.500 € verringert und Bennos Konto bei der Handelsbank um 4.500 € erhöht. Was aber geschieht zwischen den beiden Banken? Logisch wäre ja, dass die Handelsbank auch Zahlungsmittel in Höhe von 4.500 € von der Kreditbank erhalten würde.
Wie bereits erwähnt besteht unser heutiges Zahlungsmittel aus Forderungen. Anton besitzt Zahlungsmittel in Höhe von 6.000 € bei der Kreditbank. Diese stellen aus Antons Sicht „Forderungen an die Kreditbank“ dar. Von diesen Forderungen tritt er 4.500 € an Benno ab. Dieser besitzt nun neben seinen ursprünglichen Forderungen von 4.000 € weitere „Forderungen an die Handelsbank“ in Höhe von 4.500 €. Die Handelsbank möchte nun einen Ausgleich für die Erhöhung, bevor sie Bennos Forderungen auf 8.500 € erhöht.
Kredit zwischen zwei Banken
Wie kann die Handelsbank nun einen Ausgleich für diese Forderungen von der Kreditbank erhalten? Ein einfaches Gedankenmodell zum Geschäftsbanken-Buchgeld, welches auf dem Korrespondenzbankprinzip basiert, kann weiterhelfen. Die Kunden der Kreditbank bilden die "Zahlungsgemeinschaft der Kreditbank". Kreditbank-Buchgeld ist nur innerhalb der Zahlungsgemeinschaft der Kreditbank ein gültiges Zahlungsmittel und kann den Bereich der Kreditbank nicht verlassen. Gleichermaßen ist das Handelsbank-Buchgeld nur innerhalb der Zahlungsgemeinschaft der Handelsbank gültiges Zahlungsmittel und kann dessen Bereich ebenfalls nicht verlassen. Wie kann jetzt die Kreditbank Handelsbank-Zahlungsmittel erwerben? Sie nimmt bei der Handelsbank einen Kredit auf. Die Handelsbank eröffnet ein Konto für die Kreditbank[1] und notiert bei der Kreditvergabe gleichzeitig eine Forderung an die Kreditbank auf ihrer Aktivseite wie auch eine "täglich fällige Verbindlichkeit gegenüber der Kreditbank" (= gültiges Zahlungsmittel bei der Handelsbank), auf ihrer Passivseite. Die Kreditbank hingegen legt in ihren eigenen Büchern ein Kontrollkonto[2] an. Wie auch bei der Geschäftsbeziehung zwischen Anton und der Kreditbank gilt auch hier, des einen Schulden sind immer des anderen Guthaben und umgekehrt.
Die Verknüpfungen zwischen den Banken werden mit blauen und roten Linien angedeutet. Die Forderungen an die Kunden Emil und Dora dienen lediglich der Darstellung einer ausgeglichenen Bilanz und werden in dem Beispiel ansonsten nicht berührt. Vergleicht man die beiden oben stehenden Abbildungen stellt man fest, dass sich an der grundlegenden Systematik nichts geändert hat. Durch die Kreditaufnahme haben beide Banken eine Bilanzverlängerung erfahren.[3]
Überweisung
Die Kreditbank besitzt nach der Kreditaufnahme bei der Handelsbank nun ein, in der Zahlungsgemeinschaft der Handelsbank gültiges Zahlungsmittel. Sie kann die Handelsbank anweisen, Bennos Guthaben zu Lasten des Kreditbankkontos zu erhöhen.
Die Überweisung erfolgt nun durch zwei Buchungen.
Schritt 3.) (Die Änderungen der Bilanzwerte sind grün hinterlegt.)
Bei der Handelsbank wird das Konto der Kreditbank um 4.500 € verringert und dieser Betrag dem Konto von Benno gutgeschrieben. Das Kreditbankkonto ("Verbindlichkeiten gegenüber der Kreditbank") zeigt nun den Wert "0" an. Die Kreditbank besitzt kein Guthaben mehr. Erhalten bleibt jedoch die Forderung der Handelsbank an die Kreditbank.
Schritt 4.)(Die Änderungen der Bilanzwerte sind hier blau hinterlegt.)
Die Änderungen des Kreditbankkontos bei der Handelsbank müssen nun auch auf dem Kontrollkonto der Kreditbank vollzogen werden. Da die Kreditbank kein Guthaben bei der Handelsbank mehr besitzt, ist entsprechend auch die Forderung an die Handelsbank hinfällig. Durch eine Buchung wird nun Antons Konto um den Überweisungsbetrag verringert wie auch die Forderung an die Handelsbank sich um diesen Betrag vermindert.
Vereinfachte Darstellung
In der vorstehenden Abbildung werden nur die Bilanzänderungen, als Ergebnis der Überweisung mit vorhergehender Kreditaufnahme, gezeigt. Es ist jetzt besser erkennbar, dass bei der Kreditbank nur ein Passivtausch stattgefunden hat. Eine Verbindlichkeit gegenüber Anton wurde in eine Verbindlichkeit gegenüber der Handelsbank getauscht.
Bei der Handelsbank hat hingegen eine Bilanzverlängerung stattgefunden. Der Erhöhung von Bennos Guthaben steht eine neue Forderung an die Kreditbank gegenüber.
Die oben genannten Schritte werden in der Praxis sicher nie so vorgenommen, sondern dienen nur dem nachvollziehbaren Verständnis der Zusammenhänge. Tatsächlich werden bei Kreditbeziehungen unter Banken auch Kreditlinien, ähnlich wie bei Dispokrediten, eingeräumt. Bis zum Erreichen der Kreditgrenze werden Zahlungen dann ohne weitere Kreditvereinbarungen ausgeführt und das Konto der überweisenden Bank entsprechend belastet.
Überweisung mittels Girozentralen
Die überwiegende Anzahl der Banken in Deutschland ist einem „Gironetz“ angeschlossen. Die Überweisung an eine Bank im gleichen Gironetz, zum Beispiel innerhalb des Sparkassennetzes, werden mithilfe der Girozentrale der Sparkassen intern verrechnet. Erst wenn an eine Bank außerhalb dieses Netzes überwiesen werden muss, zum Beispiel an eine Volksbank, wird auch die Girozentrale der Volksbanken mit eingeschaltet. Ein weiteres universelles Gironetz stellt das Gironetz der Deutschen Bundesbank dar. Für eine Überweisung existieren somit mehrere mögliche Wege.
Überweisung mit Zentralbank
Vereinfachte Darstellung nur mit den Endergebnissen von mehreren Buchungsschritten.[4]
Da jede Bank in Deutschland ein Konto bei der Zentralbank besitzt, können Überweisungen zu anderen Banken auch über die Zentralbank erfolgen. Die Abbildung zeigt die Bilanzzusammenhänge. Gegenüber der Direktüberweisung von Bank zu Bank nimmt die Kreditbank nun ihr Guthaben bei der Zentralbank in Anspruch. Die bei diesem Kredit entstehende Verbindlichkeit der Zentralbank wird durch die Überweisung zugunsten der Handelsbank gebucht. Die Handelsbank hat damit eine Forderung an die Zentralbank und schreibt den Ausgleichsbetrag dem Kunden Benno auf seinem Bankkonto gut.
Auch weitere Banken können in die Überweisungskette eingebaut werden, wenn es sich zum Beispiel um eine Auslandsüberweisung handelt. An der Systematik gemäß der Abbildung mit der zwischengeschalteten Zentralbank ändert sich nichts, da die zweite Bank nur ein weiteres Glied in der Kette darstellt.[5]
Von den Arbeitsschritten zwischen den Banken merken jedoch weder Anton noch Benno etwas. Sie stellen lediglich fest, dass „Geld“ überwiesen worden ist. Antons Bankguthaben bei der Kreditbank mindert sich um den Betrag von 4.500 €, während Bennos Bankguthaben bei der Handelsbank um diesen Betrag ansteigt.
Siehe auch:
Einzelnachweise und Fußnoten
<references >
- ↑ Dieses Konto wird in der Fachsprache als "Lorokonto" bezeichnet.
- ↑ Das Kontrollkonto wird in der Fachsprache als "Nostrokonto" bezeichnet.
- ↑ Diese Art der Bilanzverlängerung, sollte sie nur einer Schönung der Bilanz dienen, wird in der Fachwelt auch als „Window Dressing" bezeichnet.
- ↑ Im Einzelnen sind folgende Schritte erforderlich:
Kreditbank nimmt bei der Zentralbank einen Kredit auf (Schaffung von Basisgeld)
1. Buchungssatz bei der Kreditbank: Barreserve an Verbindlichkeiten gegenüber der Zentralbank
2. Buchungssatz bei der Zentralbank: Forderungen an Kreditbank an Verbindlichkeiten gegenüber Kreditbank
Überweisungsauftrag der Kreditbank an Zentralbank/Handelsbank:
3. Buchungssatz Kreditbank: Verbindlichkeiten gegenüber Anton an Barreserve (Bilanzverkürzung, Geldvernichtung)
4. Buchungssatz Zentralbank: Verbindlichkeit gegenüber Kreditbank an Verbindlichkeit gegenüber Handelsbank (Passivtausch)
5. Buchungssatz Handelsbank: Barreserve an Verbindlichkeiten gegenüber Benno (Bilanzverlängerung, Geldschaffung) - ↑ Außereuropäische Auslandsüberweisungen werden praktisch überwiegend über Korrespondenzbanken abgewickelt, so dass keine Zentralbank benötigt wird, während im EU-Währungsraum Großbetrags-Zahlungen mittels der Nationalen Zentralbanken/EZB über Target2 erfolgen.