Das Geldrätsel: Leih- und Girobanken
Den Aufbau heutiger Bankbilanzen, in Verbindung mit den einzelnen Geschäftstätigkeiten, kann man aus den ursprünglichen Leih-und Girobanken gut ableiten.
Leihbanken
Die früheren Leihbanken, bereits seit dem 14. Jahrhundert aus Oberitalien bekannt, sind zu vergleichen mit den heutigen Pfandleihern. Gegen Hinterlegung eines Faustpfandes wurde ein Darlehen in „echtem Geld“ (= Gold- oder Silbermünzen) gewährt.
Bei einer Leihbank bestand die Aktivseite im Wesentlichen aus dem Kassenbestand und den Krediten an Kunden. Diese wurden in der Bilanz als „Forderungen an Kunden“ aufgeführt. Mit ihrem Kunden schloss die Leihbank einen Kreditvertrag. Darin verpflichtete sich dieser, den Kreditbetrag innerhalb der vereinbarten Frist zurückzuzahlen. Damit besaß die Bank eine „Forderung“ an den Kreditnehmer.
Die Herkunft des Kapitals war aus der Passivseite erkennbar. Es bestand sowohl aus dem Eigenkapital wie auch aus Fremdkapital, hier mit Schuldverschreibungen dargestellt. Aus der Bilanz ging hervor, über welches Vermögen und welche Schulden die Leihbank am Bilanzstichtag verfügte.
Girobanken
Im 17. Jahrhundert entstanden in Nordeuropa bereits einige reine Depotsiten- und Girobanken[1]. Gold- und Silbermünzen wurden eingezahlt und deren Wert in einer bankeigenen Verrechnungseinheit auf Kontenblättern notiert. Zahlungen konnten fortan durch Umschreibungen auf den Kontenblättern ausgeführt werden.[2]
Die Abbildung rechts zeigt den recht einfachen Aufbau der Bilanz einer Girobank. Werthaltige Münzen bildeten den Kassenbestand der Bank. Die Einzahler von „echtem Geld“ erhielten den Betrag ihrer Einzahlung als Gutschrift auf ihrem Sichtkonto. Diese Guthaben, in der nebenstehenden Bilanz als Sichteinlagen bezeichnet, waren "auf Sicht" dass heißt täglich fällig. Forderte der Bankkunde eine Auszahlung aus seinem Guthaben, musste die Bank sofort den angeforderten Betrag bar auszahlen.
Die Depositen- und Girobanken waren somit reine Dienstleister für den Zahlungsverkehr, während die Leihbanken „echtes Geld“ gegen Faustpfänder verliehen.
Leihbanken kombiniert mit Girobanken
Dieser sauberen Trennung der Geschäftsfelder bei Leihbanken und Girobanken stand jedoch die Forderung nach einer möglichst hohen Rentabilität des eingesetzten Kapitals entgegen. Kombinierte man beide Banksysteme und lies auch noch Kreditvergaben zu, konnten bedeutend höhere Gewinne eingefahren werden, wenn auch bei erhöhtem Risiko. Die nebenstehende Bilanz zeigt entsprechend die Bilanzposten einer kombinierten Bank auf.
Bisher konnte das Guthaben auf den Kontenblättern der „Girobank“ nur erhöht werden, wenn „echtes Geld“ eingezahlt wurde. Mit der Kreditvergabe schrieb die Bank jedoch dem Kreditnehmer Sichtguthaben auf seinem Kontenblatt gut und hatte als Gegenposition in der Bilanz den Kreditvertrag mit dem Kreditnehmer als Vermögenswert. Der Kreditvertrag wurde mit einem Pfand, zum Beispiel einer Grundschuld, abgesichert. Zahlte der Kreditnehmer seinen Kredit nicht zurück, konnte dieses Pfand verwertet werden. Es wurde verkauft und mit dem Erlös dann die Kreditforderung der Bank beglichen.
Worin bestand jedoch die Steigerung der Rentabilität, d.h. die Erhöhung der Gewinne auf das eingesetzte Kapital? Die Leihbanken konnten nur so viel „Geld“ ausleihen, wie sie zuvor eingesammelt hatten. Die Girobanken hingegen tätigten nur Umschreibungen von vorhandenen Guthabenkonten. Ihr Kassenbestand wurde selten für Auszahlungen benötigt. Durch die Kombination beider Geschäftsfelder konnte die Leih- und Girobank auch Geld aus ihrem Kassenbestand mit ausleihen, da dieses nie ganz für Auszahlungen benötigt wurde. Sie geriet nur in Schwierigkeiten, wenn alle Kunden gleichzeitig ihre Guthaben ausgezahlt bekommen wollten. Dann wurde sie zahlungsunfähig. Auf diese Problematik wird im Abschnitt „Liquidität“ gezielt eingegangen.
Die Funktionen der kombinierten Leih- und Girobankenbanken finden wir in unseren heutigen "Kreditbanken" wieder.
Einzelnachweise
<references >
- ↑ Amsterdamer Wechselbank und auch die Bank von Hamburg
- ↑ Neues Rheinisches Conversations-Lexicon: Bank