Chester Arthur Phillips
Das Werk "Bank Credit[1] A Study of the Principles and Factors Underlying Advances Made by Banks To Borrowers" wurde von Chester Arthur Phillips 1920 veröffentlicht.
Auf ihn und sein Werk "Bank Credit" wird, auch heute noch, die als multiple Giralgeldschöpfung in der Wirtschaftstheorie bekannte Ausweitung der Kreditvergabe zurückgeführt. Teilweise ist auch der Begriff "Phillipsmultiplikator" anzutreffen, welcher ihn als Urheber dieser Berechnungsmethode identifiziert.
Vielfach wird heute die Meinung vertreten, dass die Theorie der multiplen Geldschöpfung nach Phillips irreführend sei. Bernd Senf beschreibt die, auf dieser Theorie basierende Erklärung des Geldschöpfungsmultiplikators in seinem Buch, "Der Nebel um das Geld" als falsch.[2] Die Bundesbank hat in Ihrer Schrift "Geld und Geldpolitik - Schülerbuch für die Sekundarstufe II" [3] die Theorie der "multiplen Giralgeldschöpfung", aufbauend auf der multiplen Geldschöpfung nach Phillips, mittlerweile komplett herausgenommen.
Zur Klärung, welche Aussagen nun richtig oder falsch sind, ist ein Blick in das Buch "Bank Credit"[4] von Phillips förderlich.
Einige Ausschnitte aus seinem Buch, Anmerkungen dazu sowie eine Schlussbetrachtung seiner wesentlichen Aussagen zur Kreditschöpfung sollen den Sachverhalt erhellen.
Hinweise
Um Aussagen Phillips von anderem Text zu unterscheiden wurden diese mit einem vertikalen, grauen Strich am Zeilenanfang gekennzeichnet.
Wörtliche oder sinngemäße Aussagen von Phillips.
Wichtige Passagen werden zusätzlich in einem blauen Kasten dargestellt.
angelsächsische Buchungsmethode
Bei der Kreditbereitstellung geht Phillips von der angelsächsischen Buchungsmethode, auch englische Buchungsmethode genannt, aus. Wird ein Kredit gewährt, wird auch gleich die Kreditsumme in der Bilanzbuchhaltung erfasst. Ein Kredit über 1000 Geldeinheiten führt sofort zu einem Guthaben von 1000 Geldeinheiten wie auch zu einer Schuld von 1000 Geldeinheiten. Überziehungskreditrahmen sind hiervon ausgenommen. Die kontinentale Buchungsmethode dagegen setzt erst einen Abruf der vereinbarten Kreditsumme voraus, bevor es zu Guthaben und Schulden kommt.
orthodoxe Kredittheorie
Seine Untersuchungen setzen die Beachtung der orthodoxen Kredittheorie voraus. Ein Darlehen kann erst gewährt werden, wenn zuvor eine, dem Betrag und der Frist nach vergleichbare Einlage getätigt wurde.
Traditionelle Theorie
Die damals (vor 1920) von namhaften Ökonomen vertretene Meinung, das sowohl die Einzelbank wie auch das Bankensystem in der Lage sei, ein Mehrfaches der hinterlegten Barreserven als Darlehen in Umlauf zu bringen, wird von Phillips bestritten. Eine strenge Unterscheidung hielt er deshalb für unerlässlich.
"Das Hauptanliegen des vorliegenden Kapitels liegt darin, eine scharfe Trennlinie zwischen der Kreditvergabe einer einzelnen Bank und der Kreditvergabe des Bankenverbundes zu ziehen." [Seite 32]
"In diesem Kapitel ist durchgehend der Begriff Bargeld in einem weiten Sinne, gleichbedeutend mit Reserve zu verstehen und dabei wird keine Unterscheidung zwischen Schecks, Wechseln usw., welche in Bargeld getauscht werden können und dem Bargeld selbst, gemacht."
"Es macht keinen wesentlichen Unterschied für die Bank, [Seite 33] wodurch zusätzliche Einlagen entstehen, ob auf Grundlage von gesetzlichem Geld oder durch verschiedene Kreditformen, Banknoten, Schecks, Wechsel, welche leicht in gesetzliches Geld umgetauscht werden können. Es wird schon lange beobachtet, dass die Banken in einem bestimmten Kreditbereich, z.B. in den USA, in der Lage sind, Kredite zu vermehren, d. h. Kredite in mehrfacher Höhe ihrer Reserven auszugeben und es wurde die Schlussfolgerung gezogen, dass das, was für die Summe der Banken gilt, auch für die Einzelbank gilt und diese Schlussfolgerung wurde durch die beobachtete Tatsache gestützt, dass in der Bilanz bei jeder gezeigten einzelne Bank der Anteil an Krediten die mehrfache Summe der Reserve beträgt. Aus der Beobachtung, dass bei einer einzelnen Bank wie auch bei allen Banken gemeinsam, gewöhnlich die Höhe der Darlehen ein Vielfaches der Reserve beträgt, schließen die Theoretiker, das eine Erhöhung der Reserve einer Einzelbank diese in die Lage versetzt, ein Vielfaches an Darlehen zu vergeben."
"Gemäß der alten Theorie kann eine Bank, welche $100.000 Bargeld besitzt, und ein Darlehn von $1.000.000 vergeben hat, durch den Erhalt von weiteren $100.000 in die Lage versetzt werden, weitere Darlehn in Höhe von $1.000.000 hinzuzufügen. Diese Argumentation lässt jedoch bestimmte Folgen der Darlehnserhöhung außer Acht, auf welche später in diesem Kapitel noch verwiesen wird. Wir können als These, welche noch zu belegen ist, jetzt festhalten, dass der Erwerb von zusätzlichen [Seite 34] primären Einlagen eine Einzelbank in die Lage versetzt, ihr Darlehn nur ein wenig über den Betrag dieser Einlage auszudehnen."
"Aber wie kann eine bestimmte Menge Bargeld die Grundlage für vielfältige Darlehn und Einlagen in einem Bankensystem werden, wenn die gleiche Einlagemenge bei einer Einzelbank kaum oder nur sehr wenig vermehrt werden kann. Das ist das Rätsel des Bankensystems und dieses Kapitel ist hauptsächlich dessen Lösung gewidmet. Eine Erklärung und kritische Darstellung dieser althergebrachten Theorie, konsequent überliefert seit den Tagen von Alexander Hamilton bis in die Gegenwart, wird als aussichtsreicher Ausgangspunkt dienen."
"Horace White, Macleod folgend, hat im Wesentlichen die gleiche Erklärung in den verschiedenen Ausgaben von „Money and Banking“, welche weitgehend als Texte an unseren Hochschulen und Universitäten benutzt werden. Die folgenden Passagen aus diesem Werk sind typisch für das traditionelle Vorgehen."
"Ein Mann besitzt $10.000 und gründet damit eine Bank. Sein Nachbar deponiert $50.000 bei ihm..... Die Banken wissen aus Erfahrung, dass Kunden etwa soviel Geld einzahlen wie andere Kunden abheben, so dass die $60.000 immer vorhanden sind. Wenn seine eigenen 10.000 $ zusammen [Seite 35] mit seinem guten Ruf in der Öffentlichkeit als Garantie für eine Einlage von $50.000 genügen, dann reichen die jetzt vorhandenen $60.000 für eine weit größere Summe."
Mit dem Kauf von Schuldscheinen und Wechseln, welche erst in der Zukunft fällig werden, erhöht sie die Einlagen und Darlehen um $200.000. Die Einlagen werden jedoch noch um die Diskontierung reduziert, da diese als Gewinn der Bank verbucht werden, im Beispiel um $3.000. Die Bank verdankt den Einlegern und sich selbst $260.000 und besitzt Vermögenswerte, die diesem Wert entsprechen, hat aber nur $60.000 Bargeld in der Kasse. Daraus folgt, dass die Bank etwas hergestellt hat, was als Tauschmittel dient und zwar im Betrag von $197.000. Das ist der Kredit. In der Regel können mit diesem Waren so einfach gekauft werden wie mit Geld, da Schecks aus Sichteinlagen im Handel von allen Teilnehmern akzeptiert werden. Zwischen der Einreichung eines Wechsels und der Einzahlung von Gold besteht jedoch ein Unterschied. Die Einreichung eines Wechsels erzeugt eine Einlage aufgrund eines Kredits und die Einzahlung von Gold eine Einlage basierend auf Bargeld. "In der Praxis können die Bankkredite zu einem bestimmten Zeitpunkt etwa vier- bis fünfmal so hoch sein wie die Menge an Bargeld in der Kasse."
An einem Beispiel zeigt Phillips, wie eine Bank durch eine Darlehenserhöhung ihr Bargeld verliert.
"Nehmen wir an, die Hanover National Bank of New York erwirbt eine Einlage in Höhe von $1.000.000 in Gold und verleiht $10.000.000 ihren Kunden, ein Betrag resultierend aus einem ungefähren Verhältnis von 1 zu 10 zwischen Reserve und Einlage in unserem heutigen Bankensystem. (Das Verhältnis von Bargeld zur Einlage von eins zu vier, wie von White behauptet und fast wörtlich aus Macleods Werk von vor einem halben Jahrhundert übernommen, stellt vermutlich das Verhältnis zu jener Zeit dar.) Die Darlehensnehmer der Hanover National Bank würden nur wenig oder [Seite 38] gar kein Bargeld abheben, aber sicherlich Schecks aus dem hinterlegten Gegenwert ihrer Darlehn bei der Bank ziehen. Die Schecks würden an andere Gläubiger weitergereicht. Nur ein kleiner Teil dieser Schecks würde bei der Hanover National Bank für einen Kredit eingereicht, ohne einen Barabfluß mit sich zu ziehen. Der Größte Teil der Schecks würden von den Gläubigern der $10.000.000 als Gegenwert des Darlehens über das New York clearing house gezogen, manche weitgereist vom ursprünglichen Einlageort. Vielleicht werden nur $100.000 der Schecks bei der Hanover National Bank eingereicht. Den Rest des vielfältigen Darlehens, basierend auf der Goldeinlage und vermutlich außer einem kleinen Anteil von nicht mehr als 20 %, welcher nicht von den Darlehensnehmern mit Schecks gezogen wurde, würde den Teil darstellen, welchen die Bank über die Verrechnungsstelle verlieren würde, ein Betrag, der über das Bankensystem verteilt würde. Es ist klar, dass eine Bank, welche versucht weit über den Zuwachs an Reserven Darlehn zu vergeben, dies auf eigenes Risiko tut."
An dieser Stelle eine Anmerkung. Der beschriebene Sachverhalt sieht keine Darlehenserhöhungen anderer Banken sowie auch keine daraus resultierenden Zahlungen vor. Die geschilderte Situation tritt nur ein, wenn die Hanover National Bank of New York als einzige Bank des Bankensystems einen solches Darlehen gewährt. Es erscheint unlogisch, wenn einerseits Bargeldabflüsse an andere Banken ein funktionierendes Bankensystem voraussetzen, gleichzeitig Darlehenserhöhungen anderer Banken und deren Rückwirkungen, wie in der Realität üblich, ausgeblendet werden. In der Schlussbetrachtung wird auf diese Thematik nochmals eingegangen.
Neue Theorie
Die Darlehens- und Einlagenerhöhung im Bankensystem wird von Phillips so beschrieben:
Einbanksystem
"Es wäre in jedem Fall klar, dass bei nur einer Bank, in welche alle anderen Banken integriert und das Darlehns- und Einlagengeschäft des ganzen Landes konzentriert wäre, ein Reserve- Einlagen Verhältnis von R beibehalten wird, dass die Nettoeinlagen einer vorgegebenen Bargeldhöhe oder Reserve c, die Institution in die Lage versetzen würde, zusätzlich zu ihrem normalen Betrag folgende Darlehn zu vergeben
Das ist richtig, da die Einzahlung von Bargeld c selbst auch eine Reserve in Höhe von Rc erfordert, und somit c - Rc als Reserve für die Bildung zusätzlichen Darlehens übrigbleibt."
"Wenn das Verhältnis von Bargeld zu Einlagen durch R ausgedrückt wird und neues Bargeld oder Reserve durch c, die Erhöhung der Einlagen auf der Grundlage von zusätzlichem Bargeld als D, die Erhöhung der Darlehen auf der gleichen Grundlage als X, dann gelten folgende Gleichungen:"
Der geschilderte Sachverhalt ist kompliziert dargestellt und erschließt sich einfacher, wenn man die Formel logisch von Grund auf aufbaut oder indem man konkrete Zahlen verwendet. Mit
wird der Zusammenhang einfacher dargestellt. Da die Barreserve und die darauf basierende Einlage Barreserve den gleichen Betrag aufweisen, reduziert sich die Formel zu
(Vorgenommene Arbeitsschritte: Beide Seiten mit (c+X) multipliziert, c auf beiden Seiten subtrahiert, c ausgeklammert.)
Ein Beispiel mit Zahlen sowie dem zugehörigen Bilanzausschnitt verdeutlicht die Verhältnisse noch weiter.
- c = Bareinzahlung = $10.000
- R = Verhältnis Barreserve zu Einlagen = 1 zu 10 = 0,1
- X = Erhöhung der Darlehen aufgrund des zusätzlichen Bargeldes c
- D = maximale Einlagenerhöhung auf Grundlage von c, bestehend aus Sichteinlage Bargeld und Sichteinlage Darlehen.
In der nebenstehenden
Bankbilanz sind nur die zusätzlichen Beträge aufgeführt, welche auf eine Bareinzahlung zurückzuführen sind. Bei einer Bareinzahlung von $10.000 (1.) und einem Verhältnis Barreserve zu Einlage von 1 zu 10 kann die Bank ein zusätzliche Darlehen (2.) bis zu einer Sichteinlage von $100.000 gewähren. Bei der Einzahlung von $10.000 Bargeld entsteht auf der Aktivseite der Bilanz ein zusätzlicher Kassenbestand von $10.000 und gleichzeitig auf der Passivseite der Bilanz eine Sichteinlage des Kunden in Höhe von $10.000. Bis zur Maximalgrenze von $100.000 können also $90.000 als neue Darlehen gewährt werden. Phillips bezeichnet die Sichteinlagen Bargeld (c) als Primäreinlagen und die Sichteinlagen Darlehen als Sekundäreinlagen oder derivate (abgeleitete) Einlagen (X). Mehr ist in den zuvor aufgeführten Formeln nicht enthalten. Die zuletzt von Phillips aufgeführte Formel zeigt die Berechnung für die zusätzlich vergebbaren Darlehen aufgrund einer Bargeldeinzahlung über $10.000. Aus der nebenstehenden Bilanz wird sofort ersichtlich, dass nur $90.000 als zusätzliches Darlehen gewährt werden können. Aber erst eine Formel verleiht der logischen Erkenntnis einen vermeintlich wissenschaftlich fundierten Anstrich. Füllen wir die Formel mit Zahlen wird deutlich, dass es sich um einen ganz einfachen Zusammenhang handelt. X ist die maximal mögliche Darlehensgewährung aufgrund einer Bareinzahlung c.
D beinhaltet die maximale Einlagenerhöhung auf Grundlage von c, errechnet nach der vorgenannten Formel oder aber auch, wie aus der Bilanz ersichtlich, den beiden Einlageposten c + X.
Anhand der Darstellung eines einzelnen Darlehens erläutert Phillips den zeitlichen Kontenverlauf. Dabei unterscheidet er streng zwischen einer Primär- und einer Sekundäreinlage.
"Es kann als gesichert festgehalten werden, dass unsere Banken in der Summe ein Verhältnis von Sekundäreinlagen zu Darlehen von etwa 5 bis 20 % besitzen."
"Senkrechte Achsen, errichtet an zwei beliebigen Punkten zwischen a und b würden die derivate Einlagenkurve so schneiden, dass die Summe der vertikalen Abstände des Schnittpunktes oberhalb der M N –Linie in beiden Fällen etwa gleich wäre."
Zur besseren Lesbarkeit sind gegenüber dem Original einige Kurven farbig angelegt, sodass ein Verfolgen des Kurvenverlaufs etwas leichter fällt.
Mehrbankensystem
"Unser Verständnis zur Natur der Kreditbankgeschäfte und der Art der primär- und derivativen Einlagen wird uns nun ermöglichen, mit der Entwicklung einer Formel für die Bestimmung des Betrages fortzufahren, den jede Einzelbank eines Systems seinem Darlehens- und Diskontierungsposten, aufgrund einer zusätzlichen Bareinzahlung, hinzufügen kann.
Verwendet werden die folgenden Größen und ihre Abkürzungen:
- Das zusätzliche Bargeld oder Reserve (c);
- Überschussreserve, d.h. dass, was eine Bank infolge eines zusätzlichen Darlehens verliert (c1);
- Darlehenserweiterung infolge zusätzlichen Bargeldes (x);
- Das Verhältnis von Bargeld oder Reserve zu Einlagen (r);
- Das Verhältnis von derivaten Einlagen zu Darlehen (k)."
Die entwickelte Formel lautet x = c ( 1 - r ) / ( kr + 1 - k ). Im Beispiel mit c=$1.000, r=0,1 und k=0,2 folgt für x ein Wert von $1.097,56. Wenn also $1.000 an Bargeld eingezahlt werden kann die Bank daraus ein Darlehen in Höhe von $1.097,56 gewähren. Dies bedingt dadurch, dass die Darlehenssumme im Durchschnitt nur zu 80 % von der Bank abgezogen wird. Wird die Darlehenssumme ganz entnommen, d.h. k=0, kann höchstens ein Darlehen von $900 vergeben werden.
Die Abbildung 3 berücksichtigt
"durchschnittliche derivate Einlagen", d-dn, welche offensichtlich Ergebnis der "angelsächsischen Buchungsmethode" sind. Die Multiplikatorformel von Phillips wird in der heutigen Wirtschaftswissenschaft ohne diesen Anteil d-dn angewandt, d.h. man geht davon aus, dass Darlehen auch zu 100 % von der darlehensgebenden Bank, in Form von Bargeld oder Überweisungen an andere Banken, abgezogen werden. Unter dieser Voraussetzung entstehen keine derivaten Einlagen mehr (k=0). Abbildung 3 reduziert sich auf eine vereinfachte, in Abbildung 4 gezeigte, Darstellung. Die Anteile d-dn,"durchschnittliche derivate Einlagen", sind komplett entfallen und die Größe von c2 entspricht exakt der Größe von x1. Damit wird ausgedrückt, das der gesamte Darlehensbetrag x1 in Anspruch genommen wird und sich auch wieder bei der nächsten Bank als Einlage und damit Überschussreserve c2 wiederfindet.
Die Tabelle in Abbildung 5 gibt die Werte
von Abbildung 4 in in Zahlen wieder. Es wird erkennbar, dass die einzelnen Spalten geometrische Reihen darstellen. In der letzten Zeile sind die Summen der Reiheneinzelwerte aufgeführt.
Der Summenwert in der Spalte "Bargeld/Überschussreserve(c)" wurde nicht gebildet, da es sich nur um eine rein theoretische Größe handeln würde, die keinen praktischen Nutzen hätte. Der zusätzliche Bargeldbetrag bei Bank A von $1.000 existiert nur für die kurze Zeitspanne zwischen der Bareinzahlung und der folgenden Inanspruchnahme des Darlehens. Danach verbleibt von den $1.000 nur ein Restbetrag von $100 in der Kasse der Bank. Die Addition dieser, nur jeweils kurze Zeit vorhandenen Bareinzahlungen, würde somit keine verwertbare Größe ergeben.
Die Spalte "Neuer Kredit (x)" zeigt die mögliche Darlehenserweiterung auf der Grundlage der einzelnen Bareinzahlungen. Nach einer Bareinlage des Kunden K1 von $1.000 kann Bank A ein Darlehen an den Kunden K2 über $900 gewähren. $100 = 10% aus der Einlage über $1.000 verbleiben bei Bank A als Kassenreserve. Der Betrag von $900 wird von K2 abgehoben und an K3 für den Erhalt einer Ware oder Leistung gezahlt. K3 zahlt die $900 bei Bank B ein und bildet damit bei Bank B eine entsprechende Überschussreserve. Bank B kann nun an den Kunden K4 ein Darlehen über $810 erteilen. Aus der ursprünglichen Bargeldmenge von $1.000 können nach unendlich vielen Wechseln von Bargeldeinzahlungen, Darlehenserteilung mit Kassenreserve, Abhebung der Darlehenssumme und Weiterleitung an einen anderen Kunden, Darlehen in Höhe von insgesamt $9.000 erzeugt werden. Der, bei den einzelnen Banken verbleibende Rest an Bargeld, wird in der Spalte "Kassenreserve" aufgeführt. Die Summe entspricht dem ursprünglich bei Bank A eingezahlten Bargeldbetrag.
Wichtige Werte, jedoch von Phillips nicht weiter beachtetete, enthält die Spalte "Primäreinlage (p)". Es handelt sich dabei nicht um jederzeit fällige Einlagen, nach heutigem Sprachgebrauch Sichteinlagen, sondern um längerfristig hinterlegte Einlagen, also Termin- und Spareinlagen. Auf die Fristigkeit dieser Einlagen geht er nicht ein. Beim Leser könnte deshalb der Eindruck entstehen, dass es sich um jederzeit abrufbare Einlagen, vergleichbar mit den heutigen Giroguthaben handele. Damit das erste Darlehen von der Bank A über $900 vergeben werden kann, muss zuvor Kunde K1 $1.000 eingezahlt haben und für die Dauer des Darlehens auf die Auszahlung dieses Betrages verzichten. Ebenso muss bei Bank B erst Kunde K3 eine dauerhafte Einlage von $900 vornehmen, bevor diese ein Darlehen von $810 gewähren kann. Es handelt sich bei diesen Einlagen somit eindeutig um Spareinlagen.
Diese Betrachtung geht von der "orthodoxen" Theorie aus. Martin Scheytt:[5]
"Nach der älteren, sog. orthodoxen Auffassung entsteht jede Einlage, jedes Bankguthaben durch eine Geldeinzahlung."
Auch Phillips beschreibt diese Sichtweise eindeutig mit:
"Der Besitz einer Barreserve in nahezu gleicher Höhe wie das neue Darlehen ist eine Voraussetzung zu einem solchen Darlehen. Damit eine Bank ihre Darlehen um einen bestimmten Betrag, $100.000 oder $1.000.000 erhöhen kann ist es wichtig, dass die Bank sich neue Primäreinlagen, von etwa gleicher Größenordnung, beschafft. Daher auch der Kampf um die Primäreinlagen."
Einzelbank im Mehrbanksystem
Die im letzten Abschnitt dargestellten Vorgänge mit Beteiligung von vielen Banken lassen sich auch auf eine Einzelbank übertragen. Die Kunden K1 bis K10 und weitere sind alle Kunden der Bank A. In der Tabelle würde in der Spalte "Bank" die Bankbezeichnungen B, C, D, und E durch ein A ausgetauscht. Ansonsten bleiben sämtliche Tabellenwerte und auch sonstigen getätigten Aussagen erhalten. Die Bank A (anstelle B) kann den Kredit über $810 erst erteilen, nachdem Kunde 3 einen Barbetrag von $900 längerfristig deponiert hat. Ebenso kann die Bank A (anstelle C) den Kredit über $729 erst erteilen, nachdem Kunde 5 den Betrag von $810 fest angelegt hat.
Die Summen betrachtend kann man feststellen, dass die Bank gegenüber ihren Kunden K1, K3, K5 usw. insgesamt Verpflichtungen (Spalte "Primäreinlagen")über $10.000 eingegangen ist, welche sie jedoch erst zum Fälligkeitstag begleichen muss. Diese Kunden haben "Geld" bei der Bank angelegt, sie haben gespart. Bis zum Fälligkeitstag können sie somit der Bank kein Geld abverlangen. Auf der anderen Seite besitzt die Bank Forderungen aus Darlehen in Höhe von $9.000 sowie noch einen Kassenbestand von $1.000. Die Darlehen müssen am Fälligkeitstag von den Kunden K2, K4, K6 usw. zurückgezahlt werden. Fällt kein Darlehensnehmer aus, besteht für die Bank, entgegen der Aussage von Phillips, absolut kein Risiko. Dabei macht es keinen Unterschied, ob man von einer Einzelbank oder aber von dem Bankensystem ausgeht.
Die Tücke liegt in seiner Forderung nach Einhaltung der "goldenen Bankregel[6]" In leicht abgewandelter Form besagt diese, dass ein Kredit nur vergeben werden soll, wenn zuvor eine Einlage in gleicher Höhe und mit gleicher Laufzeit von der Bank hereingenommen wurde. Die Forderung nach gleicher Laufzeit wurde von Phillips zwar nicht explizit genannt, geht aber indirekt aus seiner Aussage, dass eine Bank erst im Besitz einer Barreserve sein muss bevor sie ein neues Darlehen vergeben kann, hervor.
Antworten zur erwarteten Kritik
Dieser Abschnitt erläutert den damaligen Wissensstand sehr gut.
"Es wird erwartet, dass sich die Kritik an der in diesem Kapitel entwickelten Theorie auf die Behauptung konzentriert, dass eine einzelne Bank als Folge einer Erhöhung der Bareinlagen, ohne Beeinträchtigung ihrer Barreserve einen Betrag in etwa gleich dem Produkt der Bareinlagenerhöhung und des Einlagen-Barreserve-Verhältnisses ( nicht Barreserve-Einlagen-Verhältnis ) der Bank verleihen kann, diese Behauptung basierend auf der Vorstellung, dass ein neu vergebenes Darlehen keinen Reduzierung an Bargeld verursachen würde, da Schecks, vom Darlehensnehmer auf den Einlagenerlös des neuen Darlehens der ausleihende Bank gezogen, mit Einlagen der darlehensgewährenden Bank, entstehend aus einem vergleichbaren Betrag aus Schecks
- erhalten von Kunden bei Geschäftstätigkeiten,
- von anderen Banken gezogen als Ergebnis von Darlehen, welche diese Banken ihren Darlehensnehmern gewährten,
verrechneten.
Der Originalsatz umfasst tatsächlich 16 Zeilen mit diesem Inhalt. Vereinfacht ausgedrückt:
Die Kritiker behaupten, dass eine einzelne Bank sehr wohl das Mehrfache einer neuen Bareinlage als Darlehen vergeben kann, da ähnliche Vorgänge bei anderen Banken zu einem Ausgleich des Bargeldverlustes über gegenseitige Verrechnung führen.
"Wenn alle Banken ihre Darlehen mit der gleichen Rate erweitern, in Verbindung mit der gleichzeitigen Erhöhung ihrer Reserven, wäre die Behauptung gültig. Aber Erhöhungen der Reserven eines Bankensystems werden, mit Ausnahme von außergewöhnlichsten Fällen, zu einem bestimmten Zeitpunkt, nicht durch die gleichzeitige Einlage von Barmitteln in allen Banken eines Systems getätigt, sondern durch die Einlage von Geldern in nur einem kleinen Teil der Banken, von wo sie über das System verstreut werden."
Zu dieser Zeit war bei Geschäftsbanken im Durchschnitt ein Verhältnis von Sichteinlagen zu Barreserve von 10 zu 1 anzutreffen. Phillips führt dazu als Beispiel (Seite 37) eine Einlage und ein Darlehen bei der Hanover National Bank of New York mit diesem Verhältnis auf. Er bemerkt zu Angaben Macleods und Whites über ein Verhältnis von nur 4 zu 1:
„Das Verhältnis von Bargeld zur Einlage von eins zu vier, wie von White behauptet und fast wörtlich aus Macleods Werk von vor einem halben Jahrhundert übernommen, stellt vermutlich das Verhältnis zu jener Zeit dar. [7]
Phillips kennt also ganz offensichtlich die Gegenargumente zu seiner Theorie, würdigt diese jedoch nicht in seinen Überlegungen. Die Sichtweise der Kritiker, gründend auf tatsächlichen Verhältnissen innerhalb der Banken, wird von ihm als falsch bezeichnet. Aus einem komplexen Gebilde mit zahlreichen Rückwirkungen schneidet er sich wenige Parameter heraus und bildet mit diesen eine rückwirkungsfreie Steuerfunktion. Dass die Aktion einer einzelnen Bargeldeinzahlung im Bankensystem tatsächlich nie alleine stattfindet, wird nicht beachtet.
Fehlerhafte Beweiskette
An welchen Stellen seiner Beweisführung lassen sich Irrtümer aufdecken und welchen Einfluss haben diese auf seine These?
Phillips behauptet, dass eine einzelne Bank nach einer Bareinlage nicht in der Lage sei, ein Darlehen weit über der Höhe dieser Bareinlage zu erteilen. In seinem Beispiel kann sie bei einer Erhöhung der Barreserve um $1.000 ein zusätzliches Darlehen von $1.097 gewähren, also knapp 10 % über der Einlage, da im Durchschnitt nicht alle Darlehen komplett abgehoben werden. Ein höheres Darlehen wäre nur mit einem erhöhten Risiko der Bank möglich. Bei der einzelnen Bank geht er von nur einem Vorgang einer Bareinzahlung mit anschließender Darlehensgewährung aus. Anders sieht er die Möglichkeiten des Bankensystems. Diese kann sehr wohl ein Mehrfaches der ursprünglich eingezahlten $1.000 als Darlehen vergeben. Hier lässt er unendlich viele Einzahlungs-/Darlehensvorgänge zu. Lässt man auch bei der einzelnen Bank unendliche viele Vorgänge zu, existiert, wie im Abschnitt Einzelbank im Mehrbanksystem erläutert, kein Unterschied zwischen den Möglichkeiten des Bankensystems und den Möglichkeiten der einzelnen Bank. Der vermeintliche Unterschied ist auf die ungleichen Voraussetzungen zurückzuführen und nicht auf das betrachtete System. Seine Beweisführung muss als misslungen betrachtet werden.
Die, auch von Phillips vertretene „orthodoxe Kredittheorie“, ist auch heute noch in namhaften Sachpublikationen[3] enthalten und sorgt zusammen mit seiner irrigen Kreditschöpfungstheorie für nachhaltige Verwirrungen. Teilweise ist sie auf die damalige Auffassung von Geld als etwas Gegenständlichem zurückzuführen. „Echtes Geld“ bestand damals noch aus werthaltigen Gold- und Silbermünzen. Die Entstehung von Bankguthaben, ohne den entsprechenden Einsatz von Bargeld, war kaum denkbar. Zwar hat schon White in seinem Buch „Money and Banking“ versucht, den Unterschied zwischen „realem Geld „ und dem „Versprechen Geld zu zahlen“ herauszuarbeiten, jedoch ohne nachhaltige Beachtung. Er sagte: Den Unterschied zwischen „realem Geld“ und dem „Versprechen Geld zu zahlen“ kann man vergleichen mit einem Essen und einem Essensgutschein oder einem Drink und einem Bon für einen Drink. Die orthodoxe Theorie verlangt jetzt, dass auch tatsächlich so viele Essen wie Essensgutscheine vorhanden sind. In der realen Welt eine Selbstverständlichkeit, in der Bankenwelt jedoch die Ausnahme.
Die von Phillips aufgeführten Beispiele täuschen vor, dass zum Entstehen von Einlagen und Darlehen immer Bargeld benötigt wird. Aber es geht auch weitgehend ohne Bargeld. Kunde K1 zahlt $1.000 bei der Bank als Spareinlage ein. Damit ist die Bank im Besitz einer entsprechenden Barreserve und kann theoretisch, gemäß dem Verhältnis Barreserve zu Einlagen von 1 zu 10 weitere $9.000 an Darlehen vergeben.
Kunde K11 ist Hersteller
von Landmaschinen und verkauft dem Bankkunden K12 ein Ackergerät für $9.000. Da Kunde K12 erst nach der Ernte zahlen kann, vereinbaren beide eine Frist von 6 Monaten zur Begleichung der Rechnung. Kunde K11 hat einen Kredit mit einer Laufzeit von 6 Monaten eingeräumt. Beide möchten zur Vereinfachung der Abrechnung nun eine Bank mit einschalten.
Kunde K12 nimmt bei der Bank ein Darlehen
über $9.000 auf und muss dieses nach 6 Monaten zurückzahlen. K11 erhält bei der Bank ein Guthaben über diese $9.000 und verpflichtet sich, dieses Guthaben für die nächsten 6 Monaten nicht in Anspruch zu nehmen. Er hat jetzt der Bank ein Darlehen gewährt. K11 ist Gläubiger und K12 ist Schuldner geblieben. Lediglich der Geschäftspartner wurde ausgewechselt. Es ist nun jeweils die Bank.
Ein Blick auf die Bilanzsummen der Abbildung 7 zeigt, dass kein Unterschied zu der Konstruktion mit vielfachen Bargeld-/Darlehenswechsel im Bankensystem gemäß der Tabelle in Abbildung 5 besteht.
Nicht die Anzahl oder Höhe der Bargeld-/Darlehenwechsel ist maßgebend für die Entstehung eines Darlehens, sondern die Bereitschaft eines Kunden, auf die Nutzung seines „Geldes“, oder besser gesagt seiner Forderung in gleicher Höhe, für die Darlehenszeit zu verzichten.
Die Bargeldeinzahlung von $1.000 hat nur eine Daseinsberechtigung, die Erfüllung des Verhältnis von Barreserve zu Einlage von 1 zu 10. Die von Phillips dargestellten unendlich vielen Bargeld-/Darlehenswechsel sind reine Pseudovorgänge zur Unterstützung der orthodoxen Kredittheorie "Jede Einlage, jedes Bankguthaben entsteht durch eine Geldeinzahlung". Zur Beweisführung sind diese Vorgänge ungeeignet und deshalb absolut überflüssig.
Schlussbetrachtung
Die einzelne Bank kann auch
Phillips Behauptung:
"Wir können als These, welche noch zu belegen ist, jetzt festhalten, dass der Erwerb von zusätzlichen [Seite 34] primären Einlagen eine Einzelbank in die Lage versetzt, ihr Darlehn nur ein wenig über den Betrag dieser Einlage auszudehnen." "Aber wie kann eine bestimmte Menge Bargeld die Grundlage für vielfältige Darlehn und Einlagen in einem Bankensystem werden, wenn die gleiche Einlagemenge bei einer Einzelbank kaum oder nur sehr wenig vermehrt werden kann."
Seinen Untersuchungen liegen unterschiedliche Ausgangsvoraussetzungen zugrunde. Im Beispiel der Einzelbank geht er von nur einer einzigen Bargeldeinzahlung/Darlehensgewährung aus, während er beim Bankensystem unendlich viele solcher Wechsel zulässt. Nur mit Hilfe dieser unterschiedlichen Ansätze gelangt er zu seiner o.g. Aussage. Werden bei einer einzelnen Bank ebenso viele Bargeldeinzahlungen/Darlehensgewährungen wie im Bankensystem zugelassen, wird genau das gleiche Ergebnis erreicht. Die Details können im Abschnitt Einzelbank nachgelesen werden. Damit darf die von ihm dargelegte Beweisführung als misslungen angesehen werden und seine These als als nicht zutreffend.
Kaufkraftwirksame Zahlungsmittel
Angelehnt an die Definition des Geldmengenaggregates M1 besitzen im Wirtschaftskreislauf Bargeld und Guthaben auf Girokonten allgemein anerkannte Kaufkraft. Guthaben auf Girokonten deshalb, weil sie als Sichteinlagen jederzeit in Bargeld umgetauscht, oder für Überweisungen benutzt werden können.
Das Werk "Bank Credit" erweckt den Anschein, dass mittels Bankkrediten zusätzliche kaufkraftfähige Zahlungsmittel entstanden seien. Betrachtet man sich zur Feststellung der Zahlungsmittel bei den "Nichtbanken" die Abbildung 5 so wird schnell klar, dass zu Beginn $1.000 Bargeld bei den Nichtbanken zirkulieren. Diese werden bei einer Bank eingezahlt und somit dem Wirtschaftskreislauf entzogen. Die Primäreinlage des Kunden K1 ist nun kein Giroguthaben, sondern ein Sparguthaben in Höhe von $1.000. Erst die Darlehensgewährung über $900 an K2 und dessen Barabhebung des gesamten Darlehensbetrages lassen von den ursprünglich $1.000 wieder $900 in den Wirtschaftskreislauf gelangen. Es folgt ein weiterer Entzug dieser $900 mit einer Freisetzung von nur noch $810. Weiter Vorgänge minimieren die freie Bargeldsumme weiter. Die bei den Nichtbanken ursprünglich vorhandene Geldmenge von $1.000 nimmt kontinuierlich ab und strebt gegen Null. Ein Giroguthaben, welches auch kaufkraftwirksam wäre, existiert nicht, da sämtliche Einlagen als Spareinlagen längerfristig festgelegt sind. Eine Untersuchung dieser Auswirkungen wurde von Phillips nicht vorgenommen.
Fragwürdige Beispiele
Neben der zuvor genannten Widerlegung seiner These und der Betrachtung der tatsächlich kaufkraftwirksamen Zahlungsmittelmenge, ist seine Aufstellung von fortwährenden Barzahlungseingängen/Darlehensvergaben unrealistisch, da in der Wirtschaft so nie anzutreffen. Er beschreibt in einer Wirtschafts- Bankenwelt eine Vielzahl von Bankkunden und Banken, lässt für seine Untersuchung der einzelnen Bank indes nur eine Einbahnstraße zu. Über diese verliert die einzelne Bank ausschließlich Barreserven an andere Banken, ohne jemals Zahlungseingänge von diesen verzeichnen zu könne. Eine Ausgangskonstellation, die nicht zu tragfähigen Erkenntnissen führen kann.
Auch die Addition von unendlich vielen Vorgängen des Bankensystems ist realitätsfremd. Unendlich viele Vorgänge würden auch unendlich viel Zeit beanspruchen. Für eine Bilanzbetrachtung mit Bestandswerten sind diese nicht geeignet.
Goldene Bankregel
Die auf Otto Hübner zurückzuführende "goldene Bankregel" wurde bereits 3 Jahre nach dem Erscheinen seines Werkes "Die Banken" durch Adolph Wagner aufgeweicht. Dieser hob die Bedeutung des Bodensatzes im Zahlungsverkehr hervor[8]. Ein durchschnittlich immer auf den Girokonten verbleibendes Guthaben, kann nach der Bodensatztheorie ebenfalls für Darlehen benutzt werden. Damit kann auch ohne vorherige Spareinlage ein Darlehen gewährt werden. Es wurden noch weitere Faktoren entdeckt, welche die Erfordernis nach Spareinlagen zusätzlich verringerten. Diese sind unter dem Begriff "Liquiditätstheorien" Gegenstand zahlreicher Fachpublikationen. Diese Aspekte werden in Phillips Werk nicht erwähnt.
Kreditvermittelnd oder kreditschöpfend?
Viele Missverständnisse zu unserem Geldsystem entstehen aus unterschiedlichen Vorstellungen über die Entstehung von Krediten und Geld. Kritisch wird es, wenn in einem Werk die zwei wesentlichen Standpunkte vertreten werden, ohne auf den ursächlichen Gegensatz aufmerksam zu machen. Ein Beispiel ist das Schülerbuch der Bundesbank[3] Auf Seite 82 werden Banken und Versicherungen als "Intermediäre" bezeichnet. Intermediäre sind Vermittler. Weiter heißt es zu den "Funktionen des Banken- und Finanzsystems"
"Die Aufgabe des Finanzsystems besteht darin, das Weiterleiten finanzieller Mittel von Anbietern zu Nachfragern zu erleichtern." ......."Zweitens können Haushalte Bargeld oder Sichteinlagen bei den Banken in Spar- oder Termineinlagen umwandeln und es den Banken dadurch ermöglichen, gewährte Kredite langfristig zu refinanzieren. Die Bank vermittelt so zwischen Anbietern und Nachfragern von finanziellen Mitteln. Sie tritt damit als Intermediär im Finanzsystem auf."
Hier wird eindeutig die "kreditvermittelnde" Tätigkeit der Banken beschrieben, ohne auch nur mit einem Wort die kreditschöpfende Funktion zu erwähnen. Man geht sogar soweit, auch noch die Umwandlung von Sichteinlagen in Spar- und Termineinlagen zur Refinanzierung von Krediten als Bedingung vorzugeben. Die seit 1857 bekannte und auch angewandte "Bodensatztheorie", nach der ein großer Teil der Giroguthaben zur Refinanzierung von Krediten direkt herangezogen wird, findet keine Erwähnung. Auch die weiteren Verfahren zur Minderung der Refinanzierung werden nicht aufgeführt. Durch das Weglassen von Informationen wird leichtfertig eine einseitige, nur teilweise zutreffende Darstellung der Bankenfunktion vermittelt. Diese irreführende Halbwahrheit wird gleichwohl im Internet wie auch in Sach- und Fachpublikationen weit verbreitet.
Die kreditschöpfende Funktion der Geschäftsbanken wird ab Seite 72 beschrieben.
Einzelnachweise
<references >
- ↑ Chester Arthur Phillips: Bank Credit: A Study of the Principles and Factors Underlying Advances Made by Banks To Borrowers. The Macmillian Company, New York 1931.
- ↑ Bernd Senf: Der Nebel um das Geld. 10 Auflage. Verlag für Sozialökonomie, Gauke GmbH, Kiel 2009, ISBN 978-3-87998-456-5. Seite 158 - 166
- ↑ 3,0 3,1 3,2 Geld und Geldpolitik Schülerbuch der Bundesbank
- ↑ Bank Credit: A Study of the Principles and Factors Underlying Advances Made by Banks To Borrowers vom Ludwig von Mises Institute
- ↑ Martin Scheytt: Theoretische Grundlagen der bankgeschäftlichen Kreditgewährung. 1 Auflage. Duncker & Humblot, Berlin 1962, ISBN 3-428-01292-5.
- ↑ Formuliert von Otto Hübner in seinem Buch "Die Banken" im Jahre 1853-54, [1] Seite 28
- ↑ Phillips veröffentlichte sein Buch 1920 und bezog sich auf Henry Dunning Macleod (* 1821 in Edinburgh; † 1902) und sein Buch “Theory and Practice of Banking”[2] aus dem Jahr 1856 sowie auf Horace White, (* 1834 in Colebrook, New Hampshire; † 1916) und sein Buch “Money and Banking” [3]aus dem Jahre 1902"
- ↑ Hypothekenbanken arbeiten noch nach der goldenen Bankregel. Bevor sie ein Darlehen erteilen, muss ein entsprechender Betrag mit gleichwertiger Fristigkeit über Pfandbriefe hereingenommen worden sein.