Das Geldrätsel: Zentralbanksystem

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Welche Rolle spielt die Zentralbank im Bankensystem? Folgt man den vorhergehenden Kapiteln funktioniert das Bankensystem auch ohne Zentralbank. Demgegenüber wurde im Kapitel "Teilnehmer am Geldsystem" der Stufenaufbau "Zentralbank - Geschäftsbanken - Nichtbanken" in den Vordergrund gestellt. Je nach Untersuchungsgegenstand scheint es deshalb zweckmäßig, die horizontale oder aber die vertikale Struktur ins Blickfeld zu rücken.

Vertikale Anordnung

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Eine Hierarchiestruktur mit übergeordneter Stellung der Zentralbank ist durch deren besondere Aufgaben und Funktionen gegeben.

Die Zentralbank

  • darf einzig und alleine Banknoten herstellen,
  • kauft Münzen von der Regierung,
  • bringt mit dem Bargeld das einzige gesetzliche Zahlungsmittel über die Geschäftsbanken in Umlauf,
  • kann Mindestreserven von den Geschäftsbanken verlangen,
  • bildet zusammen mit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) die Aufsichtsbehörde für den Bankenbetrieb,
  • ist zuständig für die Geldwertstabilität,
  • steht nicht im Wettbewerb zu den Geschäftsbanken.

Beginnend mit der Gründung der privaten Bank of England (BoE), der Musterbank für alle späteren Zentralbanken, lässt sich die Aneignung der vorgenannten Rechte und Funktionen geschichtlich gut nachvollziehen. Bei der Einschränkung der Banknotenherstellung durch private Geschäftsbanken erreichte die BoE zum Beispiel bereits 1709 einen beachtlichen Erfolg durch die staatliche Zusicherung eines Teilmonopols[1]. In London war Banken oder Gesellschaften mit mehr als 6 Mitgliedern fortan die Herstellung von Banknoten verboten. Der ebenfalls privaten deutschen Reichsbank gelang dies erst mühsam nach 1871.

Horizontale Anordnung

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Eine eher horizontale Einordnung der Zentralbank ist auf den Gebieten des Zahlungsverkehrs und der Geldschöpfung zu erkennen. Die Zentralbank wird in der Abbildung entsprechend auf der gleichen Ebene wie andere Geschäftsbanken eingeordnet, wie dies auch in der Bilanzposition "Verbindlichkeiten gegenüber Banken" der Fall ist. Bilanztechnisch spielt es keine Rolle, ob sich die Bank bei einer anderen Geschäftsbank oder aber bei einer Zentralbank verschuldet. Lediglich auf der Aktivaseite hat das "Geld" der Zentralbank eine separate Bilanzposition neben den "Forderungen an Banken" erhalten. Es ist die Position "Barreserve", welche jedoch nur die täglich fälligen Forderungen an die Zentralbank enthält.

Nun kann man den Zahlungsverkehr und die Geldschöpfung nicht zweifelsfrei der horizontalen Struktur zuordnen auch wenn dies je nach Betrachtungsweise so scheinen mag. Deshalb sollen nachfolgend beide Standpunkte und deren Hintergründe erläutert werden.

Gesetze

Funktionen und Eigenschaften von Geld können zum Teil aus Gesetzen und der sich aus diesen Gesetzen entwickelten Rechtssprechung abgeleitet werden. Dabei sind die Gesetze nicht gesammelt an einem Ort zu finden sondern weit über die einzelnen Gesetzbücher verstreut. Auch überschneiden sich die relevanten Normen an zahlreichen Stellen erheblich. [2]

Bargeld

Der Gesetzgeber betrachtet das Geld immer noch in Anlehnung an die Goldwährungszeiten als „Ding“ oder als „Sache“, wie es im Juristendeutsch heißt. Bargeld oder Münzen sind Sachen im Sinne des § 90 BGB[3]. Die Auszahlungs- bew. Überweisungsansprüche des Kunden gegenüber der Bank basieren auf einer „unregelmäßigen Verwahrung“ von Bargeld im Sinne des § 700 BGB [4] in Verbindung mit § 488 BGB[5]. Diese beiden Paragraphen sprechen den „Darlehensvertrag“ an. Der Bank werden „vertretbare Sachen“ übereignet und diese ist verpflichtet, Sachen gleicher Art, Güte und Menge zurückzugewähren. Vereinfacht gesagt erhält die Bank Bargeld und muss dieses auf Anforderung des Kunden auch wieder auszahlen. Die eingezahlte Bargeldmenge wird auf dem Girokonto notiert.

Über die Entstehung des Bargeldwesens schweigt sich der Gesetzgeber weitgehend aus. In §14 BBankG [6] hält der Gesetzgeber fest, dass nur die Bundesbank das Recht besitzt, Banknoten herauszugeben. Darüber, wie diese Banknoten in Umlauf kommen, ist in den Gesetzen nichts zu erfahren.

Giralgeld

Während die Giralgeldzahlung für einige lediglich eine „Leistungsmodalität“ einer Zahlung für eine geschuldete Leistung darstellt, sehen andere darin eine „Leistung an Erfüllung statt“, im Sinne des § 364 BGB[7]. Die letztgenannte „traditionelle“ Auffassung lehnt die Gleichstellung der Giralgeldzahlung mit der Bargeldzahlung ab, da einzig das Bargeld „gesetzliches Zahlungsmittel“ sei. Als „Gesetzlicher Regelfall“[8] oder „Normalfall“[9] wird die Bargeldzahlung auf der juristischen Ebene gesehen. Die bargeldlose Zahlung ist hingegen die Ausnahme[8], wird aber „wirtschaftlich als zumindest gleichrangig“[9] angesehen. Die Zahlungsverkehrsstatistik der Deutschen Bundesbank[10] enthüllt jedoch die wahren Verhältnisse. In Deutschland beträgt der Wert der bargeldlosen Überweisungen 2014 etwa 53 Billionen € und der Bargeldverkehr über Geldautomaten 0,5 Billionen €. Dies zeigt deutlich, wie sehr die Rechtsauffassung zum Regelfall „Bargeldzahlung“ und die tatsächliche Praxis von Zahlungsvorgängen auseinanderstreben. Wird die Gleichstellung von Bargeld und Giralgeld abgelehnt, da ja nur Bargeld gesetzliches Zahlungsmittel ist, lässt sich daraus eine Einstufung des Giralgeldes unter das Bargeld begründen. In einem nächsten Schritt wird dann definiert:

"Giralgeld ist ein Anspruch auf Bargeld"

Eine Modellvorstellung, die durchaus nachvollziehbar erscheint und im Einklang mit den zuvor genannten Gesetzen steht. Das bei einer Bank eingezahlte Bargeld wird einzig als Giralgeld notiert. Es existiert also nur das Bargeld bei den Nichtbanken sowie deren Bankguthaben auf den Girokonten bei Geschäftsbanken. [11]


Zahlungsverkehr

Beim Zahlungsverkehr stehen neben dem Gironetz der Deutschen Bundesbank auch private Clearingstellen zur Verfügung, wie im Kapitel Zahlungsverkehrsnetze und -systeme beschrieben. Zahlungen können somit, müssen aber nicht zwingend über die Bundesbank abgewickelt werden. Die Bundesbank ist nur ein Zahlungsdienstleister neben anderen.

Geldschöpfung

Im Bereich der Euro-Länder zirkuliert eine Geldmenge M1 in Höhe von 5 Billionen €. Diese teilt sich auf in 1 Billion € Bargeld und 4 Billionen € "Buchgeld der Geschäftsbanken". Das Bargeld, als einziges gesetzliche Zahlungsmittel, wird ausschließlich von der Zentralbank über die Geschäftsbanken in Umlauf gebracht. Die Geschäftsbanken selbst können kein Bargeld herstellen. Sie müssen dieses bei der Zentralbank erwerben.

Das Buchgeld der Geschäftsbanken, allgemein als Giralgeld bekannt, wird hingegen von den Geschäftsbanken "hergestellt" und in Umlauf gebracht. "In Umlauf bringen" bedeutet jeweils, es den Nichtbanken zur Verfügung zu stellen. Die Geschäftsbanken sind jedoch nicht vollkommen frei in ihrer Geldschöpfungsmöglichkeit. Wird durch einen Buchungsvorgang neues Buchgeld geschöpft sind sie gesetzlich verpflichtet, einen Teil des zusätzlich geschöpften Betrages (1 %) nachträglich als Mindestreserve bei der Zentralbank zu hinterlegen. Auch müssen sie gegebenenfalls ihren Bargeldvorrat erhöhen wenn damit zu rechnen ist, dass Giralgeldbesitzer einen Teil ihrer Guthaben bar ausgezahlt haben wollen.

Strukturelle Liquiditätsknappheit

Die Zentralbank nennt die aus der Auflage "Mindestreserve" entstehende Funktion "Vergrößerung der strukturellen Liquiditätsknappheit". Hinter diesem dubiosen Begriff verbirgt sich die gesetzliche Auflage, die Geschäftsbanken über den Mindestreservesatz zu zwingen, Zentralbank-Zahlungsmittel (= Forderungen an die Zentralbank) zu erwerben. Für die Erfüllung der Mindestreserve muss sich die Geschäftsbank Zentralbank-Buchgeld auf dem Kreditwege bei der Zentralbank beschaffen, sie muss sich bei der Zentralbank verschulden.

Die Bargeldversorgung der Nichtbanken ist ein weiterer Zwangspunkt für Geschäftsbanken, sich bei der Zentralbank zu verschulden. Bis auf einen kleinen Anteil, den Kassenbestand, wird das Bargeld von den Geschäftsbanken an Nichtbanken weitergegeben. Diese Weitergabe geht mit einer Minderung der „Verbindlichkeit gegenüber Nichtbanken“ einher. Die Benutzung von Bargeld durch Nichtbanken bewirkt insgesamt gesehen einen Passivtausch bei der Geschäftsbank. Verbindlichkeiten gegenüber der Nichtbank werden abgebaut und stattdessen steigen die Verbindlichkeiten gegenüber der Zentralbank. Mit Bargeld wird ebenso wie bei der Mindestreserve eine Abhängigkeit der Geschäftsbanken von der Zentralbank bewirkt. Das Banknotenmonopol der Zentralbank führt zu einer Zwangsnachfrage der Geschäftsbanken nach Zentralbankgeld.



Einzelnachweise

<references >

  1. A brief history of banknotes Bank of England, Abruf 02.05.2016
  2. Bankrecht – eine Einführung, Iurratio Ausgabe 1/2013, Abruf: 25.05.2016
  3. § 90 Begriff der Sache, BGB, Abruf: 25.05.2016
  4. § 700 Unregelmäßiger Verwahrungsvertrag, BGB, Abruf: 25.05.2016
  5. § 488 Vertragstypische Pflichten beim Darlehensvertrag, BGB, Abruf: 25.05.2016
  6. § 14 Abs. 1 des Bundesbankgesetzes, Abruf: 25.05.2016
  7. § 364 Annahme an Erfüllungs statt, BGB Abruf: 25.05.2016
  8. 8,0 8,1 [http://www.bankrecht.uni-mannheim.de/lehrstuhlinhaber/vortraege/2013/vortrag_2013_06_26_zahlungsverkehrsrecht_folien_2013.pdf Tagung: Neues Zahlungsverkehrsrecht “Aktuelle Probleme des Schuldrechts” der deutschen Richterakademie in Trier Vortrag am 26. Juni 2013] Abruf: 25.05.2016
  9. 9,0 9,1 [ http://www.uni-leipzig.de/bankinstitut/dokumente/2004-07-14-01.pdf Ron Francke, Erfüllung bei bargeldloser Überweisung, Institut für Deutsches und Internationales Bank- und Kapitalrecht an der Universität Leipzig 2004] Abruf: 25.05.2016
  10. Zahlungsverkehrs- und Wertpapierabwicklungsstatistiken in Deutschland 2010 - 2014, Abruf: 25.05.2016
  11. Entsprechend ist auch die Geldmenge M1 definiert