Das Geldrätsel: Fristenspekulation: Unterschied zwischen den Versionen
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Die Bank vergibt einen Kredit über 5.000 € für 6 Monate, hat aber zur [[Das Geldrätsel: Refinanzierung|Refinanzierung]] nur 5.000 € Spareinlagen für 3 Monate erhalten. Nach Ablauf der 3 Monate muss sie deshalb weiteres Spargeld für 3 Monate erwerben, um weiterhin zahlungsfähig zu bleiben. Bei dieser Forderung wird davon ausgegangen, dass die Bank tatsächlich eine reine Vermittlungsleistung erbringt. Dabei wird vorausgesetzt, dass sie nicht mehr ausleihen kann, wie sie selbst besitzt. Zum Zeitpunkt der Kreditvergabe hat sie nur für die ersten 3 Monate die Refinanzierung gesichert. Das "Geld" für die weiteren 3 Monate besitzt sie noch nicht. | Die Bank vergibt einen Kredit über 5.000 € für 6 Monate, hat aber zur [[Das Geldrätsel: Refinanzierung|Refinanzierung]] nur 5.000 € Spareinlagen für 3 Monate erhalten. Nach Ablauf der 3 Monate muss sie deshalb weiteres Spargeld für 3 Monate erwerben, um weiterhin zahlungsfähig zu bleiben. Bei dieser Forderung wird davon ausgegangen, dass die Bank tatsächlich eine reine Vermittlungsleistung erbringt. Dabei wird vorausgesetzt, dass sie nicht mehr ausleihen kann, wie sie selbst besitzt. Zum Zeitpunkt der Kreditvergabe hat sie nur für die ersten 3 Monate die Refinanzierung gesichert. Das "Geld" für die weiteren 3 Monate besitzt sie noch nicht. | ||
− | Diese Art der Refinanzierung wird als "positive Fristentransformation" bezeichnet. Wird allgemein von "Fristentransformation" gesprochen, ist damit die "positive Fristentransformation" gemeint. Die Bank sammelt insgesamt gesehen viele kurzfristige Spargelder ein und finanziert damit einige langfristige Kundenkredite. Dabei erzielt die Bank durchweg einen beachtlichen Gewinn aus den unterschiedlichen Zinssätzen von lang- und kurzfristigen Anlageformen, wie dies detailliert im Kapitel "Bankkalkulation" gezeigt wird. Aus der Durchschnitts-Zinsertragsbilanz wird ersichtlich, in welchem Umfang Fristentransformation von einer Bank betrieben wird, d, h, in welchem Ausmaß die Bank auf für sie günstige Zinsentwicklungen spekuliert. | + | Diese Art der Refinanzierung wird als "positive Fristentransformation" bezeichnet. Wird allgemein von "Fristentransformation" gesprochen, ist damit zumeist die "positive Fristentransformation" gemeint. Die Bank sammelt insgesamt gesehen viele kurzfristige Spargelder ein und finanziert damit einige langfristige Kundenkredite. Dabei erzielt die Bank durchweg einen beachtlichen Gewinn aus den unterschiedlichen Zinssätzen von lang- und kurzfristigen Anlageformen, wie dies detailliert im Kapitel "[[Das Geldrätsel: Bankkalkulation|Bankkalkulation]]" gezeigt wird. Aus der Durchschnitts-Zinsertragsbilanz wird ersichtlich, in welchem Umfang Fristentransformation von einer Bank betrieben wird, d, h, in welchem Ausmaß die Bank auf für sie günstige Zinsentwicklungen spekuliert. Sie spekuliert darauf, dass die künftigen Zinsen für kurzfristige Geldanlagen unter den Zinssätzen für langfristige Zinsen liegen, d. h. es wird auf eine "normale", steigende Zinsstrukturkurve gesetzt. Der durch diese Spekulation erreichte Erlösanteil geht als "Strukturbeitrag" in die Bankkalkulation ein. |
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+ | Steigen hingegen die kurzfristigen Zinsen über die Zinssätze für langfristige Zinsen an, spricht man von einer inversen Zinsstrukturkurve mit fallenden Zinsen auf der Anlagendauerachse. Der Bank entstehen hierbei Verluste. Die aus der Fristentransformation entstehenden Risiken bei Zinsänderungen werden entsprechend als Zinsänderungsrisiken bezeichnet. Als Normalfall ist jedoch die steigende Zinsstrukturkurve anzusehen. | ||
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+ | Der Fristentransformation liegt immer noch der Gedanke an die Kreditvermittlungsfunktion der Banken zugrunde. Diejenigen die Geld sparen, stellen es denjenigen zur Verfügung, die Geld leihen wollen. Die Banken, als Kreditvermittler bringen dabei die unterschiedlichen Interessen der Beteiligten in Einklang. | ||
Version vom 23. August 2016, 11:03 Uhr
Fristentransformation
Von Fristentransformation wird gesprochen, wenn eine Bank die unterschiedlichen Laufzeitwünsche von Sparern und Kreditnehmern ausgleicht. In der Fachliteratur wird die Fristentransformation als legitimes Mittel der Banken dargestellt um eine der Hauptfunktionen der Banken, die "unterschiedlichen Laufzeitinteressen von Schuldnern und Gläubigern in Einklang zu bringen"[1]. Die Literatur unterscheidet weiterhin zwischen "negativer" und "positiver Fristentransformation"[2], wobei bei positiver Fristentransformation der Ausdruck "Fristenspekulation" angemessener wäre, wie nachfolgend noch erläutert wird.
Negative Fristentransformation
Ein Sparer legt 5.000 € in einem Sparbrief bei der Bank fest. Ein anderer Kunde möchte 5.000 € Kredit von der Bank erhalten, jedoch nur für einen Zeitraum von 6 Monaten. Die Bank kann für die restlichen 6 Monate einen weiteren Kredit über 5.000 € an einen anderen Bankkunden ausreichen. Werden die Kredite von der Bank so erteilt, hat sie eine "negative Fristentransformation" vorgenommen. Wäre nur 1 Kredit über 5.000 € mit einer Laufzeit von 12 Monaten erteilt worden, hätte die Bank keine Fristentransformation betrieben sondern sie hätte den Kredit "fristenkongruent refinanziert". Hier wird ersichtlich, dass kein wesentlicher Unterschied zwischen der Fristenkongruenz und der "negativen Fristentransformation" besteht. Der Sparbetrag wird nicht in in einer Aktion für 12 Monate festgelegt sondern wird lediglich auf zwei Kreditverträge mit je 6 Monaten aufgeteilt. Aus einer lang angelegten Spareinlage wurden zwei kurze Kreditverträge finanziert, ohne jegliches Fristenrisiko. Damit wird ausgedrückt, dass aus den Zahlungen an die Kreditnehmer sowie aus der Rückzahlung an den Sparer der Bank kein Zahlungsproblem entstehen kann, sofern die Kreditnehmer ihre Kredite vertragsgemäß zurückzahlen. Die heutigen Pfandleiher arbeiten nach diesem Prinzip, vergleichbar mit den ursprünglichen Leihbanken. Der Ausdruck "negative Fristentransformation" ist in hohem Maße irreführend, da er genau das Gegenteil von Fristentransformation und zwar die Fristenkongruenz beschreibt.
Positive Fristentransformation
Otto Hübner warnt 1854 in seinem Buch "Die Banken" davor, zur Finanzierung langfristiger Kredite kurzfristige Spareinlagen heranzuziehen. Dies kommt in seiner Forderung
Die Bank kann, wenn sie auf drei Monate Gelder deponiert erhält, ohne Gefahr dieselben nicht auf sechs Monate ausborgen.“(Seite 28 ff)
zum Ausdruck. Die Bank vergibt einen Kredit über 5.000 € für 6 Monate, hat aber zur Refinanzierung nur 5.000 € Spareinlagen für 3 Monate erhalten. Nach Ablauf der 3 Monate muss sie deshalb weiteres Spargeld für 3 Monate erwerben, um weiterhin zahlungsfähig zu bleiben. Bei dieser Forderung wird davon ausgegangen, dass die Bank tatsächlich eine reine Vermittlungsleistung erbringt. Dabei wird vorausgesetzt, dass sie nicht mehr ausleihen kann, wie sie selbst besitzt. Zum Zeitpunkt der Kreditvergabe hat sie nur für die ersten 3 Monate die Refinanzierung gesichert. Das "Geld" für die weiteren 3 Monate besitzt sie noch nicht.
Diese Art der Refinanzierung wird als "positive Fristentransformation" bezeichnet. Wird allgemein von "Fristentransformation" gesprochen, ist damit zumeist die "positive Fristentransformation" gemeint. Die Bank sammelt insgesamt gesehen viele kurzfristige Spargelder ein und finanziert damit einige langfristige Kundenkredite. Dabei erzielt die Bank durchweg einen beachtlichen Gewinn aus den unterschiedlichen Zinssätzen von lang- und kurzfristigen Anlageformen, wie dies detailliert im Kapitel "Bankkalkulation" gezeigt wird. Aus der Durchschnitts-Zinsertragsbilanz wird ersichtlich, in welchem Umfang Fristentransformation von einer Bank betrieben wird, d, h, in welchem Ausmaß die Bank auf für sie günstige Zinsentwicklungen spekuliert. Sie spekuliert darauf, dass die künftigen Zinsen für kurzfristige Geldanlagen unter den Zinssätzen für langfristige Zinsen liegen, d. h. es wird auf eine "normale", steigende Zinsstrukturkurve gesetzt. Der durch diese Spekulation erreichte Erlösanteil geht als "Strukturbeitrag" in die Bankkalkulation ein.
Steigen hingegen die kurzfristigen Zinsen über die Zinssätze für langfristige Zinsen an, spricht man von einer inversen Zinsstrukturkurve mit fallenden Zinsen auf der Anlagendauerachse. Der Bank entstehen hierbei Verluste. Die aus der Fristentransformation entstehenden Risiken bei Zinsänderungen werden entsprechend als Zinsänderungsrisiken bezeichnet. Als Normalfall ist jedoch die steigende Zinsstrukturkurve anzusehen.
Der Fristentransformation liegt immer noch der Gedanke an die Kreditvermittlungsfunktion der Banken zugrunde. Diejenigen die Geld sparen, stellen es denjenigen zur Verfügung, die Geld leihen wollen. Die Banken, als Kreditvermittler bringen dabei die unterschiedlichen Interessen der Beteiligten in Einklang.
Einzelnachweise
<references >
- ↑ FristentransformationWikipedia, Abruf 20.08.2016
- ↑ Bankmanagement Hans-Peter Burghof, Universität Hohenheim, Wintersemester 2008/2009, Abruf 20.08.2016