Das Geldrätsel: Vermittler oder Schöpfer: Unterschied zwischen den Versionen
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+ | Der überwiegende Teil der volkswirtschaftlichen Literatur sieht die Geschäftsbanken, nachfolgend nur als Banken bezeichnet, in der Funktion als Geldvermittler (Intermediär). Diejenigen, die Geld übrig haben leihen es denjenigen, die Geld benötigen. So fügen die Banken sich auch schön in die Kreislaufmodelle der Volkswirtschaftslehre ein. | ||
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+ | „Um Kredite zu vergeben, benötigt eine Bank keine Sparer.“ So oder ähnlich lauten die Schlussfolgerungen derjenigen, die davon ausgehen, dass "Banken Geld aus dem Nichts schöpfen können". Es entsteht dabei "Geld", das vorher nicht da war und es ist auch kein Zentralbankgeld oder Spargeld dazu erforderlich<ref>Die „Geldschöpfung der Banken aus dem Nichts“ wird vermehrt als ernstzunehmende neue Erkenntnis propagiert. | ||
+ | * Bank of England [https://www.bankofengland.co.uk/quarterly-bulletin/2014/q1/money-creation-in-the-modern-economy Money creation in the modern economy] | ||
+ | * Deutsche Bundesbank, Monatsbericht 04/2017 [https://www.bundesbank.de/resource/blob/614448/c0acb63e33120467bbb3615c63dc7e1a/mL/2017-04-geldschoepfungsprozess-data.pdf Die Rolle von Banken, Nichtbanken und Zentralbank im Geldschöpfungsprozess] | ||
+ | * Norbert Häring [http://norberthaering.de/de/27-german/news/818-bundesbank-geldschoepfungDie Bundesbank versucht über Geldschöpfung aus dem Nichts aufzuklären – vergeblich ] | ||
+ | * weitere Autoren mit dieser Ausrichtung: Mathias Binswanger, Josef Huber, Bernd Senf, Christoph Pfluger, Christoph Binswanger, Dirk Ehnts, Richard Werner und viele andere. </ref>. | ||
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− | + | Beim Erwerb von Vermögenswerten wie auch bei Inanspruchnahme von Dienstleistungen „bezahlt“ die Bank ebenfalls mit „Geschäftsbanken-Sichteinlagen", mit Giralgeld. Auch diese Sichteinlagen entstehen aus dem Nichts. Auf der Passivseite der Bankbilanz müssten folglich nur drei Positionen auftauchen, das Eigenkapital der Bank und die Sichtguthaben der Bankkunden sowie noch die Position "Einlagen von Banken", welche die Verbindlichkeiten der Banken untereinander beinhaltet. | |
− | Die | + | Betrachtet man sich die Passivseite der konsolidierten Bilanz der deutschen Banken [[Datei:Konsolidierte Bilanz 06 2014.png|rechts|450px]] stellt man jedoch fest, das die Position „Sichteinlagen“ nur noch einen Anteil von 20 % an der Passivseite innehält. Hier tauchen jetzt die Positionen Termineinlagen, Spareinlagen und Schuldverschreibungen auf. Die Bank hat also Sichteinlagen, welche „sofort fällig“ sind in Einlagearten mit längeren Fristen umgewandelt. Dies kann die Bank natürlich nicht eigenständig bewirken. Voraussetzung ist, dass ihre Kunden bei ihr Geld anlegen wollen. Hierzu bietet sie ihren Kunden die Umwandlung von Giralgeld in Spargeld als vorteilhaftes Geschäft an. Sie bietet ihnen Guthabenzinsen auf die vorgenannten Spareinlagen. Weshalb aber zahlt die Bank freiwillig Zinsen auf diese Einlagearten, wenn ihnen die Sichtguthaben der Kunden doch kostenlos zur Verfügung stehen? |
− | + | Wäre die Geschäftsbank die [[Das Geldrätsel: Wicksellsche Idealbank|einzige Bank in einem Land]], so könnte sie tatsächlich die ganze Passivseite aus Sichtverbindlichkeiten gegenüber ihren Kunden bestehen lassen. Bei mehreren Banken in einem Land, welche im Wettbewerb stehen, ergeben sich jedoch automatisch Zwänge bezüglich der Kundenbindung und der Bewirtschaftung von Mitteln. | |
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− | + | Bietet nur die Bank A ihren Kunden Zinsen auf Sparguthaben, werden die Kunden sämtlicher anderer Banken versuchen, ihr Spargeld bei Bank A anzulegen. Wollen die anderen Banken | |
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− | + | Aber dies ist nur ein Aspekt für das Sparangebot der Banken. Wichtiger erscheint der Verlust von Liquidität bei Überweisung von Spargeldern an Bank A. Die überweisende Bank B muss bei der Bank A einen Kredit aufnehmen, um diese dazu zu bewegen, für den Sparkunden ein Sparguthaben anzulegen. Details hierzu sind im Artikel [[Das Geldrätsel: Bilanzen der Geschäftspartner|Bilanzen der Geschäftspartner]] erklärt. Bank B wechselt also ihre Sichtverbindlichkeit gegenüber ihrem Kunden in eine Verbindlichkeit gegenüber Bank A. Dieser muss sie jedoch Zinsen zahlen und gegebenenfalls auch noch Sicherheiten hinterlegen. Also wird sie versuchen, ihren Kunden zu bewegen, sein Sichtguthaben direkt bei ihr, Bank B, als Spargeld anzulegen, Diesem muss sie zwar auch Zinsen zahlen, in der Regel aber weniger als bei einem Kredit von Bank A. Zudem verlangt ihr Kunde ja keine Sicherheit. | |
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− | + | Aus dem Konkurrenzverhältnis der Banken untereinander resultiert eine Aufteilung der Pasivseite wie in der Abbildung oben gezeigt. Die jeweiligen Rentabilitäts- und Liquiditätsgesichtspunkte einer Bank bestimmen deren individuelle Aufteilung der Aktiv- und Passivseite. | |
− | Die | + | {{Kasten hellbraun|''"Die Bankdevise: „So liquide wie nötig, so rentabel wie möglich“ verdeutlicht diese Problematik."''}} |
+ | Möglichst liquide zu sein verursacht Kosten durch zu zahlende Zinsen, entweder für Zentralbankgeld, Kredite bei anderen Banken, Bankschuldverschreibungen oder aber für Spar- und Terminguthaben von Kunden. Können nur wenig Mittel zu anderen Banken abfließen ist eine Bank stabil und zahlungsfähig. Dies steht aber dem Ziel der Gewinnmaximierung, also möglichst rentabel zu arbeiten, entgegen. | ||
− | + | Auch wenn Geschäftsbanken grundsätzlich durch Kreditvergabe oder den Ankauf von Vermögenswerten neues Geld schaffen, erfolgt doch größtenteils alsbald eine Refinanzierung dieses neu geschaffenen Geldes. Die möglichen Sparaktionen wurden zuvor beschrieben und in der oben gezeigten Grafik zur konsolidierten Bankenbilanz auch quantitativ aufgezeigt. | |
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− | + | Der Satz: "Die Geschäftsbanken leihen nicht Geld aus, welches vorher jemand bei ihnen deponiert hat, sondern sie schaffen neues Geld durch Kreditvergabe." trifft nur für Augenblick der Schaffung von Geschäftsbanken-Buchgeld zu. Die zwangsweise danach erforderliche Refinanzierung wird dabei ausgeblendet. | |
− | + | Die Bankpraxis zeigt, dass im Bankbetrieb Spargelder sehr wohl noch benötigt werden. Dass diese erst nach der Kreditvergabe erforderlich werden, ist für den Bankbetrieb von untergeordneter Bedeutung. Die Schaffung von Krediten ohne Spargelder trifft somit nur für die 20 % der Sichteinlagen zu. | |
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+ | Die Vermittlerfunktion darf man deshalb nicht wörtlich in Buchungssätzen suchen sondern kann diese erst im gesamten Bankengeschäft erkennen. Einen guten Überblick bietet dazu die konsolidierte Bankenbilanz. Die Banken vergeben Kredite und benötigen aber auch Kredite von ihren Kunden. Nur ein Teil von etwa 20 % der Bilanzsumme kann als Geldschöpfung der Banken ohne zeitlich nachgeordnete Sparaktionen angesehen werden. | ||
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Aktuelle Version vom 13. November 2019, 16:59 Uhr
Das Durchlesen der vorhergehenden Seiten ab "Liquidität der Banken" erleichtert gegebenenfalls das Verstehen des nachfolgenden Textes.
Vermittler
Der überwiegende Teil der volkswirtschaftlichen Literatur sieht die Geschäftsbanken, nachfolgend nur als Banken bezeichnet, in der Funktion als Geldvermittler (Intermediär). Diejenigen, die Geld übrig haben leihen es denjenigen, die Geld benötigen. So fügen die Banken sich auch schön in die Kreislaufmodelle der Volkswirtschaftslehre ein.
Schöpfer
„Um Kredite zu vergeben, benötigt eine Bank keine Sparer.“ So oder ähnlich lauten die Schlussfolgerungen derjenigen, die davon ausgehen, dass "Banken Geld aus dem Nichts schöpfen können". Es entsteht dabei "Geld", das vorher nicht da war und es ist auch kein Zentralbankgeld oder Spargeld dazu erforderlich[1].
Die wesentliche Aussage:
"Die Geschäftsbanken leihen nicht Geld aus, welches vorher jemand bei ihnen deponiert hat, sondern sie schaffen neues Geld durch Kreditvergabe."
lässt sich anhand von Buchungssätzen für den Einzelfall nachweisen. Geld steht hier für die Sichteinlagen bei Geschäftsbanken. Im Kreditvorgang entstehen bei den Banken "Sichteinlagen aus dem Nichts".
Beim Erwerb von Vermögenswerten wie auch bei Inanspruchnahme von Dienstleistungen „bezahlt“ die Bank ebenfalls mit „Geschäftsbanken-Sichteinlagen", mit Giralgeld. Auch diese Sichteinlagen entstehen aus dem Nichts. Auf der Passivseite der Bankbilanz müssten folglich nur drei Positionen auftauchen, das Eigenkapital der Bank und die Sichtguthaben der Bankkunden sowie noch die Position "Einlagen von Banken", welche die Verbindlichkeiten der Banken untereinander beinhaltet.
Betrachtet man sich die Passivseite der konsolidierten Bilanz der deutschen Banken
stellt man jedoch fest, das die Position „Sichteinlagen“ nur noch einen Anteil von 20 % an der Passivseite innehält. Hier tauchen jetzt die Positionen Termineinlagen, Spareinlagen und Schuldverschreibungen auf. Die Bank hat also Sichteinlagen, welche „sofort fällig“ sind in Einlagearten mit längeren Fristen umgewandelt. Dies kann die Bank natürlich nicht eigenständig bewirken. Voraussetzung ist, dass ihre Kunden bei ihr Geld anlegen wollen. Hierzu bietet sie ihren Kunden die Umwandlung von Giralgeld in Spargeld als vorteilhaftes Geschäft an. Sie bietet ihnen Guthabenzinsen auf die vorgenannten Spareinlagen. Weshalb aber zahlt die Bank freiwillig Zinsen auf diese Einlagearten, wenn ihnen die Sichtguthaben der Kunden doch kostenlos zur Verfügung stehen?
Wäre die Geschäftsbank die einzige Bank in einem Land, so könnte sie tatsächlich die ganze Passivseite aus Sichtverbindlichkeiten gegenüber ihren Kunden bestehen lassen. Bei mehreren Banken in einem Land, welche im Wettbewerb stehen, ergeben sich jedoch automatisch Zwänge bezüglich der Kundenbindung und der Bewirtschaftung von Mitteln.
Bietet nur die Bank A ihren Kunden Zinsen auf Sparguthaben, werden die Kunden sämtlicher anderer Banken versuchen, ihr Spargeld bei Bank A anzulegen. Wollen die anderen Banken ihre Kunden auch im Spargeschäft behalten sind sie gezwungen, ihren Kunden auch ähnliche Sparangebote zu unterbreiten.
Aber dies ist nur ein Aspekt für das Sparangebot der Banken. Wichtiger erscheint der Verlust von Liquidität bei Überweisung von Spargeldern an Bank A. Die überweisende Bank B muss bei der Bank A einen Kredit aufnehmen, um diese dazu zu bewegen, für den Sparkunden ein Sparguthaben anzulegen. Details hierzu sind im Artikel Bilanzen der Geschäftspartner erklärt. Bank B wechselt also ihre Sichtverbindlichkeit gegenüber ihrem Kunden in eine Verbindlichkeit gegenüber Bank A. Dieser muss sie jedoch Zinsen zahlen und gegebenenfalls auch noch Sicherheiten hinterlegen. Also wird sie versuchen, ihren Kunden zu bewegen, sein Sichtguthaben direkt bei ihr, Bank B, als Spargeld anzulegen, Diesem muss sie zwar auch Zinsen zahlen, in der Regel aber weniger als bei einem Kredit von Bank A. Zudem verlangt ihr Kunde ja keine Sicherheit.
Aus dem Konkurrenzverhältnis der Banken untereinander resultiert eine Aufteilung der Pasivseite wie in der Abbildung oben gezeigt. Die jeweiligen Rentabilitäts- und Liquiditätsgesichtspunkte einer Bank bestimmen deren individuelle Aufteilung der Aktiv- und Passivseite.
"Die Bankdevise: „So liquide wie nötig, so rentabel wie möglich“ verdeutlicht diese Problematik."
Möglichst liquide zu sein verursacht Kosten durch zu zahlende Zinsen, entweder für Zentralbankgeld, Kredite bei anderen Banken, Bankschuldverschreibungen oder aber für Spar- und Terminguthaben von Kunden. Können nur wenig Mittel zu anderen Banken abfließen ist eine Bank stabil und zahlungsfähig. Dies steht aber dem Ziel der Gewinnmaximierung, also möglichst rentabel zu arbeiten, entgegen.
Auch wenn Geschäftsbanken grundsätzlich durch Kreditvergabe oder den Ankauf von Vermögenswerten neues Geld schaffen, erfolgt doch größtenteils alsbald eine Refinanzierung dieses neu geschaffenen Geldes. Die möglichen Sparaktionen wurden zuvor beschrieben und in der oben gezeigten Grafik zur konsolidierten Bankenbilanz auch quantitativ aufgezeigt.
Der Satz: "Die Geschäftsbanken leihen nicht Geld aus, welches vorher jemand bei ihnen deponiert hat, sondern sie schaffen neues Geld durch Kreditvergabe." trifft nur für Augenblick der Schaffung von Geschäftsbanken-Buchgeld zu. Die zwangsweise danach erforderliche Refinanzierung wird dabei ausgeblendet.
Die Bankpraxis zeigt, dass im Bankbetrieb Spargelder sehr wohl noch benötigt werden. Dass diese erst nach der Kreditvergabe erforderlich werden, ist für den Bankbetrieb von untergeordneter Bedeutung. Die Schaffung von Krediten ohne Spargelder trifft somit nur für die 20 % der Sichteinlagen zu.
Fazit
Die "Geldschöpfung aus dem Nichts" erweist sich als schwerwiegender Fehlschluss, weil aus einem einfachen Buchungssatz auf die Funktion des gesamten Bankbetriebes geschlossen wird.
Jedoch ist auch die Aussage, dass Banken das Geld von Sparern verleihen, ein Fehlschluss. Eine Aussage aus Zeiten der Goldwährung wurde in unser heutiges Schuld-Geld-System übernommen, ohne anzumerken, dass eine Refinanzierung[2] nur für einen Teil der erteilten Kredite erforderlich ist und diese Refinanzierung erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt.
Die Vermittlerfunktion darf man deshalb nicht wörtlich in Buchungssätzen suchen sondern kann diese erst im gesamten Bankengeschäft erkennen. Einen guten Überblick bietet dazu die konsolidierte Bankenbilanz. Die Banken vergeben Kredite und benötigen aber auch Kredite von ihren Kunden. Nur ein Teil von etwa 20 % der Bilanzsumme kann als Geldschöpfung der Banken ohne zeitlich nachgeordnete Sparaktionen angesehen werden.
Einzelnachweise
<references >
- ↑ Die „Geldschöpfung der Banken aus dem Nichts“ wird vermehrt als ernstzunehmende neue Erkenntnis propagiert.
- Bank of England Money creation in the modern economy
- Deutsche Bundesbank, Monatsbericht 04/2017 Die Rolle von Banken, Nichtbanken und Zentralbank im Geldschöpfungsprozess
- Norbert Häring Bundesbank versucht über Geldschöpfung aus dem Nichts aufzuklären – vergeblich
- weitere Autoren mit dieser Ausrichtung: Mathias Binswanger, Josef Huber, Bernd Senf, Christoph Pfluger, Christoph Binswanger, Dirk Ehnts, Richard Werner und viele andere.
- ↑ Da es nicht "Finanzierung" sondern "Refinanzierung" heißt, kann aus dem Wort schon der Hinweis auf eine zeitlich nachgeordnete Aktion erkannt werden.